# taz.de -- Die Wahrheit: „Haben nicht über Trump geredet!“ | |
> Wer kümmert sich um den Mist, wenn die Welt nicht nur von einem | |
> soziopathischen Politikerimitator sondern auch sonst von Politikern frei | |
> wäre? | |
Jener ungläubige Satz, den wir vor zwei Wochen nach einem Abendessen bei | |
Freunden ausstießen, hallt mir noch im Ohr. Seitdem bestimmen Diskussionen | |
zu irren Dekreten die Welt und auf allen nachfolgenden Geselligkeiten hat | |
mir mindestens je ein Teilnehmer verschwörerisch grinsend den Wunsch | |
anvertraut, es möge bitte endlich jemand dieses Ekel Trump umbringen. | |
Präsidentenmord hätte in Amerika doch Tradition, freute sich jüngst | |
strahlend eine Bekannte, die sich selbst vermutlich als friedliebende, | |
lupenreine Demokratin sieht, und bewegte dabei neckisch einen imaginären | |
Pistolenabzug. | |
Da dachte ich noch, sie wäre ein sich für besonders originell haltendes | |
Einzelexemplar, aber inzwischen fühle ich mich immer öfter wie unter einer | |
Berliner S-Bahn-Brücke: Jederzeit vorbereitet, von Scheiße getroffen zu | |
werden. Wie jeder weiß, gibt es hier mehr Tauben als Bewohner, trotzdem bin | |
ich trotz täglich mehrmaliger Unterführungsquerung noch nie von einer | |
bekackt worden; in jeder halbwegs größeren Gesellschaft hingegen befindet | |
sich mindestens ein Möchtegern-Tyrannenmörder, der sich schneidig nach | |
einem Stellvertreter für seinen Attentatswunsch sehnt. | |
Ich bin eine Niete in Mathe und habe mir auf YouTube mal eine Erklärung der | |
Wahrscheinlichkeitsrechnung angesehen, weshalb ich behaupten kann: Sie hat | |
mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Was die Wahrscheinlichkeit angeht, | |
unerwünscht von geistigem Dünnpfiff oder von Vogelkot getroffen zu werden, | |
liegen die Vögel trotz zahlenmäßiger Überlegenheit weit hinten. | |
Ja, sorry Michelle Obama, when they go low, we go lower. Mike Pence, der | |
Rechtsaußen-Vize im Weißen Haus, hätte seine helle Freude. Sollte der | |
Wunsch meiner Gesprächspartner sich erfüllen, brächte es ihm nämlich die | |
Präsidentschaft und der radikalchristliche Schwulenhasser könnte endlich | |
mit allem aufräumen, was Trumps Buddy Steve Bannon dann noch für ihn übrig | |
gelassen hat. | |
Im Berliner Tagesspiegel beklagte jüngst eine Kolumnistin das galoppierende | |
Artensterben und sinnierte, ob es sich auch auf Politiker übertragen ließe. | |
So müsse man sich um Menschen wie Trump weniger Sorgen machen. Die krude | |
Logik mal beiseite: Wer kümmert sich dann um den Mist, den die nicht nur | |
von einem soziopathischen Politikerimitator, sondern komplett von | |
Politikern befreite Menschheit wohl verbocken würde? Und wie bitte will man | |
sich ohne Parlamente und Institutionen den Demokratieverächtern | |
entgegenstemmen, die längst nicht mehr nur spielen möchten? | |
In einer Szene von „Manhattan“ verkündet Woody Allen am Ende: „Gewalt ko… | |
bei Nazis wesentlich besser an als Satire. Mit Satire kann man auf | |
Schaftstiefel keinen sehr großen Eindruck machen.“ Definitiv. Ich möchte | |
mir bürgerliche Freiheit aber ungern erprügeln müssen. Deshalb fände ich es | |
gut, wenn die Politiker, die den Laden zusammenhalten, mit dem Aussterben | |
noch warten. Anstelle von Gequatsche könnten wir ihnen ja unsere Hilfe | |
anbieten. | |
2 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Pia Frankenberg | |
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