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# taz.de -- Bundeswehr wirbt gezielt Jugendliche an: Militärpost an Minderjäh…
> Mehr als eine Million Jugendliche bekamen dieses Jahr
> Informationsbroschüren der Bundeswehr. Das zeigt eine Anfrage der Grünen.
Bild: Jugendliche besichtigen das Cockpit eines Tornado-Kampfflugzeuges auf der…
Berlin taz | Die Bundeswehr hat in diesem Jahr bereits mehr als eine
Million Jugendliche in Deutschland zu Werbezwecken angeschrieben. Das geht
aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des
Bundestagsabgeordneten Özcan Mutlu (Grüne) hervor, die der taz vorliegt.
Demnach verschickte das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr in
Köln im laufenden Jahr „Informationsschreiben“ an 1.033.043 Personen, die
nach Angaben der Meldebehörden im kommenden Jahr volljährig werden. Zum
Zeitpunkt des Versandes können die Angeschriebenen also noch 16 Jahre alt
sein.
„Es ist skandalös, dass Minderjährige bundesweit gezielt angeworben werden.
Das ist meines Erachtens ein unerlaubter Versuch von Einflussnahme“, sagte
Mutlu der taz. Auch seine 16-jährige Tochter hat Post aus Köln bekommen. Im
Anschreiben des Briefes wird sie aufgefordert, der Bundeswehr beizutreten.
„Du weißt schon genau, wo du hinwillst? Dann steig doch ein als Soldatin
oder Soldat auf Zeit! Hier qualifizierst du dich bestmöglich, um engagiert
für unsere Gesellschaft und die Sicherheit einzutreten.“
Dem Brief sind Schaubilder beigefügt, auf denen verschiedene
Einsatzmöglichkeiten im Freiwilligen Wehrdienst (Heer, Luftwaffe, Marine,
Sanitätsdienst, Streitkräftebasis) sowie die Monatsgehälter des
gestaffelten „Wehrsolds“ aufgelistet sind. Wer mit der Grundausbildung
anfängt, erhält 837,30 Euro ohne Zuschläge. Ab dem 19. Monat sind dann
1.206,30 Euro und mehr drin. Weitere Vorzüge des Arbeitgebers: Zuschlag für
Auslandsaufenthalte und besondere Vergütung zum Beispiel für
Fallschirmspringer.
Für Mutlu ist damit eine Grenze überschritten: „In dem Brief wird ganz klar
Werbung für die Bundeswehr gemacht. Minderjährige Jugendliche unter 18
Jahren sind aber schutzbedürftig.“
In ihrer Antwort auf Mutlus Anfrage rechtfertigt die Bundesregierung den
Versand mit der „erklärten Absicht des Gesetzgebers zur umfassenden
Information“ und bezieht sich auf Paragraf 58c des Soldatengesetzes. Der
erlaubt die Weitergabe personenbezogener Daten wie Name und Anschrift. Kein
sehr stichhaltiges Argument, findet Mutlu. „Warum kommen dann nicht auch
andere Bundesbehörden dieser Pflicht nach und verschicken
Informationsbroschüren?“.
## Charmeoffensive der Bundeswehr
Seit Aussetzung der Wehrpflicht 2011 ist die Bundeswehr unter Zugzwang.
Deshalb halten Offiziere jedes Jahr Tausende Vorträge an Schulen,
kooperieren mit Vereinen oder leiten Abenteuercamps auf Sardinien; deshalb
schaltet die Bundeswehr Anzeigen in Tageszeitungen, plakatiert
Bushaltestellen („Mach, was wirklich zählt“) und stellt neuerdings eigen
produzierte Videos ins Netz.
Die 8 Millionen Euro teure Reality-TV-Sendung „Die Rekruten“ über die
Grundausbildung, die Anfang November auf You Tube startete, hatte nach zwei
Wochen 200.000 Abonnenten. Nach eigenen Angaben stellt die Bundeswehr jedes
Jahr 20.000 Personen neu ein. Wie viele davon durch die Werbung per Post
geworben werden, und wie viele durch andere Kanäle, teilte das Personalamt
der Bundeswehr bis Redaktionsschluss nicht mit.
21 Nov 2016
## AUTOREN
Ralf Pauli
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