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# taz.de -- Petition für Radiosender M94.5: Freiraum statt Formate
> Dem Münchener Ausbildungsradio M94.5 soll die UKW-Frequenz entzogen
> werden. Die Macher befürchten die Marginalisierung.
Bild: Radio in Deutschland? Noch immer meist analog statt digital
Alles, was er journalistisch kann, hat Fabian von Stülpnagel bei [1][M94,5]
gelernt. „Wir hatten immer Freiraum, konnten uns kreativ ausleben außerhalb
der Zwänge des Formatradios“, sagt er. Das Münchner Ausbildungsradio ist
eine Institution. Keine Werbung, keine Gewinnspiele, keine angestrengt gut
gelaunten Morning-Show-Moderatoren und vor allem nie „das Beste der 80er,
90er und von heute“. Stattdessen Indie Pop, Alternative Rock, Electro und
Songs von Nachwuchsbands. Eine Mischung aus Campusfunk, Szenenews und
Lokalradio. Seit 20 Jahren schon.
Über 2.500 junge Menschen haben bislang in der Redaktion gelernt, wie man
Radio macht – und wie Journalismus. Die Redaktion besteht zu 90 Prozent aus
Studenten der Münchner Unis, sie arbeitet in Tagesteams – das Studium will
ja auch noch bewältigt werden. Manche bleiben zwei Jahre in der Redaktion,
andere sechs Jahre. Viele sind heute erfolgreiche Journalisten.
Und viele waren im Dezember letzten Jahres geschockt. Ihre journalistische
Heimat steht zur Disposition: Die Bayerische Landesanstalt für neue Medien
(BLM) erwägt, M94.5 die UKW-Frequenz zu entziehen und diese – wohl
gewinnbringend – etwa an den Privatsender „Rock Antenne“ zu verkaufen. Am
9. Februar soll endgültig entschieden werden. Sollte die Frequenz
verlorengehen, wäre M94,5 nur noch digital oder übers Internet zu
empfangen.
Gegen die Pläne regt sich Widerstand. Eine [2][Protestseite] wurde
aufgesetzt, bei Twitter wurde unter Hashtag [3][#saveM945] für den Sender
geworben und eine [4][Petition] gestartet, die bereits über 8.000
Unterschriften hat. Initiator ist Fabian von Stülpnagel – „Trotzreaktion�…
wie er sagt. Heute ist der 26-Jährige zwar im Marketing tätig, doch auch in
seinem jetzigen Job könne er vieles von dem, was er beim Radio gelernt hat,
anwenden.
Auch dem ZDF-Sportmoderator [5][Jochen Breyer], der etwa das „Aktuelle
Sportstudio“ moderiert, wurde das Handwerk beim Münchener Ausbildungsradio
beigebracht. „M94.5 war definitiv meine ,Eintrittskarte' in den
Journalismus. Sehr viel habe ich da gelernt, vielleicht sogar alles“, sagt
er. „Gerade in der heutigen Zeit, in der Medien Vertrauen verlieren“, sagt
Breyer, „braucht es Ausbildungskanäle wie M94.5“.
Die [6][BLM selbst beteuert], man wolle den Sender nicht schwächen. Sollte
die UKW-Frequenz anderweitig zugeteilt werden, würde sich „an der
potenziellen technischen Reichweite nichts ändern“.
Für Wolfgang Sabisch, den Programmleiter des Senders, ist das nicht
nachvollziehbar. „Mit der Verbannung ins Digitale wäre die Marginalisierung
verbunden“, sagt er. Die Verbreitung von Endgeräten fürs digitale Radio sei
noch nicht fortgeschritten. Tatsächlich ist Deutschlands Radiowelt analog.
Nur 14 Prozent besitzen ein Gerät, das etwa DAB+ empfangen kann. Und die
Zielgruppe von M94.5 bleibt UKW noch treu: 75 Prozent der jungen Menschen
hören Radio analog, nicht digital.
## Kampf um Digitalisierung
Die Digitalisierung, die beim Fernsehen längst vollzogen ist, verzögert
sich beim Radio. [7][Anders als etwa in Norwegen]: Dort will man bis Ende
2017 alle UKW-Frequenzen zugunsten des Digitalradios abstellen – obwohl
eine Mehrheit der Bevölkerung dagegen ist und dann Millionen Geräte
unbrauchbar werden. In Deutschland drängen vor allem öffentlich-rechtliche
Sender auf das Ende von UKW.
Das Deutschlandradio etwa fordert die Umstellung auf DAB+ bis 2025. Andere
Intendanten schrieben, DAB+ sei deutlich kostengünstiger, ist bei erheblich
geringerem Stromverbrauch ökologischer und ohne jedes Rauschen glasklar zu
genießen.
Die meisten Privatsender sind gegen die Digitalisierung des Radiomarkts.
Sie fürchten mehr Konkurrenz und entsprechend weniger Reichweite und
Einnahmeverlust. M94.5-Programmleiter Sabisch sieht die Gefahr, dass ihre
UKW-Frequenz verlorengeht, bei 50:50. Seitdem die Pläne im Dezember bekannt
wurden, haben viele Medien darüber berichtet: Die Petition, eine eigene
Internetseite, zahlreiche Ehemalige, die sich gegen die Entscheidung
stellen. Sabisch klingt gerührt, als er davon erzählt. „Dass die
Unterstützung so groß ist, hätte ich nicht gedacht.“
6 Feb 2017
## LINKS
[1] http://www.m945.de/
[2] http://savem945.org/
[3] http://twitter.com/hashtag/saveM945?src=hash
[4] http://www.openpetition.de/petition/online/wir-bitten-um-den-erhalt-des-aus…
[5] http://twitter.com/jochenbreyer?lang=de
[6] http://www.blm.de/infothek/pressemitteilungen/2016.cfm?object_ID=6977
[7] /!5369203/
## AUTOREN
Paul Wrusch
## TAGS
UKW
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Schwerpunkt Artenschutz
DDR
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elektronische Musik
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