# taz.de -- Die Linkspartei im Saarland: Oskar Lafontaine bleibt oben | |
> Lafontaine hatte mit der Bekanntgabe seiner Kandidatur lange gezögert. | |
> Nun wird er die Linkspartei im Saarland doch wieder in die Landtagswahl | |
> führen. | |
Bild: Erwartungsgemäß folgte die Versammlung Lafontaines (l.) Forderung und w… | |
SAARBRÜCKEN taz | Das Banner auf dem Podium des Saarbrücker Congresscenters | |
nahm das Ergebnis der Landesversammlung der Linken vorweg: „Oskar | |
Lafontaine, klare Ansage für unser Land!“ stand da in weißen Lettern auf | |
rotem Grund. Dabei hatte der amtierende Landtagsfraktionschef seine | |
Bereitschaft zu einer erneuten Kandidatur von einer Personalie abhängig | |
gemacht, die erst dieser Parteitag entscheiden musste. | |
Erwartungsgemäß folgte die Versammlung Lafontaines Forderung und wählte | |
dessen früheren Regierungssprecher Jochen Flackus auf den aussichtsreichen | |
Platz zwei der Liste. Der Wirtschaftsfachmann Flackus erhielt 86,8 Prozent, | |
obwohl Platz zwei der Landesliste nach der Satzung eigentlich einer Frau | |
zugestanden hätte. Lafontaine selbst erreichte für seine Verhältnisse | |
bescheidene 89,5 Prozent. | |
Die Vehemenz, mit der er auf die Listenaufstellung Einfluss genommen hatte, | |
war wohl nicht bei allen angekommen. Im Wahlkreis Saarbrücken war zuvor | |
seine frühere Pressesprecherin, die ehemalige Tennisspielerin Claudia | |
Kohde-Kilsch durchgefallen und hatte sich anschließend über „Intrigen“ | |
beklagt. Sie sei „wie eine heiße Kartoffel“ fallen gelassen worden, hatte | |
sie getwittert, ohne Lafontaine persönlich zu nennen. | |
Auf Platz drei kandidiert die Landtagsabgeordnete Birgit Huonker. Der alte | |
und neue linke Spitzenkandidat hatte die Landesversammlung mit scharfen | |
Attacken auf die Regierenden in Bund und Land eröffnet. „Die Landespolitik | |
schläft seit zehn Jahren“, sagte Lafontaine. Er machte Ministerpräsidentin | |
Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU, persönlich für „Pannen und Pleiten“ ihrer | |
Regierung verantwortlich. Er beklagte die Millionenverluste einer aus | |
Landesmitteln finanzierten Fischzuchtanlage, ein vom Land bezahltes | |
Studentenwohnheim, das seit Jahren leerstehe und den Museumsneubau | |
„Pavilion“, der viermal soviel koste, wie geplant. „Wenn jemand in der | |
Privatwirtschaft so viel Geld verbrannt hätte, wäre er längst seinen Posten | |
als Geschäftsführer los“, rief Lafontaine. | |
## Die Linke soll für Investitionen sorgen | |
Ausdrücklich warb der Vormann der saarländischen Linken für eine | |
Regierungsbeteiligung seiner Partei im Saarland nach der Landtagswahl im | |
März nächsten Jahres. „Es fehlen im Saarland seit Jahren | |
Leitinvestitionen“, sagte Lafontaine und erinnerte an die Projekte seiner | |
Zeit als sozialdemokratischer Ministerpräsident. In Regierungsverantwortung | |
würden die Linken wieder für Investitionen sorgen, versprach Lafontaine. | |
Als Modell dafür nannte er die erfolgreiche Umwandlung der Saarwerke in | |
eine Stiftung. „Die Investitionen bleiben im Betrieb, die Entscheidungen | |
fallen im Saarland und nicht irgendwo sonst, die Finanzhaie sind draußen.“ | |
Lafontaine deutete an, dass er im Bund nicht mit Rot-Rot-Grün rechne: „Die | |
Linken treten als einzige Partei im Bundestag gegen Sozialabbau und Krieg | |
ein!“, sagte er und beschuldigte die sozialdemokratischen und | |
sozialistischen Parteien Europas, die Seiten gewechselt zu haben. „Früher | |
galt wir gegen die, wir – das waren die Arbeitnehmer und Gewerkschaften, | |
die – das waren Arbeitgeber und Konservativen“. Mit den Hartzgesetzen | |
hätten SPD und Grüne das Programm der Unternehmerverbände besorgt, so der | |
Linke. Weil es für die Arbeitnehmer keine Adresse mehr gebe, sei der | |
Rechtspopulismus in Europa erstarkt: „Ohne die Linken wäre die AfD noch | |
stärker!“, so Lafontaine. | |
Bis zuletzt hatte Lafontaine seine Entscheidung für die Spitzenkandidatur | |
hinausgezögert, offenbar nicht wegen seines hohen Alters. „Wenn ich Mike | |
Jagger auf der Bühne herumhopsen sehe – der ist wie ich 73 – und wenn ich | |
mit meiner Frau Sahra Wagenknecht am Wochenende 100 Kilometer durch die | |
Gegend radele, ohne Motorunterstützung, dann scheint es doch einigermaßen | |
zu gehen“, sagt Lafontaine. | |
19 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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