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# taz.de -- Bremer Streifenpolizisten mit Tasern: SPD versucht zu schocken
> Die SPD-Fraktion in Bremen will Taser als Polizeiwaffe im Testbetrieb.
> Der Grüne Koalitionspartner lehnt das ab, aber die CDU freut sich drauf.
Bild: Will die SPD in Bremen testen: Taser für die Polizei.
Bremen taz | Die SPD-Fraktion will Bremische Streifenpolizisten zunächst
testweise mit Elektroschockwaffen, sogenannten Tasern, ausstatten. In einem
am Donnerstag beschlossenen Antrag fordert sie einen einjährigen Probelauf
für die Waffe: „Taser sind bereits jetzt als Waffen im Bremischen
Polizeigesetz zugelassen, werden bislang aber nur von Spezialeinheiten
genutzt“, sagt Sükrü Senkal, innenpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Es
sei „folgerichtig“ zu testen, ob sich die Anwendung auch für
Streifenpolizisten bewähren könne.
„In einer Situation, in der ein Polizist angegriffen wird, sind Taser die
mildere Variante der Schusswaffe“, so Senkal. Sie schütze sowohl den Täter
als auch den Beamten, da die gesundheitlichen Auswirkungen für den
Getroffenen weniger schwer wögen als bei einem Schuss. Außerdem könne die
Alternative Taser unter Umständen psychische Belastungen bei den Beamten
verhindern, da sie ihre Schusswaffe eventuell nicht benutzen müssten. Die
SPD weist in ihrer Begründung des Antrags darauf hin, dass der
Schusswaffengebrauch „erhebliche Auswirkungen auf den oder die Schießende“
haben könne.
Brisant ist der Vorstoß, weil im Gegensatz zur oppositionellen CDU, die ihn
begrüßte, der grüne Koalitionspartner seit jeher Bedenken gegen Taser hegt.
Eine entsprechende Stellungnahme ließ auch nicht auf sich warten: „Wir
lehnen den Einsatz des Tasers strikt ab“, so der innenpolitische Sprecher
der Grünen, Björn Fecker. Das belegt auch das Wahlprogramm 2015 der Partei.
Dort steht, man wolle die Waffe aus dem Polizeigesetz streichen. „Die
Auswirkungen eines Tasereinsatzes sind unberechenbar“, so Fecker. Ihm seien
mehrere Fälle bekannt, bei denen der Taser zum Tod der Getroffenen geführt
habe.
Ein Taser schießt Nadeln mit isolierten Drähten ab, die elektrische
Spannungen von bis zu 50.000 Volt auf die getroffene Person übertragen.
Widerhaken an den Nadeln sorgen dafür, dass diese im Körper des Getroffenen
stecken bleiben. Die Zielperson erleidet einen Elektroschock, der das
Nervensystem lähmt, sodass sie für kurze Zeit bewegungsunfähig ist.
Auch die Linke lehnt das Experiment, Streifenbeamte mit Tasern
auszustatten, ab. „Studien von Amnesty International über den Taser-Einsatz
in den USA sprechen von über 600 Toten im Zusammenhang mit
Taser-Einsätzen“, so die Vorsitzende und innenpolitische Sprecherin der
Linksfraktion, Kristina Vogt. Elektroschocks könnten zu epileptischen
Anfällen und Herz-Kreislauf-Versagen führen und schwere Verletzungen an
Arterien und dem zentralen Nervensystem nach sich ziehen.
„Der Vergleich mit den USA ist ein Apfel-mit-Birnen-Vergleich“, hält Senkal
dagegen. Der Gebrauch von Schusswaffen und wahrscheinlich auch Tasern
gehöre in Amerika anders als in Bremen zur täglichen Praxis. In ihrem
Antrag verweist die SPD auf Zahlen aus Österreich. Dort seien von 2006 bis
2015 nur 177 Einsätze des Tasers und 75 Schusswaffeneinsätze verzeichnet
worden. Dabei habe es neun Todesfälle, alle durch Schusswaffen ausgelöst,
gegeben.
Aktuell verfügen in Bremen nur die Spezialeinsatzkräfte über die
Elektroschocker. Besonders häufig kam er bisher nicht zum Einsatz: Im
Zeitraum von 2012 bis 2016 nutzten die Einsatzkräfte den Taser nach Angaben
der Innenbehörde neunmal, worauf sich der innenpolitische Sprecher der
Union, Wilhelm Hinners berufen kann, wenn er den SPD-Antrag befürwortet und
erklärt, „anders als die Fraktion der Grünen keinen Zweifel daran“ zu
hegen, „dass die Beamtinnen und Beamten mit dem Einsatzmittel sehr
verantwortungsvoll umgehen und hier kein ‚Experimentierfeld‘ entsteht“. D…
Einsatz von Tasern in anderen Bundesländern habe „gezeigt, dass dies ein
effektives Mittel ist, um gewalttätige Personen angriffsunfähig zu machen,
ohne sie schwer zu verletzen“, so Hinners.
Senkal stellt sich eine Testphase vor, in der einzelne Beamte die Waffe mit
sich führen. Ein konkretes Konzept müsse aber die Innendeputation bis Juni
2017 ausarbeiten, sofern der Antrag angenommen wird.
16 Feb 2017
## AUTOREN
Vanessa Reiber
## TAGS
Taser
Polizei Bremen
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Taser
Sicherheitspolitik
Polizeieinsatz
Taser
Berlin
Polizei Berlin
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