# taz.de -- Rechtsextreme Gewalt gegen Geflüchtete: Raus, du Opfer | |
> Brandenburg will Flüchtlinge, die Opfer rechter Gewalt wurden, nicht | |
> abschieben. Die Bundesregierung ist gegen ein solches Bleiberecht. | |
Bild: Ob er wohl noch hier ist? Über 15 Jahre ist die Attacke auf das Asylheim… | |
BERLIN taz | Wer von Nazis verprügelt wurde, darf trotzdem abgeschoben | |
werden – das ist, sinngemäß, die Antwort der Bundesregierung auf eine | |
Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion. Die Große Koalition werde vor Ende | |
ihrer Amtszeit kein Gesetz vorschlagen, das ein Bleiberecht für Opfer | |
rechter Gewalt beinhaltet. | |
Anscheinend ist nicht geplant, bundesweit anzuwenden, was in Brandenburg | |
als einzigem Bundesland seit Januar gilt: Dort hat das Innenministerium per | |
Erlass die kommunalen Ausländerämter dazu aufgefordert, „die Abschiebung | |
vollziehbar Ausreisepflichtiger im Ermessenswege auszusetzen“. Die Behörden | |
sollen bestehende Gesetze anwenden, aber anders auslegen, indem sie das | |
Bleiberecht aus „humanitären oder persönlichen Gründen“ bei Betroffenen | |
anwenden. | |
„Ein allgemeines gruppenbezogenes Bleiberecht für Opfer rechter Gewalt wird | |
nicht zuletzt auch aus Gründen des Gleichheitsgrundsatzes kritisch | |
bewertet“, so die Bundesregierung, „da eine Privilegierung ausländischer | |
Opfer rechter Gewalt gegenüber anderen, ausländischen wie deutschen | |
Gewaltopfern, erfolgen würde“. | |
Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck kann diese Logik nicht | |
nachvollziehen. Als migrationspolitischer Sprecher der Grünen hat er die | |
Anfrage gestellt. Gegenüber der taz kommentierte er, die Regierung könne | |
nicht mit Privilegierung argumentieren, weil Deutsche „ohnehin in | |
Deutschland bleiben dürfen und keiner Aufenthaltserlaubnis bedürfen“. Er | |
sieht auch keine Ungleichbehandlung, sondern eher „Differenzierungen“. Die | |
seien gerechtfertigt, wenn sie „einem legitimen Zweck dienen“ und das sei | |
„bei der Bekämpfung rechter Gewalt sicherlich der Fall“, so Beck zur taz. | |
## Wunden versorgen und Traumata therapieren | |
Laut dem Innenministerium haben Rechte im letzten Jahr 527 Gewaltdelikte | |
gegen Geflüchtete und Asylbewerber*innen begangen. Mit Abstand am meisten | |
Vorfälle gab es demnach in Brandenburg. | |
Das Potsdamer Parlament hofft mit seinem Erlass unter anderem Täter*innen | |
abzuschrecken. Denn die wollen bestimmt nicht, dass Geflüchtete ihretwegen | |
in Deutschland bleiben. Außerdem sollen Opfer „eine Wiedergutmachung | |
erfahren“ und in Deutschland die Chance bekommen, Wunden zu versorgen und | |
Traumata zu therapieren. Laut dem Erlass sollten sie auch hier bleiben, um | |
im Falle eines Prozesses gegen Gewalttäter*innen auszusagen. | |
Laut der Antwort auf die Anfrage reichen existierende Ausnahmeregeln | |
„grundsätzlich aus, um auch Opfern rechter Gewalt einen gesicherten | |
Verbleib im Bundesgebiet für ihre Anwesenheit als Opferzeugen im | |
Strafprozess zu verschaffen“. Wie viele Opfer der 527 Gewaltdelikte die | |
Prozesse miterlebt haben, wie viele davor abgeschoben wurden und wie viele | |
nach dem Verfahren: Das alles kann die Regierung nicht beantworten. | |
3 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Jana Anzlinger | |
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