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# taz.de -- Kolumne Macht: Wer mit dem Teufel isst
> In Ägypten sucht Angela Merkel die Nähe eines weiteren Diktators. Obwohl
> das Beispiel Türkei zeigt, wie erpressbar sie sich dadurch macht.
Bild: Ist sie lernfähig? Nein, ist sie nicht. Angela Merkel zu Besuch beim nä…
Ehre, wem Ehre gebührt: Bisher haben weder die Bundesregierung noch SPD
oder Union gefordert, syrische Flüchtlinge endlich abzuschieben, weil es in
ihrer Heimat auch sichere Gebiete gebe. Aber der Wahlkampf hat ja auch
gerade erst angefangen. Da geht vielleicht noch was. Zumal sonst inzwischen
fast alles zu gehen scheint, so lange es nur dem hehren Ziel dient,
Menschen aus Deutschland fernzuhalten, die Schutz vor Krieg und Verfolgung
suchen.
Gerade hat sich Angela Merkel mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah
al-Sisi in Kairo [1][über das Thema unterhalten]. Mit Verfolgung kennt der
sich aus, allerdings nicht als Opfer, sondern als Täter. Seit dem von ihm
geleiteten Militärputsch 2013 ist die Menschenrechtslage in Ägypten
dramatisch.
Oppositionelle werden weggesperrt, manche auch gleich zum Tode verurteilt.
Organisationen, in- und ausländische, die sich kritisch mit der Situation
auseinandersetzen, werden in ihrer Arbeit behindert oder einfach
geschlossen. Das Land steht am Rande des Staatsbankrotts, nicht zuletzt
deshalb, weil viele Militärs in die eigene Tasche wirtschaften.
Und mit dem Regime dieses Staates möchte die deutsche Bundeskanzlerin gerne
so eng wie möglich in der Flüchtlingsfrage zusammenarbeiten. Am liebsten
wäre ihr ein Abkommen, vergleichbar dem mit der Türkei: Europa zahlt, im
Gegenzug werden uns Flüchtlinge vom Hals gehalten. So weit sei man
allerdings noch nicht, erklärte die Besucherin aus Berlin am Ende ihres
Gastauftritts in Kairo. Soll man das jetzt für eine beruhigende Nachricht
halten?
## „Beeindruckender Präsident“
Ihr neuer Außenminister Sigmar Gabriel findet den ägyptischen Machthaber
übrigens toll. „Einen beeindruckenden Präsidenten“ hat er ihn letztes Jahr
genannt, als er noch Wirtschaftsminister war. Öffentlich. Der Mann ist
offenbar leicht zu begeistern.
Es gibt eine Eigenschaft, die Angela Merkel seit Jahren sogar von
politischen Gegnerinnen und Gegnern bescheinigt wird: Lernfähigkeit. Das
entspreche eben ihrer Prägung als Wissenschaftlerin. Na ja. Und die Erde
ist eine Scheibe. Galt sehr lange als wissenschaftlich erwiesen.
Nein, lernfähig scheint die Kanzlerin eben gerade nicht zu sein. Sonst wäre
ihr aufgefallen, dass der Deal mit der Türkei die Bundesrepublik erpressbar
gemacht hat. Deniz Yücel, deutscher Korrespondent einer Springer-Zeitung –
also Angestellter bei einem der mächtigsten Medienkonzerne der Welt – ,
wurde ohne nachvollziehbare Begründung in Haft genommen. Dennoch wagt die
Regierung in Berlin es danach nicht einmal, den türkischen Botschafter
„einzubestellen“. Sondern lädt ihn lediglich zu einem Gespräch ein.
## Das Regime Erdogan
Das Regime Erdogan hat da weniger Probleme. Der deutsche Botschafter in
Ankara wurde „einbestellt“, nachdem Wahlkampfauftritte türkischer Minister
in Deutschland kurzfristig abgesagt worden waren. Begründung dafür, unter
anderem: Akute Parkplatznot. Anders als mit administrativen Schwierigkeiten
lassen sich propagandistische Veranstaltungen von Vasallen eines Diktators
hierzulande offenbar nicht verbieten.
Wer mit dem Teufel isst, braucht einen langen Löffel, hat William
Shakespeare geschrieben. Angela Merkel scheint derzeit lediglich über einen
Eierlöffel zu verfügen, während der türkische Präsident Recep Erdogan eine
Suppenkelle zu haben scheint. Und in dieser Situation wirbt die Kanzlerin
um einen Deal mit einem weiteren Diktator, dieses Mal in Ägypten? Nein, sie
ist nicht lernfähig. Das ist eine schlechte Nachricht für Deniz Yücel. Und
für alle anderen Verfolgten auf der Welt.
4 Mar 2017
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## AUTOREN
Bettina Gaus
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