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# taz.de -- Das war die Woche (3): Voreiliger Ruf nach dem Taser
> Nachdem Berliner Polizisten einen Flüchtling erschossen haben, fordern
> CDU und Beamtengewerkschaft den Elektroschocker.
Bild: Nach den Schüssen vor der Flüchtlingsunterkunft in Moabit
Sofort war sie da, die Debatte über den Einsatz des Tasers. Am
Dienstagabend haben Polizisten einen Flüchtling erschossen. Der
Elektroschocker hätte ein tödliches Ende verhindern können, so der
CDU-Abgeordnete Stephan Lenz. Auch Bodo Pfalzgraf, Landeschef der Deutschen
Polizeigewerkschaft (DPolG), nahm den Vorfall zum Anlass, seine Forderung
nach Einführung des Tasers für die Schutzpolizei zu erneuern. Der Sprecher
der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bejamnin Jendro, hingegen warnte, bei
einem blitzschnellen Angriff wie dem in Moabit sei der Taser keine Lösung.
Aktuellen Erkenntnissen zufolge hatten drei Polizisten auf den 29-jährigen
Iraker geschossen. Getroffen wurde er nur von einer Kugel, die aber tödlich
war.
Laut Polizei war der Mann mit einem Messer in der Hand aus der Unterkunft
im Fritz-Schloß-Park in Moabit gerannt. Auf dem Vorplatz stand ein
Polizeifahrzeug, in dem ein in Handschellen gefesselter 27-jähriger
Pakistaner saß. Die Tür des Wagens stand offen. Der Pakistaner war wegen
des Verdachts festgenommen worden, ein sechsjähriges Flüchtlingsmädchen im
nahe gelegenen Park sexuell missbraucht zu haben.
Der Mann mit dem Messer war der Vater des Mädchens. „Das wirst du nicht
überleben!“, soll er gerufen haben. Um den Angriff abzuwehren, hätten die
Polizisten nach mehrmaliger Warnung geschossen, so die Polizeipressestelle.
Der Iraker starb im Krankenhaus.
Eine Mordkommission hat die Ermittlungen übernommen. Geprüft wird, ob die
Schussabgabe erforderlich war, um einen „gegenwärtigen rechtswidrigen
Angriff“ abzuwehren; Notwehr oder Nothilfe nennt sich das. Kommt die
Staatsanwaltschaft zu dem Schluss – was bei polizeilichen Todesschüssen in
der Regel der Fall ist –, wird das Verfahren eingestellt.
Viele Fragen drängen sich auf. Warum vermochten die Beamten, die offenbar
zahlreich vor Ort waren, den Iraker nicht anders zu stoppen? Wurde es
versucht? Wenn ja, warum scheiterte das? Wie nah befand sich der Mann am
Polizeifahrzeug, in dem der Pakistaner saß, als die Schüsse fielen? Und wie
dicht kam er den Polizisten?
Fraglich ist, ob es darauf Antworten geben wird. Genau die sind aber
erforderlich, um Lehren aus solchen Vorfällen zu ziehen. Und erst dann,
wenn die Details bekannt sind, lässt sich darüber diskutieren, ob ein Taser
das Leben des Irakers hätte retten können. Alles andere ist unseriös.
1 Oct 2016
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Polizei Berlin
Taser
Schusswaffen
Taser
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Flüchtlinge
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Ladendieb
Flüchtlinge
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