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# taz.de -- Marine Le Pens Wahlkampf-Agenda: „Ich muss nicht einmal gut sein�…
> Vierzig Prozent der Arbeiter in Frankreich sind für die Kandidatin des
> Front National. Die anderen Parteien spielen Marine Le Pen in die Hände.
Bild: Die Parteien links und rechts von ihr haben sich selbst diskreditiert
Paris taz | „Marine Présidente! Marine Présidente!“ Die so von ihren
Anhängern als zukünftige Präsidentin gefeierte Politikerin reißt die Arme
in Siegerpose hoch. Gerade ist Marine Le Pen auf der Tribüne des
Konferenzzentrums Cité Internationale in Lyon eingetroffen, und sie hat an
diesem Sonntagnachmittag einigen Grund zur Vorfreude: Noch bevor sie ihren
Wahlkampf richtig begonnen hat, steht sie als Favoritin fest.
Seit Wochen schon sehen alle Wahlumfragen sie in der ersten Runde der
Präsidentenwahl am 23. April an erster Stelle, sie wäre folglich für die
Stichwahl qualifiziert. Die Meinungsforscher können es nicht mehr
ausschließen, dass Marine Le Pen im Mai 2017 Frankreichs nächste
Präsidentin wird.
„Au nom du Peuple“ steht in Lyon in großen Lettern hinter ihr. Sie
bezeichnet sich als „Kandidatin des Volks“ gegen die Bedrohung durch zwei
Globalisierungen: der Finanzwelt und des Dschihadismus. Beide hätten sich
zum Ziel gesetzt, die Franzosen zu „unterjochen“ und Frankreich als Nation
auszulöschen. „Die Grenzen sind weg, unsere Länder sind zu Bahnhofshallen
geworden“, kritisierte sie die Migrationspolitik. In ihrer Tirade gegen die
Immigranten wird Marine Le Pen von häufigen Rufen „On est chez nous!“ („…
sind hier zu Hause!“) aufgemuntert.
In Lyon will sie ihr 144-Punkte-Programm vorstellen: Dazu zählen der Wunsch
nach neuen Rechten der Bevölkerung durch Referenden, der Austritt aus der
EU und die Rückkehr zu einer nationalen Währung. Es werden alle
Freihandelsabkommen abgelehnt, der Rüstungsetat soll erhöht werden und
angestrebt wird der Austritt aus dem Nato-Kommando.
## Den „Frexit“ einleiten
Das Programm verspricht Lohn- und Rentenerhöhungen, mehr Polizisten und
Gefängnisplätze, ist explizit für den Beibehalt der 35-Stundenwoche und die
Senkung des Pensionierungsalters auf 60. Alle Zweifel an der Finanzierung
dieser Vorhaben kontert die Kandidatin mit dem Hinweis auf mögliche
Einsparungen durch eine strikte Kontrolle der Immigration und einen
„intelligenten Protektionismus“.
Mit einem „Referendum“ möchte sie einen „Frexit“ einleiten und den
Franzosen bei der Abstimmung einen Austritt aus der EU „nahelegen“, falls
Brüssel nicht einer „Rückerstattung“ der nationalen Souveränität zustim…
Auch aus dem Euro möchte sie aussteigen, nach der Rückkehr zur nationalen
Währung zunächst aber den Franc in einer Parität mit dem Euro behalten.
Sie hat ihre eigenen Lehren aus dem Erfolg von Donald Trump in den USA
gezogen: Analog zu dessen „America First“ möchte sie mit einer
Volksabstimmung die nationale Bevorzugung der französischen
Staatsangehörigen auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt in der Verfassung
verankern. Arbeitgeber, die ausländische Arbeitskräfte anstellen, sollen
eine zusätzliche Strafsteuer bezahlen.
## Ihr Vorbild heißt „Donald Trump“
Trump ist für den Front National explizit ein Vorbild für die Rückkehr zu
einem „Protektionismus der Nationen“ und das „Ende des Ultraliberalismus�…
Was Trump kann und jetzt vormacht, hatte sich Marine Le Pen für Frankreich
schon längst vorgenommen. Nur will sie weniger die Millionäre überzeugen.
Seit Langem richtet sich der Front National mit Erfolg an die
Benachteiligten und Zukurzgekommenen, die sich von den anderen Parteien
verraten fühlen.
Heute wählen bereits 40 Prozent der ArbeiterInnen den Front National, der
sich allen Ernstes als Frankreichs „Arbeiterpartei“ bezeichnet. In ihrer
Propaganda, die sich gezielt kommunistischer Muster bedient, hat sie
Klassenbewusstsein durch Nationalbewusstsein, Proletarier durch Patrioten
und Antikapitalismus durch „Anti-System“ ersetzt. Harmloser ist der Front
National dabei nicht geworden. Ihr Wahlslogan „Remettre la France en
ordre“ verspricht, „in Frankreich für Ordnung zu sorgen“ – für ihre
Ordnung.
Gegenwärtig läuft alles wie geschmiert für sie. Die traditionellen Parteien
von links und rechts haben sich diskreditiert. Der von den Sozialisten
nominierte Präsidentschaftskandidat Benoît Hamon verunsichert mit seinem
linken Programm seine eigene Partei. Da Jean-Luc Mélenchon von der
Linkspartei und ein Grüner, Yannick Jadot, den Sozialisten Konkurrenz
machen, ist Frankreichs Linke so gespalten wie schon lange nicht mehr.
Was die Front-National-Chefin noch mehr freut: Der konservative Kandidat
der Partei „Les Républicains“, François Fillon, steckt in größten
Schwierigkeiten, seitdem bekannt geworden ist, dass er seine Gattin und
zwei seiner Kinder als parlamentarische Mitarbeiter angestellt und mit fast
einer Million Euro aus öffentlichen Mitteln bezahlt hat. „Ich muss nicht
einmal gut sein, die anderen (Kandidaten) machen die Arbeit für mich“,
meinte Marine Le Pen.
5 Feb 2017
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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