# taz.de -- Kommentar Fidel Castros Tod: Fidel bleibt Kuba | |
> Castro hat es geschafft, einen Machtapparat aufzubauen, der sich auch | |
> ohne ihn selbst zu erhalten weiß. Das ist das Erbe, das jetzt auf Kuba | |
> lastet. | |
Bild: Unsterblich, auch über den Tod hinaus: Fidel Castro | |
Noch vor ein paar Jahren wäre die Nachricht vom Tod Fidel Castros mehr | |
gewesen als ein Ansporn zu Nachrufen und geschichtlichen Betrachtungen. Das | |
war, als Fidel noch nicht nurmehr Mythos und verklärter – geliebter oder | |
verhasster – Patriarch der kubanischen Revolution war. Das war, als er | |
nicht historische, sondern zentrale Figur Kubas war, ohne deren Zustimmung | |
oder gar gegen deren Willen auf der Insel keine wichtige Entscheidung | |
getroffen werden konnte. | |
Sowohl [1][die Freudenfeiern in Miami] als auch die bange Frage „Und was | |
wird jetzt?“, die am Samstag viele Kubaner*innen von der Insel auf ihre | |
Facebook-Profile posteten, beziehen sich auf das alte Bild von Fidel. Sind | |
genauso aus der Zeit gefallen, wie es Castro selbst schon war. | |
Trotzdem bewegt die Nachricht. Denn Castro hat auf eine Art Geschichte | |
geschrieben, die nicht kalt lässt. Generationen von Kubaner*innen sind | |
unter seiner unumstrittenen Führung groß geworden. Ob Kubas | |
Errungenschaften gelobt oder die Verwerfungen angeprangert werden – | |
Bezugspunkt ist immer Fidel. Wann sie das erste Mal in ihrem Leben von | |
Fidel hörten, wird niemand auf Kuba mehr wissen, der jünger als 70 ist. An | |
den Moment aber, als sie von Fidels Tod erfuhren, werden sich alle | |
Kubaner*innen für den Rest ihres Lebens erinnern können. | |
„Fidel ist Kuba“ propagiert Kubas Regierung auch nach seinem Ableben – und | |
an dem Spruch ist was dran, in seiner ganzen Schrecklichkeit. Heute ändert | |
sein Tod in Kuba nichts mehr, und weltweit auch nicht. Die Entkoppelung der | |
Machtstrukturen von seiner Präsenz vor zehn Jahren hat funktioniert. | |
Generationen von US-Strategien, die sich an diesen Moment knüpften, sind | |
ins Leere gelaufen. Fidel Castro hat es geschafft, einen Machtapparat | |
aufzubauen, der sich auch ohne ihn selbst zu erhalten weiß. | |
Das ist das Erbe, das auf Kuba jetzt lastet. Eine Bürokratie, in der sich | |
niemand traut, Entscheidungen zu treffen. Ein Land, dem seine | |
bestausgebildeten jungen Leute baldmöglichst den Rücken zukehren. Ein Land, | |
das die nationale Unabhängigkeit – von den USA – propagierte, nur um sich | |
in immer neue Abhängigkeiten zu begeben. Eine autoritäre Regierung, die | |
keinen Widerspruch duldet, ja nicht einmal das Benennen der eigenen | |
Widersprüche, die jeden Tag offensichtlicher werden. Ein Führungsmodell, | |
dessen Intransparenz die öffentliche und offene Debatte unter Kubaner*innen | |
unmöglich macht. | |
Unter Linken weltweit bleibt von Fidel jener David, der elf Goliaths | |
überstand, elf US-Präsidenten, und ein paar Hundert CIA-Mordversuche. | |
Jener, der bei seinen Reden in der UN-Generalversammlung und als | |
Führungspersönlichkeit der Blockfreien-Bewegung kompromisslos die | |
Interessen des Globalen Südens gegen den Imperialismus vertrat. Der als | |
Freund Nelson Mandelas die Apartheid in Südafrika bekämpfte, in ganz | |
Lateinamerika Befreiungsbewegungen unterstützte. | |
„Viva Fidel!“ Es ist ein schönes Bild, aber es ist ein Zerrbild. Eine | |
kubanische Freundin sagte vor kurzem: „Ich verstehe die Idee, sie ist gut. | |
Aber ich rate euch: kommt nicht nach Kuba, um sie euch anzusehen. Es wäre | |
zu enttäuschend.“ | |
27 Nov 2016 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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