# taz.de -- Nachruf auf Peter Hintze: Einer, der gern stritt | |
> Der CDU-Politiker und Bundestagsvizepräsident trat für seine | |
> Überzeugungen ein. Das heißt nicht zwingend, dass er ein Rechthaber war. | |
Bild: Er war ein Vertrauter von Angela Merkel: Peter Hintze | |
Seine Stimme kratzte, die rechte Hand, die wieder und wieder nachdrücklich | |
aufs Pult pochte, zitterte sichtlich. Jeder im Plenarsaal des Bundestags | |
konnte sehen: Da vorne steht ein kranker Mann. | |
Es war der 6. November 2015, Peter Hintze sprach zu den Abgeordneten. | |
Gemeinsam mit SPD-Politikern warb er – der einstige Pfarrer, altgediente | |
CDU-Politiker und jetzige Vize-Bundestagspräsident – für die Sterbehilfe | |
mit ärztlicher Hilfe. „Der Kern der Menschenwürde ist die | |
Selbstbestimmung“, sprach er schwer atmend, „wir sind die Volksvertreter. | |
Vertreten wir das Volk!“ | |
Dass Peter Hintze einmal für die Sterbehilfe plädieren und gegen das Verbot | |
der Präimplantationsdiagnostik kämpfen würde, war früher eher nicht | |
absehbar. Die Krankheit, der Krebs, sagen Wegbegleiter, habe ihn verändert. | |
Gerade in der Bioethik habe Peter Hintze zuletzt unerwartet liberale | |
Positionen vertreten. Bei der Frage nach dem Lebensbeginn und dessen Ende | |
sei ihm alles zuwider gewesen, was auch nur den Anschein von Paternalismus | |
hatte. Er wollte, dass jede und jeder selbst über sich bestimmen darf, dass | |
der Staat den Rahmen und die Bedingungen schafft, aber sich sonst | |
zurückhält. | |
Für diese Überzeugung hat er gekämpft. Nicht verbissen. In seiner Rede vom | |
November 2015 bat er denn auch um die Unterstützung der KollegInnen, statt | |
sie zu fordern: „Es ist ein Gebot der Nächstenliebe, den Sterbenden beim | |
friedlichen Entschlafen zu helfen.“ | |
## Schockierte Reaktionen | |
Auf die Nachricht von Peter Hintzes Tod reagierten viele Weggefährten | |
erschüttert. Angela Merkel, die 1998 seine Nachfolge als | |
CDU-Generalsekretär antrat, sagte, Hintze sei „ein Mann der offenen Worte, | |
aber auch des Ausgleichs“ gewesen. Hintzes Kollegin im Bundestagspräsidium, | |
Petra Pau von der Linken, twitterte: „Früher stritten wir über rote Socken, | |
später hörten wir einander zu, warben um Respekt und Demokratie.“ | |
Tatsächlich hatte Hintze im Bundestagswahlkampf 1994 versucht, mit einer | |
„Rote Socken“-Kampagne die damalige PDS zu diffamieren. Der Effekt war, | |
dass sich die linke Partei dank ihm selbstbewusst profilierte. Als er 1998 | |
eine „Rote Hände“-Kampagne nachschob, wurde ihm das als eine Ursache für | |
den Wahlsieg von Rot-Grün angekreidet. Kurze Zeit später trat er zurück. | |
Es gibt immer mal wieder Politiker, die nicht ins Freund-Feind-Schema | |
passen wollen. Sie sind streitbar, sie polarisieren, sie sind aber auch | |
bereit für Veränderungen. Und meist verfügen sie über Sinn für | |
Selbstironie. Peter Hintze war solch ein Mensch. In der Nacht zum Sonntag | |
ist er mit 66 Jahren verstorben. | |
27 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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