# taz.de -- Graphic Novel und Jugendroman: Junge Helden auf neuen Wegen | |
> Freundliche Illustrationen und Nachkriegszeit: über die Kinder- und | |
> Jugendbücher von Herbert Günther, Sara Pennypacker und Øyvind Torseter. | |
Bild: Abbildung aus Øyvind Torsetes „Der siebente Bruder oder Das Herz im Ma… | |
Jon Klassens freundliche Illustrationen verbreiten eine verhalten | |
optimistische Stimmung in Sara Pennypackers Roman „Mein Freund Pax“. | |
Tröstlich, denn das Buch der 1951 in Massachusetts, USA, geborenen Autorin | |
ist alles andere als leichte Kost. | |
Es handelt von der innigen Freundschaft zwischen dem 13-jährigen Peter und | |
Pax, einem jungen Fuchs. Schon auf den ersten Seiten werden die beiden von | |
Peters Vater rücksichtslos getrennt – das zahme Tier im Wald ausgesetzt und | |
der Sohn Hunderte Kilometer entfernt beim ungeliebten Großvater | |
untergebracht. Der Vater meldet sich zum Militärdienst, und ein drohender | |
Krieg bildet das Hintergrundrauschen in Pennypackers dramatischer | |
Erzählung. | |
Auch wenn Ort und Zeit fiktiv bleiben, spielt die Handlung doch deutlich | |
und beunruhigend in der Gegenwart, irgendwo in der nordamerikanischen | |
Provinz. Ein gelber Schulbus sammelt die Kinder ein, Jungs trainieren | |
Baseball, und Peter genauso wie Pax begeistern sich für Erdnussbutter und | |
Hotdogs. Nach der gewaltsamen Trennung will der Junge nur eins: den Fuchs | |
wiederfinden, der nach dem Tod der Mutter zu seinem einzig Vertrauten | |
geworden ist. | |
Heimlich reißt er aus, um sich quer durch die Wälder auf die Suche nach dem | |
Freund zu machen. Dort in Not geraten, trifft Peter auf die zurückgezogen | |
lebende, kriegsversehrte Vola, während Pax die Wildnis zunächst als | |
unbekannt und bedrohlich erlebt. Aus dem Wechsel der Perspektiven erhält | |
die Erzählung über eine kräftezehrenden und herausfordernde Suche nach dem | |
eigenen Weg im Leben ihren Spannungsbogen. | |
## Beklemmende Verhältnisse | |
In seinem neuen zeithistorischen Jugendroman „Der Widerspruch“ widmet sich | |
Herbert Günther den beklemmenden Verhältnissen in der Bundesrepublik, gegen | |
die 1968 schließlich die Studentenbewegung revoltierte. | |
Reni, Robert, Britta und Jonas besuchen 1963 gemeinsam die neunte Klasse in | |
einer westdeutschen Kleinstadt. Sie gehören zur ersten | |
Nachkriegsgeneration. Roberts Vater diente als Berufssoldat in der | |
Wehrmacht, Brittas Eltern flohen aus der DDR in den Westen, Jonas | |
verstorbener Vater wurde als Deserteur auch nach dem Krieg nicht | |
rehabilitiert. Auch unter ihren Lehrern vermuten die Jugendlichen Täter und | |
Opfer des NS-Regimes, doch öffentlich darüber gesprochen wird in der noch | |
jungen Demokratie nicht. | |
Vor dem Hintergrund der historischen Ereignisse des Jahres 1963 verfolgt | |
Günther die Entwicklung seiner jugendlichen Protagonisten, die getrieben | |
sind von dem Wunsch, anders als ihre Eltern zu leben. Dabei gelingt es dem | |
1947 geborene Autor, das gesellschaftliche Klima jener Nachkriegs- und | |
Aufbaujahre einzufangen, in der ein Aufbegehren gegen die Autoritäten nicht | |
vorgesehen ist, doch schon bald nicht mehr aufzuhalten sein wird. | |
## Sieben Königssöhne | |
Andere Herausforderungen in schwieriger Zeit durchlebt „Der siebente | |
Bruder“ in der gleichnamigen Graphic Novel des Norwegers Øyvind Torseter. | |
Das virtuos gezeichnete Märchen erzählt von Hans, dem jüngsten von sieben | |
Königssöhnen, und seinem Abenteuer. | |
Denn seine Brüder, alles stattliche Minotauren, hält der grausame Troll | |
versteinert in einer Höhle gefangen. So macht sich der dünne Schlaks mit | |
Molchgesicht als stoischer Antiheld auf den Weg, gemeinsam mit seinem | |
ängstlichen Gaul die Brüder zu befreien. | |
Gekonnt spielt Torseter mit den klassischen Versatzstücken aus Märchen und | |
Mythologie und wendet sie mit trockenem Humor, umwerfenden Dialogen und | |
einer originären Bildsprache in eine erfrischend zeitgenössische und | |
heitere Außenseitergeschichte. | |
22 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Eva-Christina Meier | |
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