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# taz.de -- Die Wahrheit: Schmusen mit Blumenkohl
> Zur Hölle mit den guten Vorsätzen! Sie können einem den langweiligsten
> Monat des Jahres komplett vergällen. Wann ist endlich Februar?
Januar ist der Fliegenfurz unter den Monaten. Er ist nicht nur kältester
Monat, sondern auch langweiligster Monat des Jahres. Freunde und Bekannte
sind Totalausfälle, weil sie geistesschwach zu Silvester „gute Vorsätze“
gefasst haben. Schlägt man ihnen jetzt einen Kneipenbesuch vor, winken sie
ab. „Ich verzichte eine Weile auf Alkohol“, tönen sie lauthals, als ob sie
dafür die Heiligsprechung einfordern wollen.
Restaurantbesuche sind ebenfalls out. Die meisten Neujahrsvorsätze drehen
sich nämlich ums Abnehmen. Was machen diese abstinenten Kalorienzähler
eigentlich im Januar? Sie schneiden Mohrrüben in lustige Formen, kreieren
Weizengrascocktails und schmusen mit einem Blumenkohl. Überall stinkt es
nach Linsen. Es ist Veganuar.
Es ist der Monat, in dem Kaufhäuser ihre Ladenhüter loswerden. Sie
verzeichnen Rekordumsätze bei Personenwaagen, Nutribullets, luftgepufferten
Laufschuhen mit Schnellschnürsystem und Schüsseln, die wie der menschliche
Magen geformt sind. Die sollen veranschaulichen, wie viel in einen
hineinpasst. Im Februar landen die Schüsseln auf dem Dachboden, denn wer
will dauerhaft aus einem Verdauungsorgan essen?
Interessenverbände versuchen, die Leidensbereitschaft der Bevölkerung
auszunutzen. Fitnesscenter locken mit Sonderangeboten, Umweltorganisationen
drängen einem Baumpatenschaften auf, und sogar die irische Polizei hat eine
Idee: Man möge 2017 zum Jahr der Einbruchsvermeidung machen. Vielleicht
halten sich die Gangster ja wenigstens im Januar daran.
Schon die Römer machten ihrem Gott Janus allerlei Versprechungen. Der ist
ja der Namensgeber für diesen Drecksmonat. Vor langer Zeit hatte der Januar
nur 29 Tage. Doch Cäsar bescherte ihm bei seiner Kalenderreform zwei
zusätzliche Tage. Warum hat der Klotzkopf sie nicht dem Juli zugeschlagen?
Ist er in Wirklichkeit deshalb von Brutus erdolcht worden?
Früher hatte der Januar den anschaulicheren Namen „Hartmonat“. In Irland
wird fast ein Viertel aller Scheidungen im ersten Monat des Jahres
eingereicht. Laut Umfragen leiden 52 Prozent der Iren im Januar unter
Depressionen, Energiearmut und Motivationsschwäche. Regierungschef Enda
Kenny gehört nicht dazu, er hat Silvester einen guten Vorsatz gefasst: „Ich
habe mir vorgenommen, ein paar Stunden zu schlafen und erfrischt
aufzuwachen, um den vor uns liegenden Kampf für Irland weiterzuführen.“
Will er die Nation verblumenkohlen?
Die Hälfte des Monats ist zum Glück um. In zwei Wochen kommen die
vorübergehenden Tofufresser wieder aus ihrer selbstgewählten Gemüsehölle
und machen die abstinente, kalorienarme Zeit durch Trinkgelage und Völlerei
doppelt wett. Umfragen unter fränkischen Fleischern haben ergeben, dass
Anfang Februar die Nachfrage nach Schweinshaxen stets sprunghaft ansteigt.
Ich hatte Silvester übrigens den guten Vorsatz gefasst, niemals einen guten
Vorsatz zu fassen. Dieser gute Vorsatz ist wenigstens leicht einzuhalten.
16 Jan 2017
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irland
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