# taz.de -- Gewalttat in Hameln: Polizei wusste von Bedrohung | |
> Ein Mann hat versucht, die Mutter seines Kindes hinzurichten, bedrängt | |
> hat er sie seit Monaten. Die Polizei sagt, sie habe alles für den Schutz | |
> der Frau getan. | |
Bild: Tatort Hameln: Hier soll eine Mann seine Ex-Lebensgefährtin fast zu Tode… | |
HANNOVER taz | Die 28-Jährige, die vom Vater ihres Kindes durch | |
Messerstiche schwer verletzt und danach mit dem Auto hunderte Meter mitten | |
durch Hameln geschleift wurde, ist von dem Täter offenbar seit Monaten | |
bedroht worden. Erst am vergangenen Freitag habe die Frau Anzeige gegen | |
ihren ehemaligen Lebensgefährten erstattet, bestätigte der Sprecher der | |
zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover, Thomas Klinge. | |
Dabei habe die Frau ausgesagt, dass der 38-Jährige bereits am 22. Oktober | |
ultimativ verlangt habe, nicht mehr mit Unterhaltsforderungen konfrontiert | |
zu werden, sagte Oberstaatsanwalt Klinge: „Sonst wird einer von uns nicht | |
mehr leben“, habe der Mann gedroht – und dies „auch gegenüber der Anwäl… | |
der Frau wiederholt“. | |
Täter und Opfer hatten sich am Sonntagabend zur Übergabe ihres zweijährigen | |
Sohns am Wohnhaus der Frau in der Hamelner Südstadt getroffen. Nach einem | |
Streit soll der Mann zunächst auf seine Ex-Partnerin eingestochen haben – | |
ein Stich verfehlte offenbar das Herz nur knapp. Auch die Milz soll | |
verletzt worden sein. Danach soll der Mann ein Seil um den Hals der Frau | |
gebunden haben und sie an der Anhängerkupplung seines Autos rund 250 Meter | |
mit hoher Geschwindigkeit über die König- und die Kaiserstraße geschleift | |
haben – teilweise über Kopfsteinpflaster. | |
## Eine Zeugin trat dem Täter entgegen | |
Zuvor hatte die 28-Jährige so laut um ihr Leben geschrien, dass | |
AnwohnerInnen ans Fenster eilten. Einer Zeugin, die den Mut hatte, sich dem | |
Mann entgegenzustellen und drohte, die Polizei zu alarmieren, soll er nur | |
ein kaltblütiges „Mach doch“ entgegnet haben. Überlebt hat die Frau | |
offenbar nur, weil sich das Seil in einer Kurve vom Auto löste. Am Mittwoch | |
schwebte sie weiter in Lebensgefahr. Ihr zweijähriges Kind, das während der | |
Tat auf dem Rücksitz des Wagens saß, wird vom Jugendamt betreut. | |
Oberstaatsanwalt Klinge betont nun, die Polizei habe alles in ihrer Macht | |
stehende unternommen, um die 28-Jährige zu schützen. Unmittelbar nach der | |
Anzeige seien zwei Polizeibeamte zur Wohnung des Täters im rund 20 | |
Kilometer entfernten Bad Münder gefahren. Dort sei eine | |
„Gefährderansprache“ durchgeführt worden, bei der sich der 38-Jährige �… | |
einsichtig“ gezeigt habe. | |
Außerdem soll die Frau bei ihrer Anzeige gesagt haben, sie fühle sich von | |
ihrem Ex-Lebensgefährten nicht unmittelbar bedroht. „Womit hätte ein | |
Haftbefehl begründet werden sollen?“, fragte Klinge – schließlich sei der | |
Täter „strafrechtlich völlig unvorbelastet“ gewesen. Im | |
Bundeszentralregister sei „kein einziges Verfahren“ gegen den Mann | |
gespeichert, sagte Klinge. | |
Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sagte dagegen, der | |
38-Jährige sei immer wieder durch Straftaten aufgefallen, aber dennoch | |
nicht in Haft gewesen. Wendt nutzte den Fall für massive Kritik an der | |
seiner Meinung nach zu täterfreundlichen Justiz. „Es wird sich ein Richter | |
finden, der ihm auch jetzt wieder eine positive Sozialprognose geben wird.“ | |
Woher Wendts Informationen stammen, bleibt aber unklar – der | |
Gewerkschaftschef war am Mittwoch nicht zu erreichen. | |
Für die Polizei in Hameln sagte deren Sprecher Jens Petersen, der Täter | |
hätte auch nicht per Platzverweis von seinem Opfer ferngehalten werden | |
können: „Es bestand ein gemeinsames Sorgerecht“, sagte Petersen zur taz. | |
„Das Treffen zur Übergabe des Kindes wurde von der Frau gewünscht.“ | |
## Frauenberatungsstelle: Polizei handelte richtig | |
Unterstützung bekommt Petersen von der Frauenberatungsstelle Hameln, die | |
das Frauenhaus vor Ort betreibt. „Mehr kann die Polizei sicher nicht | |
machen“, sagte Beratungsstellen-Mitarbeiterin Heidi Schaper. Ein | |
polizeilicher Platzverweis könne bei getrennt lebenden Paaren für maximal | |
24 Stunden ausgesprochen werden. Die Tat sei aber zwei Tage nach der | |
Gefährderansprache verübt worden. Außerdem sei unklar, ob sich der Mann | |
überhaupt daran gehalten hätte. | |
Denn der Mann habe seine Tat als eine Art öffentliche Hinrichtung | |
inszeniert, sagte auch die frauenpolitische Sprecherin der | |
SPD-Landtagsfraktion, Thela Wernstedt. Zwar sei unklar, ob dies mit dem | |
„kulturellen Hintergrund“ des Täters in Zusammenhang stehe – wie sein Op… | |
gehört er den aus dem Libanon zugewanderten Mhallami an. Politik und | |
Öffentlichkeit müssten Männern egal welcher Herkunft aber deutlich machen, | |
dass das Gewaltmonopol des Staates für alle gelte. | |
Dazu diene auch das lange umstrittene neue Polizeigesetz Niedersachsens, | |
sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der grünen Landtagsfraktion, | |
Helge Limburg: Polizeiliche Platzverweise können künftig für die Dauer von | |
zehn Tagen ausgesprochen werden – und in dieser Zeit kann vor Gericht ein | |
„Annäherungsverbot“ für Gewalttäter beantragt werden. | |
24 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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