# taz.de -- Kindersendung Teletubbies feiert Revival: Sie sind wieder da! | |
> Der Kika zeigt neue Folgen der „Teletubbies“ – und keiner regt sich auf. | |
> Das war vor 20 Jahren ganz anders: Da wurde vor Verdummung gewarnt. | |
Bild: Umstrittene Plüschwesen: Tinky-Winky und Laa-Laa kurz vor einem Auftritt… | |
Horst Stipp sollte recht behalten, als er im Dezember 1999 prognostizierte: | |
„In 20 Jahren sind sie sicher auch Kult, wie 'Die Sendung mit der Maus’ und | |
'Biene Maja’, und dann werden sich Kritiker vielleicht über einen neuen | |
Computer für Zweijährige aufregen.“ Der ehemalige Direktor der Abteilung | |
Sozial- und Entwicklungsforschung bei der NBC sprach von den „Teletubbies“, | |
die seit ihrer Erstausstrahlung im britischen Fernsehen 1997 weltweit | |
Kontroversen auslösten. | |
Die von Anne Wood und Andrew Davenport entwickelte und bis 2001 im Auftrag | |
der BBC produzierte Serie, die sich explizit an Kleinkinder richtet, | |
präsentiert eine für viele Erwachsene schwer auszuhaltende Form von | |
redundantem Storytelling in einer grellbunt-flauschigen Lala-Welt, in der | |
vier plüschig-runde Protagonisten in „Dada“-Sprache miteinander | |
kommunizieren. Diskussionen über Kindsverdummung, geförderte | |
Sprachstörungen und Sorgen um Langzeitschäden der kindlichen Psyche wurden | |
auch in der deutschen Medienlandschaft ausgiebig dokumentiert, als der | |
Kinderkanal 1999 mit der Ausstrahlung der Sendung begann. | |
Heute können sich manche Medienschaffende auf Anfrage kaum an die Aufregung | |
erinnern, die das Reizwort „Teletubbies“ damals auslöste. Seit Diktator Kim | |
Jong-un 2014 die Ausstrahlung im nordkoreanischen Staatsfernsehen erlaubt | |
hat, müssten die letzten Debatten sowieso verstummt sein. Immerhin, die | |
Medienpädagogin Maya Götz erinnert sich noch. Sie hat den Diskurs mit dem | |
Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen von | |
Anfang an begleitet. | |
Das vom Bayerischen Rundfunk 1965 gegründete Institut im Auftrag „der | |
Förderung der Qualität im Kinder-, Jugend- und Bildungsfernsehen“ | |
veröffentliche nach dem Sendestart eine große Studie zur Rezeption der | |
Serie, in der Götz der Serie bescheinigt, „pädagogisch und ökonomisch | |
konsequent den ‚Nerv‘ der Kinder“ zu treffen – und das im Namen des BR,… | |
1973 noch die Ausstrahlung der ersten Folge „Sesamstraße“ im deutschen | |
Fernsehen boykottiert hatte. „Die großen Aufreger damals spielten sich auf | |
zwei Ebenen ab“, sagt Götz heute: „Obwohl die Sendung offiziell ab drei | |
Jahren empfohlen wird, ist schnell erkennbar, dass sie auch schon gut von | |
Zwei- oder Zweieinhalbjährigen angesehen werden kann. So stellt sich die | |
Frage, ob man als öffentlich-rechtlicher Rundfunk für eine so junge | |
Zielgruppe etwas anbieten darf. | |
Das andere ist der Inhalt, der so konsequent auf Kinder in dieser | |
Altersgruppe eingeht, dass es für Eltern kaum noch zu ertragen ist. Man | |
muss schon sehr im Thema Frühpädagogik drinstecken, um die Konsequenz zu | |
sehen, die das Programm für Kleinkinder so ausgesprochen attraktiv macht.“ | |
Der heftig geführte Streit hierzulande sei „recht schnell auch mit einem | |
lächelnden Auge“ geführt worden, meint Götz. Tatsächlich dauerte es nicht | |
lange, bis die „Teletubbies“ zum Bestandteil der Popkultur wurden. Den | |
feuilletonistischen Ritterschlag erhielten sie bereits am 17. November | |
1999, als Harald Schmidt in seiner Late-Night-Show eine gesamte Folge | |
rezitierte und Dialoge wie „Laa Laala. Laa LaaLaa Laa. Oo ooho“, „Oo ooho | |
Po“ durch seinen Vortrag veredelte. | |
Bedenken gebe es immer noch, sagt Götz, vor allem „bei Eltern ohne | |
pädagogische Vorbildung“. Dabei sei es eine Sendung, „die sehr gezielt auf | |
Kindergartenkinder und deren Entwicklungsniveau abgestimmt ist, aber nicht | |
unbedingt eine, die sie weiterbringt.“ | |
Die Diskussion um eine generelle Tabuisierung von Medien für Kleinkinder, | |
sieht Götz als überholt: „Heute ist die Medienausstattung noch einmal sehr | |
viel breiter geworden als vor zwanzig Jahren. Die Vorstellung, dass ich | |
Kinder bis zu einem bestimmten Jahr von bestimmten Medien fernhalten kann, | |
ist realitätsfern. Spätestens, wenn mehrere Kinder im Haushalt sind.“ | |
2015 wurden in England neue Folgen der „Teletubbies“ produziert. | |
Prinzipiell hat sich am Konzept nichts verändert, nur das aufwändig | |
gestaltete „Teletubby-Land“ wird günstiger mit Computertechnik animiert, | |
und mit den „Tiddlytubbies“ haben zusätzlich Babyversionen der Figuren | |
einen Platz in der Handlung erhalten – ein Aufschrei blieb aus. | |
Ab dem 10. April 2017 zeigt der KiKA 26 neue Folgen der „Teletubbies“ | |
täglich ab 18.40 Uhr, 34 weitere neue Folgen sind ab dem 11. Mai jeweils um | |
9.45 Uhr innerhalb der Vorschulsendestrecke „KiKANiNCHEN“ zu sehen | |
9 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Jens Mayer | |
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