| # taz.de -- Tunesien im Kampf gegen IS-Rückkehrer: 800 Kämpfer sind bereits z… | |
| > Der Regierungschef Tunesiens kündigt eine harte Linie gegenüber | |
| > IS-Rückkehrern aus Kriegsgebieten an. Doch das Land tut sich schwer. | |
| Bild: Tunesiens Premierminister Youssef Chahed | |
| Tunis dpa | Tunesien will hart gegen Islamisten vorgehen und Rückkehrer aus | |
| Kriegsgebieten direkt festnehmen oder überwachsen lassen. „Wenn ein | |
| Terrorist zurückkommt, wird er verhaftet und unter den geltenden | |
| Anti-Terror-Gesetzen verfolgt“, sagte Tunesiens Regierungschef Youssef | |
| Chahed. Der Regierung lägen Listen mit Namen derjenigen vor, die sich im | |
| Ausland dem IS angeschlossen hätten. | |
| Nach Regierungsangaben kämpfen derzeit 2.900 Tunesier in Syrien oder dem | |
| Irak auf Seiten von Dschihadisten. Amerikanische Denkfabriken gehen von bis | |
| zu 7.000 tunesischen Kämpfern aus. Etwa 800 Kämpfer sind nach Angaben des | |
| tunesischen Innenministeriums bereits zurückgekehrt. | |
| Auch der mutmaßliche Attentäter von Berlin, Anis Amri, kam aus Tunesien. | |
| Amris Asylantrag in Deutschland war im Sommer abgelehnt worden. Er konnte | |
| wegen fehlender Papiere aus Tunesien zunächst jedoch nicht abgeschoben | |
| werden. | |
| „Man muss unterscheiden zwischen Terroristen und denjenigen, die ohne | |
| Papiere Tunesien verlassen haben und abgeschoben werden sollen“, sagte | |
| Chahed. Im Falle Amris habe sich Tunesien an die üblichen Prozeduren und | |
| Absprachen gehalten. „Wir haben in diesem Fall wie üblich kooperiert, das | |
| lief ideal.“ Es hätten keinerlei Erkenntnisse über eine Radikalisierung von | |
| Amri vorgelegen, sagte Chahed. „Er hat sich in Europa radikalisiert.“ | |
| ## „Terrorismus hat keine Nationalität“ | |
| Chahed sieht die deutsch-tunesischen Beziehungen durch das Attentat in | |
| Berlin mit 12 Toten und 53 Verletzten nicht nachhaltig beschädigt. „Unsere | |
| Beziehungen zu Deutschland sind sehr stark“, sagte der tunesische | |
| Ministerpräsident, der im August 2016 die Leitung der Regierung übernommen | |
| hatte. „Die Leute müssen verstehen, dass Anis Amri diesen barbarischen Akt | |
| nicht im Namen des tunesischen Staates ausgeführt hat“, sagte Chahed. „Er | |
| war ein Terrorist und repräsentiert nicht das tunesische Volk. Terrorismus | |
| hat keine Nationalität.“ | |
| Als oberste Priorität gelte es dennoch, der jungen Generation bessere | |
| Perspektiven zu bieten. Nach dem Arabischen Frühling 2010 sind viele junge | |
| Menschen inzwischen angesichts der wirtschaftlichen Probleme in Tunesien | |
| frustriert und desillusioniert. Laut einer aktuellen Studie des Forums für | |
| sozialökonomische Rechte denken 45 Prozent der befragten jungen Menschen | |
| aus einfachen Gegenden daran, Tunesien illegal zu verlassen. | |
| Von Januar bis November 2016 sind nach Angaben des Bundesamts für Migration | |
| und Flüchtlinge (BAMF) insgesamt 792 Asylanträge von Tunesiern abgelehnt | |
| worden. Chahed kündigte an, demnächst zu Gesprächen nach Berlin zu reisen. | |
| Zuvor werde Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Januar nach Tunesien | |
| kommen, sagte Chahed. | |
| Tunesien ist das Mutterland des Arabischen Frühlings und hat als einziges | |
| Land der arabischen Aufstände die Transformation zu einer parlamentarischen | |
| Demokratie geschafft. Allerdings kämpft das Land mit wirtschaftlichen | |
| Problemen und einer hohen Jugendarbeitslosigkeit. Im Jahr 2015 hatte es | |
| mehrere schwere Anschläge auf Touristenzentren und Sicherheitskräfte | |
| gegeben. | |
| 1 Jan 2017 | |
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