# taz.de -- Israel und die BDS-Bewegung: Boykottfreunde werden abgewiesen | |
> Die Knesset beschließt ein Gesetz. Es soll ausländischen Anhängern und | |
> Befürwortern der BDS-Bewegung den Besuch des Landes verwehren. | |
Bild: Haben ja auch sonst nichts zu tun, als sich auch noch mit Freunden der BD… | |
Jerusalem taz | Besucher Israels oder der palästinensischen Gebiete, die | |
aus Protest gegen die Besatzung demonstrativ keine Siedlerprodukte kaufen | |
oder sogar zum Boykott der Siedlungen oder Israels aufrufen, müssen künftig | |
damit rechnen, an der Passkontrolle vom Flughafen Ben Gurion wieder nach | |
Hause geschickt zu werden. Mit 46 zu 28 Stimmen haben die Parlamentarier | |
der Knesset in der Nacht zu Dienstag für eine Gesetzesreform gestimmt, die | |
Nichtstaatsbürgern jede Art von Boykott verbietet. | |
Der Abgeordnete Roy Folkman von der politisch im Zentrum angesiedelten | |
Partei Kulanu hat den Entwurf in die Debatte eingebracht. In den | |
vergangenen Jahren, so begründete er, habe sich der Aufruf zum Boykott | |
gegen Israel verstärkt. Es sei fast so, „als sei dies eine neue Front im | |
Kampf gegen Israel“. Man sei keineswegs grundsätzlich gegen „legitime | |
Kritik“, betonte der Vorsitzende des parlamentarischen Innenausschusses | |
David Amsalem von der Regierungspartei Likud, aber „wer mich erniedrigt, | |
den lass ich nicht bei mir ein“. | |
Das Gesetz umfasst nicht nur Israel, sondern auch die „Gebiete unter | |
israelischer Kontrolle“, also die Siedlungen in den Palästinensergebieten. | |
Besonderer Dorn im Auge ist Israels Politikern die Bewegung „Boykott, | |
Deinvestition und Sanktionen“, kurz BDS, die nach dem Beispiel der | |
Anti-Apartheid-Kampagne in Südafrika Israel unter Druck zu setzen versucht | |
und ein Ende der Besatzung in den Palästinensergebieten erzwingen will. | |
Die 2005 gegründete Bewegung genießt vor allem in den USA, Großbritannien | |
und in Frankreich großen Zulauf. Für die EU steht zwar ein Boykott Israels | |
außer Frage. Dennoch beschloss die EU im November 2015 eine einheitliche | |
Kennzeichnungspflicht für Produkte aus den Siedlung, was in Israel schweren | |
Unmut auslöste. Israels Energieminister Yuval Steinitz sprach damals von | |
„verstecktem Antisemitismus“. | |
Tatsächlich machen die in den Siedlungen hergestellten Produkte nur rund | |
ein Prozent des gesamten israelischen Exportvolumens aus. Dan Catarivas, | |
Direktor der Abteilung für Handel und internationale Beziehungen beim | |
israelischen Industriellenverband, meint, dass der Export nach Europa sogar | |
noch wachse. Wenn es ein Problem gibt, so sagte er auf telefonische | |
Anfrage, „dann ist es der starke Schekel“, der israelische Waren verteuere. | |
Die Produkte aus den Siedlungen „spielen beim Export keine Rolle“. | |
## Unterschiede zwischen Israel und der Besatzung | |
Nichtsdestotrotz zogen mehrere große Firmen, darunter der Weinhersteller | |
Barkan sowie die auch in Deutschland bekannte Firma SodaStream, mit ihren | |
Produktionsstätten aus dem Westjordanland nach Israel um. Härter vom | |
Anti-Israel-Boykott der BDS-Bewegung betroffen ist die | |
Unterhaltungsbranche. Zahlreiche Künstler verweigern den Auftritt in | |
Israel, allen voran Roger Walters, der in einem Radiointerview betonte, | |
dass sich sein Protest „nicht gegen das israelische Volk, nicht gegen die | |
Juden noch das Judentum“ richte. Wenn Israel sich nur für | |
Gleichberechtigung und Demokratie einsetze „ohne Apartheid oder Rassismus, | |
der die Gesellschaft befällt, dann werde ich hinfahren und ,The Wall' | |
spielen.“ | |
Nach Ansicht der Abgeordneten Tamar Zandberg von der linksliberalen Meretz | |
spielt die Gesetzesreform der BDS-Bewegung geradezu in die Hände. Sie | |
unterscheide nämlich – genau wie BDS – nicht zwischen Israel und der | |
Besatzung. „Was die Gesetzesreform sagt, ist: Israel ist die Besatzung, und | |
die Besatzung ist Israel.“ Der Abgeordnete Dov Khenin von der | |
arabisch-antizionistischen Vereinten Liste wundert sich, wer jetzt | |
überhaupt noch Israel besuchen wird. „Wer ist denn heute nicht gegen die | |
Siedlungen?“ Die Botschaft der Gesetzesreform besage, „wenn die Welt | |
Israels Politik ablehnt, dann werden wir die Welt verbannen“. | |
Für israelische Staatsbürger gilt schon seit ein paar Jahren ein Gesetz, | |
dass den Aufruf zum Boykott mit einem Bußgeld von umgerechnet bis zu 10.000 | |
Euro bestraft. Die Autorin und Menschenrechtsaktivistin Ilana Hammerman | |
hielt das nicht davon ab, Ende Januar in der liberalen Tageszeitung | |
Ha’aretz„Israelis, die zum Friedenslager gehören, und die internationale | |
Gemeinschaft“ zum Boykott Israels zu motivieren. | |
Unter der Überschrift „Warum ich, eine stolze Israelin, möchte, dass die | |
Welt uns boykottiert“, protestierte die Aktivistin Hammerman gegen den | |
Staat, der „mein grundlegendes Recht, meinem Gewissen entsprechend zu | |
leben, nicht respektiert“. Bislang, so sagt sie, sei sie nicht dafür | |
belangt worden. | |
7 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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