Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Filmemacher über Fake-EM-Dokumentation: "Die Leute sind ausgehunge…
> David Schalko, Macher der Fake-Dokumentation "Das Wunder von Wien",
> erklärt, warum die Österreicher immer noch von Cordoba zehren.
Bild: Der Mythos von Cordoba steckt noch tief im Österreicher drinnen, meint S…
taz: Herr Schalko, in ihrer Fake-Doku sagt Gerhard Delling: "Das zieht
einen jetzt richtig runter, die deutsche Mannschaft ist raus." Waren Sie
mit Ihrem Fußballmärchen "Das Wunder von Wien", in dem das österreichische
Team als Europameister gefeiert wird, womöglich visionär?
David Schalko: Erst mal sind die Deutschen ja noch nicht raus, im
Gegenteil. In Österreich ist die Hoffnung auf einen Sieg natürlich groß.
Ich glaube, dass Einzige, was hier noch mehr zählen würde als ein EM-Titel,
ist, die deutsche Mannschaft aus dem Turnier zu werfen. Die gesamte
sportlich-kulturelle Identität ist über Córdoba definiert. Das steckt tief
im Österreicher drinnen.
Dellings Partner Günter Netzer kommt in der Doku darauf zu sprechen. Nach
dem fiktiven Sieg des ÖFB-Teams im letzten Vorrundenspiel sagt er: "Das
gilt jetzt als zweites Córdoba, und das ist es, was lange anhängt." Warum
wird ständig auf diesem Spiel im Jahre 1978 herumgeritten?
Das war einfach einer der wenigen Fußballerfolge der Österreicher. Es gibt
ja kaum welche. Der zweitgrößte Erfolg in der österreichischen
Fußballgeschichte ist das 1:1 gegen Polen gewesen.
Und was ist mit dem dritten Platz bei der WM 1954?
Ja, aber das ist lange her, wie auch die Erfolge in den 30er-Jahren. Da
gibt es heute kaum noch Überlebende. Die Legenden aus Córdoba hingegen sind
noch alle aktiv: Prohaska, Krankl und Co. Der letzte Erfolg gilt immer als
der größte.
Der ist aber auch schon 30 Jahre her.
Ja (lacht). Die Leute sind ausgehungert. Sie wollen endlich wieder etwas zu
feiern haben.
Sind Sie überrascht, dass sich die Realität ein bisschen mehr an Ihr
Märchen annähert, als Sie selbst gedacht haben?
Das kann alles ganz schnell wieder zu Ende sein. Vielleicht war es nur eine
Euphorie für zwei Tage. Und mehr nicht.
Was trauen Sie selbst den Österreichern im Spiel am Montag zu?
Entweder sie haben urgroße Angst am Anfang, sodass es eh schnell vorbei
ist. Oder umgekehrt: Sie spielen sich in eine Trance hinein, weil das Spiel
so extrem aufgeladen ist. So nervig der Córdoba-Mythos, der bis zum
Erbrechen herhalten muss, ist, so gut ist er doch für die Motivation des
aktuellen Teams. Diese Mittelklassemannschaft hat die Chance, die alte
Córdoba-Generation abzulösen. Allein das hätte ihr vor der EM keiner
zugetraut.
Für das Turnier wäre ein Wunder von Wien ganz gut, denn sonst droht nach
dem Aus des zweiten Gastgebers eine arge Tristesse.
Ein Sieg wäre bitter notwendig. Österreich braucht Erfolge im Fußball.
Was bleibt nach der Europameisterschaft, Ihr Film oder das relativ
manierliche Auftreten der Nummer 92 der Weltrangliste?
Beides wohl kaum, außer es gibt in Wien einen Sieg gegen die Deutschen. Der
Film, der im Netz auf YouTube und orf.at zu sehen ist, ist nur jetzt
während der EM relevant. Ein nettes, ironisches Stück, das Österreich
einmal auf den Fußballthron hebt. Ein einziges Mal.
INTERVIEW: MARKUS VÖLKER
16 Jun 2008
## TAGS
Filmemacher
Serien-Guide
## ARTIKEL ZUM THEMA
Ganovenroman von David Schalko: Sympathie für den Halsstich
Der österreichische Regisseur Schalko versteht sich als Autor. Sein neuer
Roman „Schwere Knochen“ würde jedoch als TV-Serie besser funktionieren.
Serie „Altes Geld“ auf ONE: Dallas für Geistesgestörte
Die österreichische Serie „Altes Geld“ blickt in die Welt der Superreichen.
Sie ist bitterböse, provokant, eigenwillig – und einzigartig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.