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# taz.de -- Gesetz über Tarifeinheit: Arbeitskampf vor Verfassungsgericht
> In der Ablehnung der neuen Tarifeinheit sind sich die Gewerkschaften
> einig. Arbeitsministerin Andrea Nahles streitet persönlich für ihr
> Gesetz.
Bild: Tarifeinheit: Manchmal ist es schwer, den Überblick zu behalten
Karlsruhe dpa | – Arbeitsministerin Andrea Nahles hat ihr
Tarifeinheitsgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Kritik der
Gewerkschaften verteidigt. Es gehe nicht darum, das Streikrecht zu
beschränken. Die Neuregelung von Juli 2015 sei auch nicht mit dem
Hintergedanken erlassen worden, darüber kleine Gewerkschaften zu bekämpfen.
„Das ist weder Ziel noch Wirkung des Gesetzes“, sagte die SPD-Politikerin
am Dienstag in der Verhandlung in Karlsruhe.
Der Erste Senat nimmt das Gesetz zwei volle Tage unter die Lupe. Dagegen
geklagt haben etliche Gewerkschaften, die um ihre Koalitionsfreiheit bangen
– und damit um ihren Einfluss.
Denn das Gesetz regelt, dass sich bei mehreren konkurrierenden
Tarifverträgen künftig der jener Gewerkschaft durchsetzt, die in dem
betroffenen Betrieb die meisten Mitglieder hat. Die unterlegene
Gewerkschaft kann sich nur anschließen und den Vertrag nachzeichnen.
Der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Rudolf Henke, äußerte
etwa die Furcht, bei künftigen Tarifverhandlungen nur noch am „Katzentisch“
Platz nehmen zu dürfen. Denn in einem Krankenhaus stellten die Ärzte selten
mehr als 15 Prozent der Beschäftigten.
Die Richter verhandeln auch über Klagen von Verdi, dem Beamtenbund dbb, der
Pilotenvereinigung Cockpit und der Kabinengewerkschaft Ufo. Anhand dieser
Beschwerden sollen alle wichtigen Grundfragen geklärt werden. Insgesamt
sind elf Klagen gegen das Gesetz anhängig.
## Neuland für die Richter
Juristisch betritt das Gericht nach Worten seines Vizepräsidenten Ferdinand
Kirchhof in dem Verfahren Neuland. Zu klären seien daher „zahlreiche
komplizierte und neue Fragen“, sagte er zum Auftakt. In dem Bereich gebe es
„bislang kaum verfassungsrechtliche Rechtsprechung“. Denn der Gesetzgeber
habe sich bei der Regelung der Konkurrenz im Arbeitnehmerlager bisher
zurückgehalten.
Bis zu einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2010 war das Motto „Ein
Betrieb – ein Tarifvertrag“ über Jahrzehnte gelebte Praxis. Wer sich
durchsetzt, wurde aber nicht an den Mitgliederzahlen festgemacht, sondern
an den jeweiligen Erfordernissen im Betrieb. Bis Mitte 2015 waren dann auch
Überschneidungen von Verträgen möglich.
Nahles betonte, das Gesetz solle „Anreize für Kooperation und Abstimmung“
schaffen. Es sei bedenklich und auch nicht im Interesse der Arbeitnehmer,
wenn Gewerkschaften mehr miteinander stritten als mit dem Arbeitgeber und
das Belegschaften entzweie.
Die Kläger befürchten, dass das Gesetz zu einer Monopolbildung unter den
Gewerkschaften führe. Die Arbeitgeber könnten künftig nur noch mit der
ihnen genehmen Gewerkschaft Verhandlungen aufnehmen und außerdem den
Zuschnitt des Betriebs ihren Interessen anpassen.
Die Verhandlung wird am Mittwoch fortgesetzt. Ein Urteil dürfte erst in
Monaten zu erwarten sein. (Az. 1 BvR 1571/15 u.a.)
24 Jan 2017
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