| # taz.de -- Gutachten über Beate Zschäpe: „Dominanz, Härte, Kontrolle“ | |
| > Ein Gerichtspsychiater hält sie für voll schuldfähig und legt | |
| > Sicherungsverwahrung nahe. Ein mildes Urteil wird unwahrscheinlicher. | |
| Bild: Hat kein mildes Urteil zu erwarten: Beate Zschäpe | |
| Als es vorbei ist, plaudert Beate Zschäpe betont locker mit ihrem | |
| Verteidiger. Ganz so, als sei nichts passiert. Dabei könnte der Tag für | |
| Zschäpe einschneidende Folgen haben. | |
| [1][Nach tagelangen Querelen] hatte der Gerichtspsychiater Henning Saß am | |
| Mittwoch sein Gutachten über Zschäpe vorgestellt – und ein drastisches | |
| Fazit gezogen. Ein grundlegender Wandel in ihren Einstellungen, ihrem | |
| rechtsradikalen Gedankengut, sei nicht erkennbar, sagte er. Eher spreche | |
| vieles für eine tief eingeschliffene Neigung, kriminelle Taten zu begehen. | |
| Es sei „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ davon auszugehen, dass | |
| Zschäpe ihr Treiben fortführen würde, wenn es dafür die Möglichkeit gäbe. | |
| Saß plädiert damit indirekt für die Verhängung einer Sicherungsverwahrung | |
| gegen die Angeklagte, über eine Haftstrafe hinaus. Tags zuvor schon hatte | |
| er Zschäpe „egozentrische, wenig empathische und externalisierende Züge“ | |
| attestiert. Sie zeige „eine Tendenz, die Verantwortlichkeit für das eigene | |
| Verhalten anderen Personen zuzuschreiben“. Auch neige sie dazu, ihr eigenes | |
| Tun „zu bagatellisieren“. | |
| Dem Eigenbild stehen laut Saß aber Zeugenaussagen entgegen, die Zschäpe | |
| durchaus „ein gesundes Selbstbewusstsein“ oder eine „gewisse Bauernschlä… | |
| attestieren. Dafür spreche auch, dass es ihr gelungen sei, über 13 Jahre im | |
| Untergrund ohne Patzer eine falsche Identität aufrechtzuerhalten. | |
| ## Keine hilflose Mitläuferin | |
| Zschäpe selbst hatte im Prozess ein anderes Bild von sich gezeichnet: das | |
| der hilflosen Mitläuferin. Alle NSU-Morde und Anschläge hätten ihre | |
| Kumpanen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos begangen, behauptete sie. Sie selbst | |
| habe immer erst später davon erfahren und die Taten verurteilt, sich am | |
| Ende aber resigniert zurückgezogen. | |
| Saß kommt zu einem anderen Schluss. Zschäpes Aussagen seien wenig | |
| authentisch. Nach seinen Beobachtungen sei sie um „Dominanz, Härte, | |
| Kontrolle“ bemüht. Gerade im Streit mit ihren Verteidigern habe sie | |
| Vehemenz und Entschlossenheit gezeigt. | |
| Saß zog auch die jüngste Aussage von Zschäpe in Zweifel. Mit Blick auf sein | |
| Gutachten hatte sie behauptet, im Gericht nie ihre wahren Gefühle gezeigt | |
| zu haben. Tatsächlich seien ihr die Aussagen von Opferangehörigen „sehr | |
| nahe“ gegangen. Saß sprach von „formalen und unpersönlichen“ Schilderun… | |
| die kaum überzeugten. | |
| Sein Fazit: Zschäpe sei voll schuldfähig. Ihr Alkoholkonsum habe keinen | |
| Suchtcharakter gehabt, für eine psychische Störung gebe es keine Hinweise. | |
| Saß’ Gutachten ist einer der Schlusspunkte im seit dreieinhalb Jahren | |
| laufenden NSU-Prozess. Über Dutzende Verhandlungstage hatte der Psychiater | |
| Zschäpe beobachtet, Hunderte Seiten Prozessakten studiert. Direkt mit ihm | |
| reden wollte Zschäpe bis zum Schluss nicht. | |
| Den Vorwurf der Verteidigung, sein Gutachten sei „eine Ferndiagnostik“, | |
| wies Saß zurück und erinnerte daran, dass auch das Gutachten über Ulrike | |
| Meinhoff ohne Mitwirkung der Angeklagten auskommen musste. Für die Richter | |
| ist das Gutachten eine wichtige Entscheidungshilfe für ihr Urteil. Folgen | |
| sie Saß und der Anklage, die Zschäpe als gleichwertige Mittäterin der zehn | |
| NSU-Morde sieht, dürfte die 42-Jährige für viele Jahre hinter Gittern | |
| verschwinden. | |
| Mitarbeit: Konrad Litschko | |
| 18 Jan 2017 | |
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| margarete moulin | |
| Konrad Litschko | |
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