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# taz.de -- Doku „Untitled“ auf der Berlinale: Unruhig ohne Ende
> Ohne festes Ziel sollte es um die Welt gehen. Doch bevor sein
> Dokumentarfilm „Untitled“ fertig war, starb Michael Glawogger in Liberia.
Bild: Im Norden Afrikas richtete Kameramann Attila Boawo seine Kamera auf Allta…
Er war ein Reisender, ein Suchender, ein Mensch, der die Schönheit im
Gewöhnlichen sah, das Hässliche so schön zeigte, dass ihm oft
Ästhetisierung vorgeworfen wurde. Vom österreichischen Regisseur Michael
Glawogger ist die Rede, der ein paar Spielfilme wie „Contact High“ oder
„Slumming“ gedreht hat, vor allem aber für seine Dokumentarfilme bekannt
ist: „Megacities“ oder „Whore’s Glory“.
Es sind Filme über Städte und Menschen, über Arbeiter und Huren, in denen
man als Zuschauer um die Welt reisen konnte und in oft extrem stilisierten
Bildern sehen konnte, wie Glawogger die Welt sah.
Ende 2013 brach Glawogger auf die Reise zu einem neuen Projekt auf, das
ganz anders sein sollte als alles, was er zuvor gemacht hatte, doch
andererseits ganz der Haltung entsprach, mit der er Filme machte. Ohne
festes Ziel sollte es um die Welt gehen, mit einer kleinen Crew, vor allem
dem Kameramann Attila Boa, immer offen für Momente, die während der Reise
passierten.
Glawogger bloggte oft in der dritten Person von seinen Erlebnissen, gab
Einblicke in sein Denken, das offen war, aber auch selbstreflexiv die Rolle
des Fremden thematisierte, des privilegierten Westlers, der in oft armen
Ländern nach Exotischem und Ungewöhnlichem Ausschau hält und dabei oft das
normale Leben übersieht.
## In Liberia erkrankte er an Malaria
Im April 2014 war Glawoggers Reise schon zu Ende, ausgerechnet in Liberia
erkrankte er an Malaria und starb binnen weniger Tage. Eine ganze Weile
brauchten Glawoggers Freunde und Mitstreiter, um den Schock zu überwinden,
dann montierte seine Cutterin Monika Willi aus dem bis dahin gedrehten
Material einen Film.
Wie sehr das vorliegende Ergebnis dem entspricht, was Glawogger selbst aus
dem Material gemacht hätte, ist unmöglich zu sagen, doch ohne Frage ist
„Untitled“ von Geist und Wesen Glawoggers beseelt.
Seine Reise führte Glawogger von Österreich nach Italien, von wo er nach
Afrika übersetzte und an der Küste entlang reiste: Marokko, Mauretanien,
Senegal, Guinea-Bissau, Guinea, Sierra Leone und schließlich Liberia. Im
Film ist diese Linearität aufgebrochen, wird zwischen Ländern, ja
Kontinenten hin und her gesprungen.
## Starke Beobachtungen
Unterlegt sind die Bilder von Auszügen aus den Blog-Texten Glawoggers.
Grenzwertig kitschig klingt das bisweilen, gerade das Schreiben in der
dritten Person wirkt ungewohnt poetisch, zumal die manchmal etwas
aufdringliche Musik alles mit Pathos auflädt.
Am stärksten an Glawogger ist „Untitled“ immer dann, wenn einfach nur
beobachtet wird: Kinder, die in riesigen Abfallbergen kramen oder die mit
selbst gebauten Skateboards Wasser transportieren. Scheinbar willkürliche
Beobachtungen sind das, Momentaufnahmen des alltäglichen Lebens, formal
nicht so stilisiert wie man das von Glawogger kennt, aber doch geprägt von
seinem ganz besonderen Blick.
Zeit seines Lebens war Glawogger auf der Suche nach Geschichten, Menschen,
Momenten voller Authentizität und Wahrhaftigkeit. Mit nur 54 Jahren ist er
dabei gestorben, aber am Ende wohl doch auch bei einer Beschäftigung, die
ihn erfüllte.
14 Feb 2017
## AUTOREN
Michael Meyns
## TAGS
Dokumentarfilm
Liberia
Filmfestival
Edgar Reitz
Dokumentarfilm
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