# taz.de -- Nach der Wahl in Gambia: Der Präsident bleibt renitent | |
> Im Januar soll er die Macht an den Wahlsieger übergeben. Das sieht | |
> Gewaltherrscher Yahya Jammeh immer noch nicht ein. | |
Bild: Banjul, am 2. Dezember: Anhänger des gewählten Präsidenten feiern dess… | |
COTONOU taz | Die Hoffnung auf einen friedlichen Machtwechsel in Gambia | |
scheint noch nicht ganz aufgegeben zu sein. So klingt es zumindest manchmal | |
aus Westafrikas kleinstem Staat, in dem rund zwei Millionen Menschen leben. | |
Gambia steht im Zentrum der regionalen Aufmerksamkeit, seit der seit 1994 | |
autokratisch regierende Präsident Yahya Jammeh erst am 2. Dezember völlig | |
überraschend seine Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen vom Vortag | |
eingestand – und dann eine Woche später das Gegenteil sagte und nun keine | |
Anstalten macht, sich wie vorgesehen am 19. Januar zugunsten des | |
Wahlsiegers Adama Barrow zurückzuziehen. | |
Die gambischen Journalistinnen Aisha Dabo und Ndey Tapha Sosseh | |
beispielsweise – beide leben im Exil, in Senegal und in Mali – versuchen | |
mit einer Petition, die bisherige First Lady Zineb Suma Jammeh für ihre | |
Seite zu gewinnen. Sie soll ihren Mann zum Rücktritt bewegen. Ähnliches | |
versuchen auch Gambias Kirchen: Zu Weihnachten und dem Jahreswechsel | |
fordern sie einen Dialog über Parteigrenzen hinweg und eine Lösung ohne | |
Blutvergießen. | |
Die scheint in Gambia seit drei Wochen jedoch immer unwahrscheinlicher zu | |
werden. Seit Jammehs Rücktritt vom Rücktritt sind alle Vermittlungsversuche | |
gescheitert | |
Zunächst wurde Präsidentin Ellen Johnson-Sirleaf, die verhandeln sollte, | |
nicht einmal die Landeerlaubnis in der Hauptstadt Banjul erteilt. Auch die | |
anschließend entsandte hochkarätige Delegation der westafrikanischen | |
Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaf) unter | |
Leitung des nigerianischen Präsident Muhammadu Buhari, die Jammeh zum | |
Amtsverzicht aufforderte, erreichte nichts. „Die westafrikanischen | |
Staatschefs können mich nicht einschüchtern“, soll Jammeh ihnen lokalen | |
Medienberichten zufolge gesagt haben. | |
## Armee auf Seite des Präsidenten | |
Ein recht großzügiges Ultimatum bis zum Ende seiner Amtszeit am 19. Januar | |
2017 haben die westafrikanischen Staaten Jammeh gesetzt. Bis dahin soll er | |
seinen Thron freiwillig verlassen. Andernfalls könnte die regionale | |
Ecowas-Eingreiftruppe ESF zum Einsatz kommen, heißt es. Der | |
Entsendebeschluss soll bereits unterschrieben sein. Auch die senegalesische | |
Armee – Gambia ist geografisch komplett von Senegal umgeben – ist in | |
Alarmbereitschaft. | |
Dabei hatte sich der westafrikanische Staatenbund über Jahre kaum um das | |
wirtschaftlich und politisch eher bedeutungslose Gambia gekümmert. Auch | |
jetzt in seiner Ansprache zum Jahresende nannte Ecowas-Präsident Marcel De | |
Souza die Situation lediglich „besorgniserregend und mit offenem Ausgang“. | |
Klare Worte gegen Langzeitherrscher und dubiose politische Praktiken | |
fehlten. | |
In Banjul selbst dürfte Jammeh weiterhin auf Unterstützer setzen können. | |
Unter anderem schlug sich die Ex-Sprecherin des Parlaments, Fatoumatta | |
Jahumpa Ceesay, auf seine Seite und verkündete in einem Gespräch mit dem | |
Sender Freedom Radio ihre Loyalität. | |
Bisher gilt auch die Armee als Unterstützer des Präsidenten. | |
Oppositionsführer und Wahlsieger Adama Barrow wird Berichten zufolge | |
engmaschig vom Geheimdienst überwacht. Autokonvois müssen vorab genehmigt | |
werden, was Proteste abschrecken soll. Die Wahlkommission, die Jammehs | |
Wahlniederlage proklamiert hatte, wurde von Soldaten besetzt und | |
geschlossen. | |
## Vor dem Bürgerkrieg? | |
Steht Gambia nun ein Bürgerkrieg bevor? Darüber spekulieren auch | |
Journalisten im Land. Manchmal wird er für die einzige – wenn auch alles | |
andere als optimale – Möglichkeit gehalten. Freiwillig, so wird befürchtet, | |
würde Jammeh schließlich nie abdanken. | |
Lässt man ihn aber gewähren, dann könnte eine neue Gewaltherrschaft viel | |
schlimmere Ausmaße annehmen als die bisherige. Der heute 51-jährige Jammeh | |
entmachtete 1994 bei einem Militärputsch Gambias ersten Präsidenten Dawda | |
Kairaba Jawara. Zwei Jahre später wurde er zum Staatsoberhaupt gewählt. Bei | |
Wiederwahlen wurden Herausforderer stets frühzeitig ausgeschaltet. | |
Menschenrechtsorganisationen beklagten zahlreiche Verhaftungen von | |
Oppositionellen, Vertretern der Zivilgesellschaft und Journalisten. Seit | |
der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1965 ist es in Gambia zwar | |
noch nie zu einem Bürgerkrieg gekommen – aber auch noch nie zu einem | |
friedlichen Machtwechsel. | |
30 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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