| # taz.de -- Die Wahrheit: Keine Beleidigung, bloß ein Adjektiv | |
| > Allein gegen die Gesetzmäßigkeiten der sozialen Medien zu stehen ist | |
| > schwierig. Genauso schwierig wie die Regeln der Sprache – weiß die AfD. | |
| Bild: Heiko Maas will die sozialen Netzwerke an die Leine nehmen | |
| Der Versuch, im Alleingang gesellschaftlich beliebten Ritualen zu entgehen, | |
| ist meistens aussichtslos. Beschließt man beispielsweise, den Jahreswechsel | |
| im Bett zu verpennen, statt enthemmt rumzufeiern, hat sich bei Twitter | |
| vermutlich längst eine Ritualverweigerer-Trendgruppe gebildet, die | |
| innerhalb einer Nanosekunde drei Millionen Follower findet und sich unter | |
| dem Hashtag #kissmyrituass oder etwas ähnlich Originellem zum Dauerschlaf | |
| verabredet. | |
| So was entgeht mir, weil ich hoffnungslos rückständig bin und beim Twittern | |
| ein Totalausfall, aber wann immer ich das Wort „Hashtag“ höre, muss ich an | |
| „Hash Browns“, die amerikanische Version von Rösti denken. | |
| Keine Ahnung, warum, unergründlich bleiben die Schaltstellen des | |
| menschlichen Gehirns, doch da Essen ja was Geselliges ist und Twitter als | |
| Teil der sozialen Medien moderne Geselligkeit verkörpert, warum nicht? | |
| ## Alarmierend unsozial | |
| Neulich klagte ein Freund, er empfinde die sozialen Medien als alarmierend | |
| unsozial, und ich dachte, vielleicht würde es ja helfen, eine Trendgruppe | |
| #Hashbrowns aufzumachen, wenn im endlosen Dauergezwitscher wieder über die | |
| Stränge geschlagen wird. | |
| Das gäbe der Hass- und Streitcommunity beim virtuellen Bratkartoffelessen | |
| die Gelegenheit, Pause zu machen und sich dabei wenigstens kurz das Maul zu | |
| stopfen. | |
| Andererseits ist es natürlich zu begrüßen, dass Menschen ihren Gedanken | |
| freien Lauf lassen, denn das führt nicht selten zu glänzenden Fundstücken, | |
| die es aus der virtuellen Medienwelt bis in die Zeitung schaffen. | |
| Diesmal fiel mir beim jahresendlichen Schreibtischaufräumen ein solches | |
| Juwel in die Hände: ein Ausschnitt, den ich vor Wochen beeindruckt in der | |
| Schublade für „Irres Zeug“ abgelegt hatte. | |
| ## „Das Wort nicht als Subjektiv benutzt“ | |
| Der Berliner AfD-Abgeordnete Andreas Wild hatte damals die Welt via | |
| Facebook wissen lassen: „Ich will mich nicht länger von verantwortungslosen | |
| Unfruchtbaren regieren lassen.“ | |
| Auf Nachfrage des Tagesspiegel antwortete er: „Ich habe nicht Frau Merkel | |
| als Unfruchtbare bezeichnet, ich habe das Wort als Adjektiv, nicht als | |
| Subjektiv benutzt.“ Auf die Frage, ob er es für angebracht halte, die | |
| Kanzlerin zu beleidigen, erklärte er anschließend schmissig: „Das ist keine | |
| Beleidigung, das ist ein Adjektiv gewesen!“ | |
| Man darf gespannt sein auf weitere Wortschöpfungen von der um den Erhalt | |
| des Deutschen besorgten AfD. Im Moment ist davon auszugehen, dass | |
| Sprachadjektivisten die sozialen Kanäle auch in diesem Jahr mit gequirltem | |
| Schwachsinn zumüllen werden. | |
| An dieser Stelle möchte ich jetzt noch einmal darauf hinweisen, dass der | |
| vorangegangene Satz Subjektive und Beleidigungen enthält, die aber als | |
| Adjektive benutzt werden! | |
| Wie sich das Regiertwerden durch kinderreiche Regentinnen anfühlen kann, | |
| lässt sich am verantwortungsvollen Regierungsstil der vierfachen Mutter | |
| Imelda Marcos oder der Hugenottenschlächterin Katharina von Medici – neun | |
| Blagen – nachlesen. Auf ein fruchtbares 2017! | |
| 5 Jan 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Pia Frankenberg | |
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