# taz.de -- Streit um UKW-Antennen eskaliert: Ich bau dann mal ab | |
> Weil die Preise für die Vermietung der Antennen reguliert werden sollen, | |
> kündigt nun ein Käufer an, seine 208 UKW-Antennen abzubauen. | |
Bild: Noch läuft der analoge Hörfunk über UKW in Deutschland | |
„Drohen“, sagt Axel Sartingen, „tue ich gar nicht.“ Im Gegenteil: „Mi… | |
gedroht.“ Sartingen ist Chef und Inhaber der Milaco GmbH. Er ist einer der | |
Käufer von UKW-Rundfunkantennen, die die Media Broadcast vor wenigen | |
Monaten veräußert hat. | |
Und jetzt: Will er sie abbauen. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch | |
verschickte er eine Mail an Rundfunkbetreiber: „Bitte notieren sie das | |
[sic] wir unseren von Regulierung bedrohten Geschäftsbetrieb einstellen und | |
unsere Antennen abbauen und anderweitig verwerten.“ | |
Der Grund für die Mail: Die Ankündigung – oder: Drohung – der | |
Bundesnetzagentur, dass die Käufer der Antennenanlagen einer | |
[1][Marktregulierung] unterworfen werden könnten. Und unter regulierten | |
Preisen „kann ich das wirtschaftlich nicht leisten“, sagt Sartingen der | |
taz. | |
Und dass mit dieser Ankündigung der Netzagentur auch Milaco gemeint ist, | |
liegt auf der Hand, hat die Firma doch 208 der rund [2][700 Antennen von | |
Media Broadcast] übernommen. „Ich kann in die Regulierung gehen“, sagt | |
Sartingen, „oder die Antennen abbauen – was soll ich sonst machen?“ | |
## Kein Monopol, keine Regulierung – oder? | |
Droht also Millionen HörerInnen – vor allem in Sachsen und | |
Mecklenburg-Vorpommern – bald die UKW-Abschaltung? Vermutlich nicht. Aber: | |
So richtig weiß das niemand. Sartingen sagt, dass er es nicht dazu kommen | |
lassen will. | |
Es ist erst einmal nur die nächste Eskalationsstufe im Streit zwischen den | |
neuen Antennenbesitzern auf der einen sowie den Sendernetzbetreibern und | |
Rundfunkanbietern auf der anderen Seite. Sendernetzbetreiber wie Divicon | |
und Uplink übernehmen das Signal von privaten wie öffentlich-rechtlichen | |
Rundfunkanbietern, wandeln es um und übergeben es dann an die | |
Antennenbetreiber, die es aussenden. Dafür zahlen Divicon und Uplink Miete | |
an die Antennenbetreiber. Diese Mietpreise waren bislang reguliert, also | |
festgesetzt, weil die frühere Telekom-und heutige Freenet-Tochter Media | |
Broadcast bis vor kurzem ein Quasi-Monopolist war. | |
Doch dieses Monopol ist mit dem Verkauf der Antennen an 29 KäuferInnen – | |
zumindest auf dem Papier – hinfällig geworden. Einige neue Besitzer wie | |
Milaco wollten höhere Preise für die Nutzung ihrer Antennen durchsetzen. | |
Die Sendernetzbetreiber wehrten und wehren sich auf allen Ebenen. Aus | |
gutem, nicht uneigennützigem Grund: Sie kommen durch die Erhöhungen in die | |
Bredouille, haben sie doch den Programmveranstaltern die Aussendung ihrer | |
Programme zu einem festen Preis garantiert. Die Sendernetzbetreiber könnten | |
diese vertraglich vereinbarten Preise allerdings nicht mehr halten, wenn | |
sie die neuen, höheren Preise an die Antennenbetreiber zahlen müssten. | |
Eine Einigung gibt es bislang nicht. Zuletzt gipfelte der Streit um die | |
UKW-Antennen in der Androhung der Media Broadcast zum 1. April [3][einige | |
Sender abzuschalten]. Schließlich gab es damals keine Einigung zwischen den | |
Sendernetzbetreibern und den neuen Antenneneignern. Diese Abschaltung ist | |
erst einmal vom Tisch. Bis 30. Juni wird Media Broadcast den Betrieb, den | |
die Sendernetzbetreiber aufgrund des Preisstreits nicht übernehmen konnten | |
und können, aufrecht erhalten. Bis dahin will auch Milaco weiter | |
mitspielen. Dann wird abgebaut. | |
Es ist ein Kampf ums Überleben geworden: Wird der Mietpreis bei den | |
Antennen nicht reguliert, gingen Anbieter wie Uplink kaputt. Wird der Preis | |
allerdings reguliert, sagt der Investor Sartingen, kann er sich das | |
Geschäft nicht mehr leisten. Deswegen will er das Feld nun räumen – und | |
damit laut eigenen Angaben einen siebenstelligen Verlust in Kauf nehmen. | |
„Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, sagt er. Und: | |
In eine „Schlangengrube“ sei er mit dem Kauf der Antennen geraten. „Uplink | |
und Divicon können dann beweisen, dass sie es billiger können.“ | |
## „Vorgehen zeigt, wie wichtig Regulierung ist“ | |
Sartingen sagt, er sei gespannt, ob sie das könnten. Er müsse von dem Geld, | |
dass er von den Sendernetzbetreibern gefordert habe, Miete, Versicherung, | |
eine Servicepauschale und eine Reparaturpauschale direkt an Dritte | |
weiterleiten. Hinzu käme die Abschreibung des Antennenkaufpreises. Für sich | |
selbst würde er nur 6,2 Prozent Rendite draufschlagen. „Transparent“, nennt | |
er das, und „fair“. Ergo: Billiger geht es nicht. | |
„Hanebüchen“, nennt Michael Radomsky, Geschäftsführer von Uplink, das | |
Ganze. Erstens wisse man ja noch gar nicht, ob und wie der Preis reguliert | |
würde. Zweitens dauere der Abbau von mehr als 200 Antennen Monate, wenn | |
nicht gar Jahre. Außerdem geht er drittens eh davon aus, dass ein Abbau von | |
Telekommunikationsinfrastruktur gar nicht ohne Weiteres erlaubt und möglich | |
sei. „Aber“, sagt er mit Blick auf die Abbauankündigung von Sartingen, „… | |
Vorgehen zeigt ja, wie wichtig eine Regulierung ist.“ | |
Ob die kommt, ist allerdings tatsächlich noch unklar. Es läuft gerade ein | |
so genanntes Marktanalyseverfahren, „an dessen Ende wir feststellen, ob ein | |
Unternehmen im Sinne des Telekommunikationsgesetzes marktmächtig ist und | |
einer Preisregulierung unterliegt – oder eben nicht“, wie ein Sprecher der | |
Bundesnetzagentur sagt. | |
Dass Sartingen allerdings seine Antennen einfach so abbauen dürfe, kann | |
sich Martin Deitenbeck, Geschäftsführer der Sächsischen | |
Landesmedienanstalt, nicht vorstellen. „Gerade der öffentlich-rechtliche | |
Rundfunk hat ja einen Grundversorgungsauftrag“, sagt er. In Sachsen sind | |
alle von Media Broadcast verkauften Antennen an Sartingens Milaco GmbH | |
gegangen. „Wir beobachten genau, was da läuft“, sagt Deitenbeck. | |
9 May 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.vprt.de/terrestrik/content/bnetza-kaeufer-ukw-antennen-marktreg… | |
[2] http://meedia.de/2017/12/21/ausstieg-aus-dem-ukw-geschaeft-media-broadcast-… | |
[3] /!5494851/ | |
## AUTOREN | |
Jürn Kruse | |
## TAGS | |
UKW | |
Radio | |
Hörfunk | |
Mobilfunk | |
UKW | |
UKW | |
Frankfurter Rundschau | |
UKW | |
Radio | |
Radiosender | |
UKW | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Mobilfunkgipfel in Berlin: Ein Prozent hat die digitale Arschkarte | |
Die Abdeckung mit Mobilfunk soll bis Ende 2020 auf 99 Prozent steigen. 100 | |
Prozent wären möglich, wenn die Netzanbieter flexibler wären. | |
Streit um UKW-Antennen: Ex-Kanzleramtschef soll helfen | |
Im Konflikt zwischen Sendernetz- und Antennenbetreibern soll der | |
CDU-Politiker Friedrich Bohl als Schlichter vermitteln. | |
Bundesnetzagentur gegen UKW-Antennen: Bloß keinen Blackout | |
Media Broadcast hat Ende 2017 rund 700 UKW-Antennen veräußert. Seitdem | |
schwelt ein Streit mit der Bundesnetzagentur – bisher ohne Ergebnis. | |
Neue Verleger, andere Strategie: Zurück in die Zukunft | |
Mehr Lokales, mehr Kooperationen: Bei der „Frankfurter Rundschau“ und der | |
„Frankfurter Neuen Presse“ wird umgebaut und gespart. | |
Streit um UKW-Radio-Ausstrahlung: UKW? Läuft nicht o. k. | |
Die Radioverbreitung via UKW geht erst mal weiter. Aber der Streit zwischen | |
Sendernetz- und Antennenbetreibern ist längst nicht gelöst. | |
Umstellung auf Digitalradio in Norwegen: Bye, Ultrakurzwelle | |
Norwegen hat als erstes Land sein UKW-Netz verschrottet. Eine Mehrheit der | |
Bevölkerung ist mit dem Digitalradio nicht zufrieden. | |
Schlechtere Frequenz für Interkulturelles: Radio Bremen macht Cosmo klein | |
Das interkulturelle Radioprogramm Cosmo ist Sprungbrett für migrantische | |
Moderatoren. Auf neuer Frequenz hat sich die UKW-Reichweite jetzt massiv | |
verringert | |
Petition für Radiosender M94.5: Freiraum statt Formate | |
Dem Münchener Ausbildungsradio M94.5 soll die UKW-Frequenz entzogen werden. | |
Die Macher befürchten die Marginalisierung. |