# taz.de -- Silvio-Meier-Demo in Berlin: Die Szene zeigt Präsenz | |
> Nach dem Ausflug nach Marzahn fand die Gedenk-Demo wieder in | |
> Friedrichshain statt. Sie war bunt, laut und weitgehend ungestört. | |
Bild: Bunt war's: Bengalos am Rande der Silvio-Meier-Demo am Samstag | |
Über der Silvio-Meier-Straße zerplatzen Feuerwerksraketen, auf den Dächern | |
zünden Autonome unter dem Jubel der DemonstrantInnen Bengalos. | |
„Entschlossen. Radikal. Offensiv“ – unter diesem Motto startet die | |
diesjährige Demo zum Gedenken an Silvio Meier mit mehreren tausend | |
DemonstrantInnen am U-Bahnhof Samariterstraße, wo der linke Hausbesetzer | |
vor 24 Jahren von Neonazis erstochen wurde. | |
„Hoch die internationale Solidarität“, skandieren die Demo-TeilnehmerInnen, | |
und: „Solidarität heißt Widerstand“. Ada sitzt auf den Schultern ihres | |
Vaters und beobachtet mit glänzenden Augen die Bengalos. Die Fünfjährige | |
ist eine der jüngsten DemonstrantInnen. Worum es bei dem Protest geht, weiß | |
sie nicht, aber Demos findet sie gut. Etwas neidisch schaut sie einem | |
kleinen Jungen hinterher, der, ebenfalls auf den Schultern seines Vaters | |
sitzend, eine Fahne schwenkt. „Nächstes Jahr will ich auch eine Fahne“, | |
sagt sie zu ihrem Vater. | |
Es sei an der Zeit, dass die antifaschistische Bewegung wieder in die | |
Offensive komme, heißt es im Demo-Aufruf. „Ihr seid viele heute Abend“, | |
schallt es vom Lauti-Wagen. „Es liegt einzig an uns, die Nazis im Auge zu | |
behalten“, ruft der Sprecher den Demo-TeilnehmerInnen in Erinnerung. | |
Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, Angriffe auf politisch | |
Andersdenkende, Nazi-Parolen: 24 Jahre nach dem Tod von Silvio Meier werde | |
Rassismus immer salonfähiger. „Besetzt Häuser, geht in die Kieze, legt den | |
Nazis das Handwerk“, fordert er die Menge auf. | |
Sebastian, der seinen Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will, war auch | |
vergangenes Jahr dabei. „Dass es so eine linke Tradition gibt, ist | |
wichtig“, sagt er. Wie sinnvoll Demonstrationen durch einen alternativen | |
Stadtteil wie Friedrichshain seien, um rassistische Strukturen zu | |
bekämpfen, sei die Frage. Sebastian ist überzeugt: „Wir müssen auch auf | |
anderen Ebenen gegen die Rassisten mobilisieren.“ Charlotte, die neben ihm | |
läuft, wirft ein: „Präsenz zeigen ist wichtig. Jetzt erst recht.“ | |
Nachdem die Silvio Meier-Demo im vergangenen Jahr erstmals durch Marzahn | |
gezogen ist, haben die Veranstalter dieses Jahr wieder zur traditionellen | |
Demoroute durch Friedrichshain aufgerufen. Dazwischen liegen die heißen | |
Wochen der rechtswidrigen Teilräumung der Rigaer Straße 94 und wochenlange | |
Straßensperrungen im vergangenen Frühsommer. | |
Die traditionelle Gedenkdemo wieder nach Friedrichshain zu verlegen, kann | |
vor diesem Hintergrund auch als klares Signal der linken Szene an den Senat | |
verstanden werden: Die Rigaer Straße bleibt widerständig. Die Polizei hält | |
sich an diesem Abend zurück. | |
An der Fassade eines Hauses in der Rigaer Straße hängt ein Banner mit den | |
Worten „Wenn Henkel die Mitte ist, kann ich nur linksextrem sein“. Auf dem | |
Dach der Rigaer Straße 94 zünden Linke Bengalos. Die Bewohner der Straße | |
beobachten den Protestzug von ihren Fenstern aus. | |
Gegen acht Uhr lösen die Veranstalter die Demo am Boxhagener Platz | |
unerwartet auf. Einige DemonstrantInnen ziehen spontan weiter die | |
Grünberger Straße entlang. Sie werden von der Polizei zurückgedrängt, weil | |
sie von der ursprünglichen Demoroute abweichen. Nach etwa einer Stunde | |
zerstreuen sich die Demo-TeilnehmerInnen. Der Protestzug verlief nach | |
Polizeiangaben weitgehend friedlich. | |
27 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Elisabeth Kimmerle | |
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