# taz.de -- Klinikskandal in Stuttgart: Kein Geld aus Kuwait | |
> Dubiose Deals haben drei Grüne geschlossen, um eine Klinik zu retten. Ihr | |
> Plan: Patienten aus dem Nahen Osten nach Stuttgart holen. | |
Bild: Ganz so schlimm sieht es in der Stuttgarter Klinik noch nicht aus | |
Stuttgart taz | Die Rettung sollte aus dem Morgenland kommen. Liquide | |
Privatpatienten aus dem Nahen Osten hatte sich die Leitung der Städtischen | |
Klinik einst ausgeguckt, um das größte Stuttgarter Krankenhaus endlich aus | |
den roten Zahlen holen. Jetzt, sechs Jahre später, stehen Stadtrat und | |
Oberbürgermeister Fritz Kuhn vor einem Scherbenhaufen. | |
Ein Bericht von Wirtschaftsprüfern, der dem Stadtrat vorliegt, beschreibt | |
einen Sumpf aus obskuren Nebenabreden in Millionenhöhe, Missmanagement und | |
Fahrlässigkeit in der „International Unit“ der Klinik. Der frühere | |
Geschäftsführer sowie mehrere leitende Mitarbeiter verloren ihren Job, | |
gegen den früheren Leiter Andreas Braun, zuvor Landeschef der Grünen, | |
ermittelt die Staatsanwaltschaft. | |
Braun steht im Zentrum des Skandals. Als Chef der International Unit | |
sollte er seit 2005 für das lukrative Geschäft mit den Patienten aus Libyen | |
und Kuwait sorgen. Ihm wirft der Untersuchungsbericht nun vor, mit | |
angeblichen Patientenvermittlern Nebenabreden in Höhe von insgesamt 26 | |
Millionen Euro vereinbart zu haben. Summen, deren Gegenleistung unklar ist | |
und von denen nichts in den offiziellen Verträgen zu finden ist. | |
Besonders pikant: Braun soll auch ein Beraterhonorar für unklare Leistungen | |
an die Firma eines alten Bekannten bezahlt haben – den ehemaligen | |
CDU-Politiker Hermann-Josef Arentz, den Braun noch aus gemeinsamen | |
Gewerkschaftstagen kennen dürfte. Der für die Klinik zuständige Erste | |
Bürgermeister Michael Föll sprach bei diesen Provisionen, die auch an | |
Firmen mit Namen wie Lybia Consulting & Logistic gingen, von „Bakschisch“. | |
## Unterschrift unter schlampig übersetztem Vertrag | |
Die politische Verantwortung für den Skandal trägt aus Sicht des | |
SPD-Stadtrats Martin Körner der heutige Sozialbürgermeister Werner Wölfle. | |
Der ehemalige Klinikbürgermeister soll am Freitag erstmals vor Stadträten | |
Stellung nehmen. Von ihm wollen die Räte vor allem wissen, wie weit er über | |
die Risiken eines Vertrags mit Kuwait über den Aufbau einer orthopädischen | |
Klinik informiert war und warum dieser nicht dem Krankenhausausschuss zur | |
Genehmigung vorgelegt wurde, obwohl das zwingend vorgesehen war. | |
Dieser Vertrag, aufgesetzt von der kuwaitischen Seite nach kuwaitischem | |
Recht, lag der Klinikleitung offenbar nur in schlampiger Übersetzung zur | |
Unterzeichnung vor, sodass eine beauftragte Stuttgarter Anwaltskanzlei eine | |
rechtliche Beurteilung des Dokuments abgelehnt hatte. Trotzdem gab Wölfle | |
seine Unterschrift. | |
Er selbst hat bisher immer erklärt, die Vorlage für den Gemeinderat sei | |
Aufgabe des Klinikgeschäftsführers Ralf-Michael Schmitz gewesen. Jener | |
Mann, dem Wölfle trotz dessen Pflichtverletzung noch einen | |
Aufhebungsvertrag mit einer Abfindung in Höhe von 900.000 Euro gewährte, | |
als der Skandal im vergangenen Frühjahr erste Kreise gezogen hatte. Auch | |
darüber hätte der Rat gern Auskunft. „Aus unserer Sicht wäre bei dieser | |
Pflichtverletzung eine Kündigung möglich und notwendig gewesen“, sagt | |
SPD-Stadtrat Körner. | |
Für die Idee mit den Scheichs wie auch für die Besetzung von Braun als | |
Leiter der International Unit zeichnet ein dritter Grüner verantwortlich: | |
Klaus-Peter Murawski, heute Leiter der Staatskanzlei. Der hatte in seiner | |
Zeit als Stuttgarter Klinikbürgermeister seinen Parteifreund Andreas Braun | |
zum Chef der Abteilung gemacht. | |
## Staatsminister hat andere Erinnerung | |
Übrigens hatte sich Murawski auch später noch intensiv um Brauns Karriere | |
gekümmert. 2011 hatte der Chef der Staatskanzlei Braun als Geschäftsführer | |
der landeseigenen Wirtschaftsförderung „Baden-Württemberg International“ | |
ins Spiel gebracht, allerdings erfolglos. | |
Auch von Murawski erhofft sich der Krankenhausausschuss des Stadtrats nun | |
Aufklärung. Die Anbahnung des Kuwait-Geschäfts fällt nach Erkenntnissen des | |
Ausschusses in seine Amtszeit. Der Staatsminister erinnert sich jedoch | |
anders. Das Libyen-Geschäft sei erst nach seinem Wechsel in die | |
Staatskanzlei von seinem Nachfolger Wölfle begonnen worden. Er habe nur für | |
ein Memorandum of Understanding für ein geplantes Krankenhaus in Dubai | |
unterzeichnet. Aus diesem Geschäft sei aber nichts geworden. Aus heutiger | |
Sicht kann man nur sagen: glücklicherweise. | |
24 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Benno Stieber | |
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