# taz.de -- Eklat im NSU-Prozess: „Eine Verhöhnung der Opfer“ | |
> Im NSU-Prozess sprechen Verteidiger eines Angeklagten über einen | |
> drohenden „Volkstod“. Opferanwälte verlassen das erste Mal aus Protest | |
> den Saal. | |
Bild: „Hier noch nicht erlebte Neonazi-Propaganda“: Ralf Wohlleben im NSU-P… | |
Herr Narin, im NSU-Prozess haben heute mehrere Opferanwälte aus Protest den | |
Saal verlassen. Das gab es in der dreieinhalbjährigen Verhandlung noch nie. | |
Sie gehörten zu den Protestierenden. Was war los? | |
Yavuz Narin: Die Verteidiger des Angeklagten Ralf Wohlleben wollten einen | |
Beweisantrag stellen. Was aber folgte, war Neonazi-Propaganda wie wir sie | |
in diesem Prozess noch nicht erlebt haben. Die Anwälte wollten einen | |
Sachverständigen für Demografie laden, der feststellen sollte, dass dem | |
deutschen Volk ein angeblicher Volkstod drohe. Dass die Zuwanderung dafür | |
ursächlich sei, dass die Zahl der zeugungsfähigen deutschen Männer abnehme, | |
und so weiter. Es war unerträglich. | |
Sie sind darauf gegangen. | |
Es war eine Verhöhnung der Opfer und Hinterbliebenen der NSU-Morde. Ihre | |
Würde und auch die Würde des Gerichts wurde gezielt angegriffen. Der NSU | |
mordete aus rassistischen Motiven, nach eigener Auskunft im Sinne eines | |
Erhalts der deutschen Nation. Daran knüpft dieser Antrag nun an. Was die | |
Wohlleben-Verteidigung heute gemacht hat, hat sie endgültig entlarvt. | |
Ralf Wohlleben ist als Waffenbeschaffer des NSU angeklagt. Was wollen seine | |
Verteidiger bezwecken? | |
Die Beweislast gegen Ralf Wohlleben ist inzwischen so erdrückend, dass die | |
Verteidiger scheinbar von seriöser anwaltlicher Tätigkeit Abstand nehmen | |
und den Prozess zumindest noch für Neonazi-Propaganda missbrauchen möchten. | |
Es war ja auch nicht das erste Mal. | |
Sie meinen einen früheren Antrag der Verteidiger, den Tod des | |
Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess aufzuklären? | |
Genau. Ermittler hatten bei Wohlleben Aufkleber gefunden, auf denen stand, | |
dass Hess ermordet wurde. Ein beliebter Slogan in der rechtsextremen Szene. | |
Die Verteidiger nun wollten Zeugen laden, die nachweisen, dass Hess' | |
Freitod in Wirklichkeit ein Mord war. Schon das war eine unverhohlene | |
Provokation. Aber helfen werden diese Aktionen Wohlleben nicht, im | |
Gegenteil: Sie unterstreichen nur die Gesinnung, die er und seine | |
Verteidiger teilen. | |
25 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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