| # taz.de -- Cum-Ex-Betrug durch Banken: Die Finanzaufsicht hat geschludert | |
| > 12 Milliarden Euro soll ein Steuertrick der Banken den Staat gekostet | |
| > haben. Auch staatliche Behörden waren darin verwickelt. Wer wusste was? | |
| Bild: Unternehmer Carsten Maschmeyer (Mitte) ist als Zeuge vor den Ausschuss ge… | |
| Berlin taz | Damit hatten die Anwälte der Kanzlei Freshfields Bruckhaus | |
| Deringer nicht gerechnet: Der Untersuchungsausschuss im Bundestag zeigte | |
| Zähne und ließ die Kanzleiräume durchsuchen. „Offenbar kam rechtlichen | |
| Beratern eine Schlüsselrolle zu“, sagte der Ausschussvorsitzende | |
| Hans-Ulrich Krüger (SPD). Freshfields sei für Banken tätig gewesen, die | |
| „früh, lange und ausführlich Cum-Ex-Geschäfte betrieben“. | |
| Bis zu 12 Milliarden Euro hat der deutsche Staat zwischen 1999 und 2012 | |
| wegen dieses Steuertricks verloren. Seit Februar arbeitet der | |
| Untersuchungsausschuss an der Aufklärung. Was haben die Abgeordneten bisher | |
| gelernt? „Bei der Finanzaufsicht bestehen deutliche Defizite“, sagt Gerhard | |
| Schick. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen hatte großen Anteil daran, | |
| dass der Ausschuss eingerichtet wurde. | |
| Bei Cum-Ex-Geschäften zahlten Aktienbesitzer einmal Kapitalertragssteuer | |
| für die erhaltene Gewinnausschüttung, ließen sich diese aber mehrfach vom | |
| Finanzamt zurückerstatten. | |
| Möglich war der Trick, wenn die Aktien im Umkreis des Termins der | |
| Dividendenzahlung schnell hin und her verkauft wurden. Rechtlich gehörte | |
| dieselbe Aktie zum gleichen Zeitpunkt mehreren Leuten. Banken verteilten | |
| jeweils mehrere Bescheinigungen über angeblich gezahlte Steuer, obwohl | |
| diese nur einmal entrichtet worden war. Damit wiederum konnten die | |
| Investoren ihre Steuerschuld an anderer Stelle verringern oder eine | |
| Erstattung einfordern. | |
| Die Liste der Banken, die vermögende Privatpersonen wie Unternehmer Carsten | |
| Maschmeyer berieten, reicht von der Commerzbank über die HSH Nordbank, die | |
| Schweizer Privatbank Sarasin bis zur HypoVereinsbank (HVB). Laut | |
| Teilnehmern des Ausschusses räumte Theodor Weimer, seit 2009 | |
| Vorstandssprecher der HVB, ein, die Deals seien dort zwischen 2005 und 2008 | |
| „mit einer gewissen Systematik“ betrieben worden. | |
| ## Die Verantwortung des Spitzenmanagers | |
| Der Spitzenmanager erklärt, er habe den Skandal aufgearbeitet, nachdem er | |
| davon erfuhr. Schick sieht das anders: „Weimer hat dazu beigetragen, dass | |
| die Steuerexperten der HVB in Unkenntnis darüber blieben, was die | |
| Investmentbanker in London wirklich trieben.“ Deshalb sei der spätere | |
| Vorstandssprecher mitverantwortlich. | |
| Aber auch die staatlichen Institutionen sahen nicht gut aus. In der | |
| Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und dem | |
| Bundesfinanzministerium lagen früh Informationen vor, was gespielt wurde. | |
| Trotzdem passierte lange nichts. „Die Bafin unter der Leitung von Jochen | |
| Sanio hat weggeschaut“, so Schick. Sanio, Bafin-Chef bis 2011, erklärte im | |
| Ausschuss, für steuerliche Fragen sei seine Behörde nicht zuständig | |
| gewesen. | |
| Vermutlich bis kurz vor der Bundestagswahl 2017 will der Ausschuss | |
| weiterarbeiten. Über mögliche Folgen wird gestritten. Schick sagt: „Die | |
| Bafin muss die Finanzinstitute künftig auch im Steuerbereich im Hinblick | |
| auf kriminelles Handeln kontrollieren.“ Zudem fordert er „ein Gesetz zum | |
| Schutz von Tippgebern aus der Wirtschaft, das auch den Bereich Steuern | |
| abdeckt“. Philipp Graf Lerchenfeld (CSU), Vizevorsitzender des Ausschusses, | |
| dagegen meint: „Für die Verfolgung von Steuerkriminalität sind die | |
| Finanzämter, das Bundeszentralamt für Steuern und die Staatsanwaltschaften | |
| zuständig.“ | |
| So sind die politischen Konsequenzen kaum abzusehen. Durchaus absehbar ist | |
| dagegen, dass höchstens ein geringer Teil der vorenthaltenen Milliarden | |
| noch gezahlt werden wird. | |
| 30 Dec 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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