# taz.de -- Kolumne Habibitus: Nicht weiser, nur älter | |
> Nicht alles, was lange währt, wird endlich gut. Das zeigt die | |
> feministische Zeitschrift „EMMA“ zu ihrem 40. Geburtstag. | |
Bild: Immer noch tue ich mich schwer, linke Ansätze in Alice Schwarzers Publik… | |
Als ich in einem Kiosk zum ersten Mal die EMMA in der Hand hielt, war ich | |
17. Irgendwas mit Frauenrechten ging da ab, das war alles, was ich wusste. | |
Neugierig blätterte ich durch das Heft und es blieben ein paar Begriffe | |
hängen. Emanzipation. Kinderschänder. Nein zu Pornografie. Doch ich konnte | |
sie nicht einordnen. | |
Emanzipation ist eine gute Sache, Kindesmissbrauch schlecht. Bei | |
Pornografie dachte ich damals an den Playboy, den ich scheiße fand, aber | |
jetzt nicht so scheiße, dass er verboten werden müsste. | |
Trotz Zeckendasein konnte ich nicht festlegen, ob die EMMA links oder | |
rechts verortet war, denn das Phänomen von rechter Vereinnahmung | |
emanzipatorischer Themen kannte ich gut. Weil die Zeitschrift mehr als 5 | |
Euro gekostet hat und mir beim Überfliegen zu riskant schien, legte ich sie | |
zurück. | |
Ein knappes Jahrzehnt vergeht und diesen Monat feiert die EMMA ihren 40. | |
Geburtstag. Mittlerweile bezeichne ich mich als Queerfeministin, und immer | |
noch tue ich mich schwer, linke Ansätze in Schwarzers Publikation zu | |
finden. | |
## „Hetzfeministinnen“ | |
Die Inhalte einfach nur als bürgerlich abzustempeln, verharmlost, dass es | |
mehr Parallelen zu konservativen bis rechten Politiken gibt als zu linken. | |
Das fällt immer wieder auf, etwa wenn Schwarzer mit der Polizei | |
sympathisiert und erzählt, wie sicher sie sich abends in Anwesenheit der | |
Beamten fühlt. Als wäre Polizeigewalt ein urbaner Mythos. | |
Nun sorgen sie und ihre Kolleginnen mit einem Artikel über „Netzfeminismus“ | |
für viel Spaltung. Auf der einen Seite applaudieren AfD-Sympathisant_innen | |
und andere Rechte, auf der anderen hagelt es Kritik von Feminist_innen. | |
EMMA schreibt etwa, sogenannte „Netzfeministinnen“ seien eigentlich | |
„Hetzfeministinnen“, weil sie immer alle gleich fertigmachen, sobald sie | |
die „Szene-Linguistik“ nicht beherrschen, also wenn sie sich beispielsweise | |
weigern, die Geschlechteridentität von Menschen anzuerkennen. Hat | |
eigentlich mehr mit Respekt als Szenewissen zu tun, aber whatever, ne? | |
So regt sich EMMA auch darüber auf, als rassistisch bezeichnet zu werden, | |
wenn sie mal wieder Kanakinnen zugunsten von Abschiebungen | |
instrumentalisiert. | |
Liebe EMMA: Als Rassistin wird eine bezeichnet, die sich rassistisch | |
verhält. Das ist kein Schimpfwort, sondern ein Lifestyle, den du seit | |
langer Zeit gewählt hast. Und wenn wir schon bei Bezeichnungen sind: Wenn | |
man andere Frauen, darunter Transfrauen, Sexarbeiterinnen und Musliminnen, | |
diskriminiert, kann man das schon als Feminismus bezeichnen, cool ist es | |
trotzdem nicht. | |
Denn ich kann auch Lasagne machen und es Kartoffelgratin nennen, doch das | |
wäre Lügen und Lügen ist haram. EMMA ist nicht feministisch, sondern | |
imperialistisch. | |
## Zielscheibe | |
So etwas wie „Netzfeminismus“ gibt es übrigens auch nicht. Es ist weder | |
eine politische Strömung noch auf die von ihnen genannten Gruppen | |
zutreffend. Feminist_innen im Internet sind offline existierende Menschen | |
mit eigenen Kämpfen. | |
Sich Begriffe ausdenken, um eine Zielscheibe zu kreieren, ist kein neues | |
Konzept, ich weiß aber nicht, wie gern eine_r sich daran anlehnt, wo wir | |
Hetze doch so verurteilen? In dem Sinne: Happy Birthday, Bitch! | |
26 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Hengameh Yaghoobifarah | |
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