# taz.de -- Olympische Sommerspiele: Nolympia für Budapest | |
> 266.151 Unterschriften sammelte eine Bürgerin gegen das sportliche | |
> Großereignis. Eine peinliche Niederlage für Ungarns Regierung. | |
Bild: Unterschriftensammlung gegen Olympia in Budapest | |
Wien/Budapest taz | Nolympia für Budapest. Nach der erfolgreichen | |
Unterschriftenkampagne gegen die sportliche Großveranstaltung schwinden die | |
Chancen der ungarischen Hauptstadt, als Austragungsort der Olympischen | |
Sommerspiele 2024 auserkoren zu werden. | |
Der Bürgerinitiative „Momentum“ ist es gelungen, binnen 30 Tagen über | |
266.151 Unterschriften zu sammeln – fast doppelt so viel wie die | |
erforderlichen 138.000, also zehn Prozent der Wahlberechtigten. Initiator | |
ist der 27-jährige Jurist András Fekete-Györ, der mit dem verbissenen | |
Nationalismus der Regierung von Premier Viktor Orbán nichts anfangen kann. | |
Das Ungarische Olympische Komitee hatte für eine aufwendige Werbeaktion mit | |
prominenten Sportlern Millionen investiert. Für die Regierung ist der | |
Erfolg der Kampagne eine peinliche Niederlage, die umgehend kleingeredet | |
wurde. „Olympia ist eine Sache von Budapest, denn Olympische Spiele werden | |
immer von Städten ausgerichtet, nicht von Regierungen oder Parlamenten“, | |
sagte Lajos Kósa, Vizepräsident der Regierungspartei Fidesz der | |
Tageszeitung Magyar Idők. | |
Die Oppositionsparteien mit ihrer Negativkampagne hätten den „Traum einer | |
Nation“ kaputtgemacht, klagen jetzt Regierungsoffizielle. Bürgermeister | |
István Tarlós hat angedeutet, er könnte die Bewerbung zurückziehen. Denn | |
jetzt muss die Frage Olympia einer Volksabstimmung unterworfen werden. | |
Umfragen in Budapest bescheinigen eine negative Stimmung. Deswegen ist | |
nicht ausgeschlossen, dass man sich diese neue Schmach ersparen will. | |
## Kostenexplosion befürchtet | |
Hauptargument für die Olympia-Gegner ist die befürchtete Kostenexplosion. | |
Ein Drittel der Kosten von umgerechnet 1,5 Milliarden Euro für die | |
Erweiterung der U-Bahn ist in dunklen Kanälen versickert. Bei | |
veranschlagten 6,6 Milliarden Euro für die Austragung der Olympischen | |
Spiele fürchten Skeptiker einen Geldregen für korrupte Funktionäre, während | |
an öffentlichen Einrichtungen wie Schulen gespart wird. | |
Keine Demonstration und keine Oppositionspartei hat in den vergangenen | |
Jahren die Regierung so in Verlegenheit gebracht, wie die Bewegung | |
Momentum. Wie ungelegen die Anti-Olympia-Stimmung Orbán kam, zeigten die | |
Störversuche. So wurden in Fußgängerpassagen aufgestellte | |
Unterschriftentische von Polizisten abgeriegelt. Anhänger der | |
Regierungspartei Fidesz wurden aufgerufen, die Listen mit falschen | |
Unterschriften zu fluten. Ein Aktivist der alternativen LMP wurde beim | |
Unterschriftensammeln mit einer Flasche attackiert. | |
Der Vorwurf, die Opposition hätte den Olympia-Traum zertrümmert, greift nur | |
zum Teil. Denn die linken Parteien haben sich in der Frage nicht mit Ruhm | |
bekleckert. Bei einer Abstimmung im Parlamentsausschuss zeigten sich die | |
sozialdemokratischen Parteien MSZP und DK gespalten. | |
Beim Sammeln von Unterschriften war neben der LMP vor allem die Spaßpartei | |
Zweischwänziger Hund erfolgreich. Deren Kampagne zeichnete sich durch Humor | |
aus. Immer wieder wurden fantasievolle Ideen in den sozialen Medien | |
geteilt. So der Spruch: „Die Budapester haben keine Lust auf Olympia? – | |
Dann trägt Felcsút das Ganze aus!“ | |
Felcsut ist das Heimatdorf von Premier Orbán, das mit einem pharaonischen | |
Fußballstadion ausgestattet wurde. András Fekete-Györ, der Kampagnenleiter, | |
träumt von Größerem. Er will eine Partei gründen und die Herrschaft der | |
Rechtsnationalisten beenden. | |
19 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
Tibor Rácz | |
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