# taz.de -- Türkischer Wirtschaftsminister in Köln: Wahlkampf im Hotel | |
> Trotz Kritik tritt der türkische Minister Nihat Zeybekci am Sonntag in | |
> Leverkusen und Köln auf. Zuvor waren zwei Veranstaltungen mit ihm | |
> abgesagt worden. | |
Bild: Die Stadt Köln hatte seinen Auftritt zunächst untersagt: Nihat Zeybekci | |
Köln dpa | Der Streit über Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in | |
Deutschland geht in eine neue Runde. Trotz der heftigen Kritik an diesen | |
Veranstaltungen will der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci an | |
diesem Sonntagabend in einem Kölner Hotel auftreten und für das von | |
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan angestrebte Präsidialsystem in der | |
Türkei werben. Das geht aus dem Kalender des Koordinationszentrums für die | |
Auslandswähler der türkischen Regierungspartei AKP hervor. Schon am | |
Nachmittag will Zeybekci zudem in Leverkusen ein Grußwort bei einem Konzert | |
sprechen. | |
„Wir werden uns darauf vorbereiten“, sagte ein Polizeisprecher mit Blick | |
auf den erwarteten Auftritt des Erdogan-Gefolgsmannes in Köln. Zuvor waren | |
zwei mit Zeybekci geplante Veranstaltungen in Köln-Porz und Frechen | |
abgesagt worden, auch in anderen deutschen Städten hatten türkische | |
Politiker eine Abfuhr kassiert. | |
Die Absagen führten zu großen Spannungen zwischen der Türkei und | |
Deutschland. Erdogan forderte, die Verantwortlichen müssten wegen „Beihilfe | |
zum Terror vor Gericht kommen“. Justizminister Bekir Bozdag sprach von | |
Menschenrechtsverletzungen und „faschistischen“ Methoden deutscher | |
Behörden. Deutsche Politiker nannten die Angriffe „völlig überzogen“ und | |
„abwegig“. | |
Außenminister Sigmar Gabriel, der sich in der kommenden Woche mit seinem | |
türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu treffen will, warnte vor einer | |
weiteren Eskalation. „Wir dürfen das Fundament der Freundschaft zwischen | |
unseren Ländern nicht kaputt machen lassen“, schrieb der SPD-Vorsitzende in | |
einem Gastbeitrag für die „Bild am Sonntag“. Das deutsche Verhältnis mit | |
der Türkei sei in diesen Tagen einer schweren Belastungsprobe ausgesetzt. | |
„Wir sind gut beraten, die schwierigen Themen, die zwischen uns stehen, | |
nicht gegeneinander aufzurechnen, schrieb Gabriel weiter. | |
Der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer verlangte, Kundgebungen türkischer | |
Politiker in Deutschland für die Verfassungsreform zu verbieten. „Ich bin | |
der festen Überzeugung, dass wir es nicht tolerieren dürfen, dass die | |
schwerwiegenden innertürkischen Konflikte nach Deutschland exportiert | |
werden“, sagte er der „Welt am Sonntag“. | |
Die Grünen-Politikerin Claudia Roth warnte jedoch, politisch motivierte | |
Verbote solcher Veranstaltungen könnten kontraproduktiv sein. „Denn wir | |
machen den Unterschied zwischen uns und einer Autokratie auf dem Weg in die | |
Diktatur doch am besten deutlich, wenn wir zeigen, dass Meinungsfreiheit, | |
Versammlungsfreiheit und selbstverständlich auch die Pressefreiheit für | |
alle gleichermaßen gelten“, sagte sie der Zeitung. „Es ist eben keine | |
Schwäche sondern ganz im Gegenteil ein Zeichen der großen Stärke unseres | |
Rechtsstaates, dass er auch unliebsame Auftritte, Meinungen und Botschaften | |
aushält.“ | |
Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag der Bild am Sonntag sind 81 Prozent der | |
Bürger der Auffassung, dass sich die Bundesregierung zu viel von der | |
türkischen Regierung gefallen lasse. Nur 13 Prozent waren anderer Meinung. | |
Zudem plädierten 47 Prozent der Befragten dafür, dass die EU das | |
Flüchtlingsabkommen mit der Türkei aufkündigt. | |
Der österreichische Bundeskanzler Christian Kern sprach sich für ein | |
EU-weites Verbot von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker aus. „Eine | |
gemeinsame Vorgehensweise der EU, um solche Wahlkampfauftritte zu | |
verhindern, wäre sinnvoll“, sagte Kern der „Welt am Sonntag“. Damit kön… | |
verhindert werden, dass einzelne Länder wie Deutschland, in denen solche | |
Auftritte untersagt würden, unter Druck der Türkei gerieten, fügte der | |
Sozialdemokrat hinzu. | |
5 Mar 2017 | |
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