# taz.de -- Stasi-Debatte um Bau-Staatssekretär: Linke: „Natürlich“ an Ho… | |
> Die Stadt diskutiert über die Vergangenheit des designierten | |
> Staatssekretärs Andrej Holm. Opposition spricht von | |
> „Geschichtsvergessenheit“. | |
Bild: Sorgt mal wieder für Gesprächsstoff: Die Biografie des künftigen Staat… | |
Die Stasi-Debatte über Andrej Holm sorgt für heftige Diskussionen im | |
politischen Berlin. Vergangenen Mittwoch hatte die Linkspartei ihre | |
KandidatInnen für die Staatssekretärsposten vorgestellt. Zwei Tage später | |
kritisierte ein Blog der Tageszeitung FAZ die – allerdings seit Langem | |
bekannte und von Holm selbst thematisierte – Stasi-Vergangenheit des | |
Soziologen und scharfen Gentrifizierungskritikers. | |
Die Debatte nahm noch einmal Fahrt auf, als auch die komplette Stasi-Akte | |
Holms im Netz auftauchte. Während die Opposition aus CDU und AfD die | |
Gelegenheit sogleich nutzte, um die Personalie scharf zu kritisieren, steht | |
das linke Lager demonstrativ geschlossen hinter der Personalentscheidung. | |
„Wir haben uns schon öfter mit Andrej solidarisch gezeigt und wir sind auch | |
jetzt solidarisch mit dir“, sagte die neue Landesvorsitzende Katina | |
Schubert am Samstag auf dem Landesparteitag in Adlershof. Holm habe „weder | |
gespitzelt noch zersetzt“. | |
Tatsächlich hatte Holm bereits 2007 in einem Interview mit der taz offen | |
über seine Vergangenheit im Ministerium für Staatssicherheit gesprochen: | |
Nach einer kurzen militärischen „Grundausbildung“ sei er in ein Büro der | |
bezirklichen „Auswertungs- und Kontrollgruppe“ abgeschoben worden und habe | |
dort im Wesentlichen „Betriebsberichte gelesen“. Der 46-jährige Holm, | |
dessen Eltern überzeugte SED-Anhänger waren, war erst kurz vor dem | |
Mauerfall am1. September 1989 als Offiziersschüler eingestellt worden. | |
## „Ein Recht auf Irrtum“ | |
Linken-Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher kündigte am Montag eine | |
„Regelüberprüfung“ bei der Stasiunterlagenbehörde an. „Da es sich um e… | |
kurzen Zeitraum handelt, hoffen wir, dass es schnell geht.“ Dieses | |
Verfahren sei bei Staatssekretären üblich. Zugleich nahm Lompscher Holm in | |
Schutz. „Wir alle haben ein Recht auf Irrtum und darauf, unsere Irrtümer zu | |
korrigieren. Allemal gilt das für junge Leute.“ | |
Dieser Argumentation mochte die Opposition am Montag nicht folgen. Die | |
CDU-Fraktion forderte den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) in | |
einem offenen Brief auf, die Ernennung Holms zum Staatssekretär „zu | |
unterlassen“. Die Personalie Holms sei ein „Tabubruch“ und zeuge von | |
„Geschichtsvergessenheit“ – insbesondere da Holm aus freien Stücken | |
Stasi-Mitarbeiter geworden sei. Fraktionschef Florian Graf kritisierte auch | |
Holms vermeintliche Mitgliedschaft in der linksextremen „militanten | |
Gruppe“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Ein entsprechendes | |
Gerichtsverfahren wurde 2010 eingestellt. | |
AfD-Fraktionschef Georg Pazderski sprach von einer „Ohrfeige für die Opfer | |
des SED-Regimes“. Und auch der Leiter der Stasi-Gedenkstätte in | |
Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, kritisierte die Personalie scharf: „Mir | |
ist kein Fall aus der Vergangenheit bekannt, dass ein Regierungsmitglied in | |
Bund und Ländern einen Stasi-Ausweis besessen hätte.“ | |
Andrej Holm äußerte sich am Montag per Twitter: Er habe „großen Respekt“ | |
vor allen, die in der DDR aufbegehrt hätten – „mir selbst hat dieser Mut | |
gefehlt“. | |
## Grüne: „Derzeit alles gesagt“ | |
Keine offene Kritik an Holm, aber auch keine wirkliche Rückendeckung kam | |
derweil aus den Lagern von Grünen und SPD. Aus der Senatskanzlei des | |
Regierenden hieß es, die Personalien der Staatssekretäre seien am heutigen | |
Dienstag Thema im Senat, vorher werde man sich nicht äußern. Ähnlich | |
äußerte sich auch eine Sprecherin der Fraktion. | |
Die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek ließ mitteilen, zu Holm sei „derzeit | |
alles gesagt“. Man habe „zur Kenntnis genommen, dass er sich bereits in der | |
Vergangenheit offen und selbstkritisch mit seiner Biografie und seiner | |
Entscheidung als Jugendlicher auseinandergesetzt hat“. Nun wolle man die | |
angekündigte Überprüfung bei der Stasiunterlagenbehörde abwarten. | |
Bei den Linken gibt man sich derweil gelassen. Die stellvertretende | |
Landesvorsitzende Sandra Brunner sagte der taz, dass man | |
„selbstverständlich“ an einem Staatssekretär Holm festhalte – und darin | |
auch keine Hypothek für den jungen rot-rot-grünen Senat sehe. | |
Linken-Fraktionschefin Carola Bluhm sagte, die Opposition | |
„instrumentalisiere“ den Fall Holm. „Das ist extrem antiaufklärerisch �… | |
Gegensatz zum offenen Umgang Andrej Holms mit seiner Stasi-Biografie.“ | |
12 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
## TAGS | |
Andrej Holm | |
Staatssekretär | |
Stasi-Vergangenheit | |
Geheimdienst | |
Andrej Holm | |
Andrej Holm | |
Andrej Holm | |
Andrej Holm | |
R2G Berlin | |
Andrej Holm | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
25 Jahre Stasi-Unterlagen-Gesetz: Ein Erbe aus 5.340 Tonnen Papier | |
Monströse Ausmaße: Die Stasiakten belegen, wie konsequent der | |
DDR-Geheimdienst gegen jede Opposition im eigenen Land vorging. | |
Stasi-Vergangenheit des Staatssekretärs: Andrej Holm bleibt im Amt | |
Berlins umstrittener Staatssekretär Andrej Holm darf trotz | |
Stasi-Vergangenheit erst einmal bleiben. Geht nicht, sagen Kritiker. Die | |
Koalition hat ihre erste Krise. | |
Kommentar Andrej Holm: Die Stasi als Verbündeter | |
Woran erinnert das lächerliche polittaktische Getue um den Berliner | |
Staatssekretär für Wohnen, Andrej Holm? An alte Wahrheiten. | |
Kommentar Stasiakten von Andrej Holm: Bürokratie statt Gerechtigkeit | |
Ob sich Andrej Holm als Staatssekretär im Berliner Bausenat halten kann, | |
ist ungewiss. Andere sind über weit harmlosere Akten gestolpert. | |
Rot-Rot-Grün in Berlin: Holm ist jetzt Staatssekretär | |
Der Senat gibt grünes Licht für die Ernennung des umstrittenen Soziologen – | |
wie bei Staatssekretären üblich vorerst auf Probe. | |
Andrej Holm über Berliner Mietenpolitik: „Die Revolution ist notwendig“ | |
Der Stadtsoziologe Andrej Holm wird Staatssekretär für Wohnen in Berlin. | |
Der Aktivist hofft auf eine weiterhin unzufriedene mietenpolitische | |
Bewegung. | |
Kommentar Berlins Staatssekretär Holm: Die Gentrifizierungskritik in Person | |
Holm analysierte stets so scharf, dass ihn die Justiz für einen Terroristen | |
hielt. Seine Berufung zeigt, dass Rot-Rot-Grün etwas ändern will. | |
Vom Staatsschutz verfolgter Andrej Holm: "Was für eine Zeitverschwendung!" | |
Wegen angeblicher Unterstützung von Terroristen war Holm drei Wochen in | |
Untersuchungshaft. Ein Gespräch über den Einbruch des Verdachts ins Leben, | |
den Knastalltag und die Solidarität. |