# taz.de -- Anton Jasper über den Protest gegen den G20-Gipfel in Hamburg: „… | |
> Das kommunistische Umsganze-Bündnis ruft für den G20-Gipfel dazu auf, die | |
> Logistik anzugreifen. Das sei effektiver, als massenhaft auf die Straße | |
> zu gehen. | |
Bild: Achillesferse der Logistik des Kapitals: Hakt es an einer Stelle, ist die… | |
taz: Herr Jasper, ist es kontraproduktiv, zu Massendemonstrationen gegen | |
den G20-Gipfel aufzurufen? | |
Anton Jasper: Nicht unbedingt. Die Frage ist, welchen Fokus man setzen | |
möchte. | |
Es klingt aber so, wenn das Umsganze-Bündnis fragt: Müssen wir nochmal am | |
„Zaun der Mächtigen“ schütteln und uns irgendeine Form von „Stärke“ | |
vorgaukeln? Wie ist das denn gemeint? | |
Der Politik ist ein Rahmen gesetzt durch die kapitalistische | |
Vergesellschaftung: Es muss immer Profit erwirtschaftet werden. Da ist aus | |
der parlamentarischen Politik heraus kein Bruch möglich. Wenn man zu den | |
Mächtigen geht, läuft man Gefahr, auf den Gedanken rein zu fallen, die | |
könnten die Regeln nach Belieben ändern. | |
Meinen Sie also, es ist egal, wer sich beim Gipfel trifft und was sie | |
beschließen? | |
Das heißt nicht, dass es keine besseren und schlechteren Varianten gibt – | |
siehe Trump und AfD. Nur: Auch sie bleiben an die Bedingungen des | |
Kapitalismus gebunden. Man darf nicht denken, dass Trump, Erdoğan und die | |
anderen allein das Problem seien. Es ist die Gesellschaft, die solche | |
Politikformen und PolitikerInnen hervorbringt. | |
Was schlagen Sie vor? | |
Wir wollen den G20-Gipfel als Gelegenheit für die radikale Linke nutzen, | |
darüber nachzudenken, wie antikapitalistische Praxis heute aussehen kann. | |
Wollen Sie eine theoretische Auseinandersetzung anstelle von Aktionen? | |
Es ist wichtig, darauf zu verweisen, dass unterhalb der politischen Ebene | |
noch eine andere Logik abläuft – nämlich die der Kapitalakkumulation. | |
Sowohl die reaktionären, als auch die neoliberalen Regierungschefs können | |
das immer nur verwalten. Die Logistik, gerade in Hamburg mit dem Hafen, | |
kann ein Punkt sein, wo man einen Akzent setzen kann. | |
Was meinen Sie mit Logistik? | |
Logistik ist das System des Transports, das alle unterschiedlichen | |
Bestandteile der kapitalistischen Wirtschaft verbindet. Also Produktion, | |
Distribution, Verkauf von Waren. Kapitalismus basiert schon immer darauf, | |
dass man Waren und Arbeitskräfte von einem Ende der Welt ans andere | |
schafft. In den 50er-Jahren gab es einen großen Sprung mit der Einführung | |
des Containers, der erlaubt hat, viele Arbeitsschritte zu automatisieren. | |
Logistik braucht man für alles, auch für linke Strukturen. Was ist so | |
schlimm an ihr? | |
Im Zuge der Globalisierung hat Logistik eine besondere Bedeutung bekommen, | |
weil sie ermöglicht hat, den Kapitalismus auf eine radikal globale Basis zu | |
stellen. Es geht nicht mehr darum, einzelne Güter und Menschen hin und her | |
zu schieben, sondern die gesamte Produktion über den gesamten Globus | |
auszudehnen. | |
Was bedeutet das für die, die im Bereich der Logistik arbeiten? | |
Logistik ist auch ein Instrument für das Kapital, ArbeiterInnenwiderstände | |
zu brechen. Sie ist die Kriegskunst des Kapitals. Der Bruch mit der | |
fordistischen Fabrik hat dazu geführt, dass ArbeiterInnen verteilt und | |
vereinzelt sind, da ist Organisation natürlich schwieriger. | |
Führen einzelne Sabotageaktionen nicht langfristig zur Optimierung der | |
Logistik des Kapitals? Schäden werden von Versicherungen übernommen und | |
Schwachstellen ausgebessert. | |
Klar – nur weil etwas kaputt gemacht wird, heißt das nicht, dass was | |
besseres folgt. Die Versicherungsindustrie ist ein eigener Wirtschaftszweig | |
in der Logistikbranche. Trotzdem ist es wichtig, zu zeigen, dass Logistik | |
im Kapitalismus Schwachstellen hat, die aus ihrer eigenen Funktionsweise | |
entstehen. Zum Beispiel dadurch, dass sie auf genaue Anschlussstellen | |
zwischen einzelnen Transportwesen angewiesen ist. Wenn ein Tanker einen | |
Motorschaden hat, liegt der komplette Hafen für einen halben Tag flach. | |
Wie sieht die Logistik des Kommunismus aus? | |
Das ist eine schwierige Frage. In Italien gibt es zum Beispiel ein großes | |
Netz aus besetzten Häusern. Das hat natürlich mit der schwierigen | |
politischen Situation zu tun. Wenn was fehlt – zum Beispiel ein Haus nur | |
für Geflüchtete oder Alleinerziehende – wird ein neues Haus besetzt. | |
Geflüchtete, die ankommen, gehen als erstes zu einem besetzten Haus und | |
nicht zu staatlichen Stellen. Das ist ein Beispiel für solidarische | |
Infrastruktur. | |
8 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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