# taz.de -- Serie „Altes Geld“ auf ONE: Dallas für Geistesgestörte | |
> Die österreichische Serie „Altes Geld“ blickt in die Welt der | |
> Superreichen. Sie ist bitterböse, provokant, eigenwillig – und | |
> einzigartig. | |
Bild: Zeno (Nicholas Ofczarek) hat das Familienvermögen beim Backgammon verzoc… | |
Der Wiener Patriarch Rolf Rauchensteiner (Udo Kier) lässt seine Familie | |
zusammenkommen. Er braucht schnell eine neue Leber, sonst muss er bald | |
sterben. Doch weil es selbst einem Superreichen wie ihm nicht gelingt, die | |
Warteliste zu umgehen, tut er das für ihn einzig Folgerichtige: Der | |
milliardenschwere Industrielle lobt das gesamte Erbe an diejenige Person | |
aus, die ihm ein neues Organ verschafft. | |
Dumm für ihn, dass die Familie wenig Interesse daran hat, das verhasste | |
Oberhaupt zu retten. Seine zweite Ehefrau Liane (Sunnyi Melles) betrügt ihn | |
nicht nur mit seinem Leibarzt (Cornelius Obonya), sondern auch mit Zeno | |
(Nicholas Ofczarek), seinem Sohn aus erster Ehe, der das Familienvermögen | |
beim Backgammonspiel mit der Unterweltgröße Kommander (Johannes Kirsch) | |
verzockt. | |
Auch die selbstmordgefährdete Tochter Jana (Nora von Waldstätten) und der | |
aus Afrika zurückgekehrte Sohn Jakob (Manuel Rubey), die ein inzestuöses | |
Verhältnis pflegen, können es kaum abwarten, den Alten unter der Erde zu | |
sehen. Glücklicherweise gibt es noch mindestens ein Dutzend weiterer | |
Protagonisten, die ein Interesse daran haben, dass der Industriemagnat eine | |
neue Leber bekommt – oder eben nicht –, und so entspinnt sich ein | |
abseitiger Wettstreit um Leben und Tod. | |
Mit der Serie „Braunschlag“ hat der Autor, Regisseur und Produzent David | |
Schalko 2012 einen sagenhaften Quotenhit im österreichischen Fernsehen | |
gelandet, der mit knapp einer Million Zuschauern und Marktanteilen um die | |
vierzig Prozent zum Überraschungserfolg wurde. Darin ließ er den | |
Bürgermeister eines bankrotten niederösterreichischen Dorfes eine | |
Marienerscheinung inszenieren, um den Ort zum Wallfahrtstouristenziel zu | |
machen. | |
## Große Serien aus dem kleinen Österreich | |
Mit seinem bitterböse-schwarzhumorigen Schmäh, einem großartigen Ensemble | |
und einer punktgenauen Inszenierung bewies Schalko, dass auch im kleinen | |
Österreich ganz große Serien entstehen können, die weltweit für | |
Begeisterung sorgen. | |
Der drei Jahre später im ORF ausgestrahlte Nachfolger „Altes Geld“, um die | |
degenerierte Familiengeschichte der Rauchensteiners legt in Sachen | |
Bösartigkeit und Absurditäten noch einmal kräftig zu. Laut Schalko soll es | |
sich dabei, nach „Braunschlag“, um den zweiten Teil einer geplanten | |
Trilogie zum Thema „Gier und Korruption“ handeln. | |
Der Autor und Regisseur selbst bezeichnet sein Sittenbild einer dekadenten | |
und blasierten Gesellschaft auch als „Dallas für Geistesgestörte“ und | |
zitiert in seiner überdrehten Satire darüber hinaus genüsslich die Film- | |
und Literaturgeschichte von „Der Pate“ über „Die Buddenbrooks“, von Wes | |
Anderson zu Ingmar Bergmann. Bei aller ausgestellten Künstlichkeit und | |
Überzogenheit beweist „Altes Geld“ dabei ein präzises Gespür für die | |
korrupten Verquickungen zwischen Wirtschaft, Politik und Medien, die | |
Schalko in den acht Folgen der Serie mit einer provokativen Lust am | |
Tabubruch bloßstellt. | |
## Chaotischer Plot? Trotzdem ein Highlight | |
Neben den wahrlich irren Einfällen des Autors und meisterlichen | |
komponierten Bildtableaus ist es vor allem das fantastische, bis in die | |
Nebenrollen hochkarätig besetzte Ensemble, das „Altes Geld“ zu einem | |
Serienhighlight macht. Auch wenn der wild-chaotische Plot an mancher Stelle | |
auch mal ins Leere läuft oder etwas auf der Stelle tritt. | |
David Schalko ist ein Glücksfall für das österreichische Fernsehen. Er hat | |
die Unterhaltungssendung „Sendung ohne Namen“ und die Late-Night-Show | |
„Willkommen in Österreich“ konzipiert, und zusammen mit Josef Hader den | |
zweiteiligen Fernsehfilm „Die Aufschneider“ geschrieben und inszeniert. | |
Nach „Braunschlag“ ist auch „Altes Geld“ wieder eine eigenwillige und | |
einzigartige Serie, wie man sie sich in dieser Form aus Deutschland nur | |
schwerlich vorstellen kann. Auf seinen speziellen österreichischen Zugang | |
angesprochen, erklärte Schalko dazu bereits vor einiger Zeit in einer | |
deutschen Talksendung: „Bei uns gibt’s ja auch Thomas Bernhard, und hier | |
gibt’s Günter Grass. Das sind zwei sehr unterschiedliche Zugänge zur Welt.�… | |
29 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Jens Mayer | |
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