# taz.de -- Kommentar Flüchtlingskinder-Betreuung: Keine Kinder zweiter Klasse | |
> Kinder in Flüchtlingsunterkünften haben die beste Betreuung verdient. Die | |
> Zeit, in der Provisorien geduldet werden konnten, ist vorbei. | |
Bild: Gute Miene, kein Geld: Flüchtlingskoordinator Sprandel (r.) hat nicht f�… | |
Rund 900 Kinder im Kita-Alter leben in den provisorischen Erstunterkünften | |
mit ihren Familien unter denkbar beengten Umständen. Es gibt, so erfahren | |
wir, in etwa zwei von drei dieser Sammelunterkünfte wiederum ein | |
Provisorium namens „halb offene Betreuung“. Aber das Geld reicht nicht, um | |
so eine Mini-Kita schön auszustatten, dafür braucht man Spenden. Und die | |
schönen, kindgerechten Räume sind dann nur wenige Stunden geöffnet. Danach | |
heißt es wieder zurückgehen ins Container-Kabuff. | |
Als vor einem Jahr in kurzer Zeit viele Menschen nach Hamburg flüchteten, | |
brauchte man Provisorien und alle helfenden Hände. Besonders den Kindern | |
haben Ehrenamtliche gern geholfen. | |
## Bei Kindern offenbar kein Handlungsbedarf | |
Bei den Verantwortlichen muss irgendwie hängen geblieben sein, dass das | |
reicht. Während man anderswo Millionen verpulverte, schien es bei der | |
Kinderbetreuung keinen ernsten Handlungsbedarf zu geben. Ideen dazu wurden | |
im Frühjahr 2015 auf einer Tagung der Evangelischen Hochschule ersonnen. | |
Etwa die eines „Willkommens-Kita-Gutscheins“ oder von „Kita-Lotsen“, die | |
Eltern zeigen, wie man den Schein beantragt. Aber sie wurden verworfen. | |
Stattdessen gibt es einige Eltern-Kind-Cafés, wo die Mütter dabei sind. | |
Es sei ja so, dass die Flüchtlinge von ihrer Heimat keine Kita kennen, dass | |
sich die Eltern von ihren Kindern nur schwer trennen können, hört man. | |
Diese Erzählung passt gut zur Sparvariante, muss aber nicht stimmen. | |
Schließlich wollen die Menschen hier bleiben und sich integrieren. Wenn nur | |
19 von fast 900 Kindern eine Kita besuchen, wurde dafür nicht ernsthaft | |
geworben. | |
## Anspruch ab dem ersten Tag | |
Für Wissenschaftler ist es klar: Flüchtlingskinder sind keine Kinder | |
zweiter Klasse. Ihr Anspruch auf Bildung und Betreuung, auf Räume, gilt ab | |
dem ersten Tag. Doch Hamburg und die anderen Länder haben sich darauf | |
verständigt, dass dies für Erstunterkünfte nicht gilt – auch wenn die | |
Kinder Monate bleiben. Dabei bekommen die Länder Geld dafür, dass | |
Flüchtlingskinder in die Kita gehen. | |
Vielleicht möchte man auch nur nicht Kinder in die Kitas schicken, die | |
später abgeschoben werden. Schon in der Schule – es gibt ja Schulpflicht – | |
ist das nicht schön. Vielleicht aber ist es auch wirklich so, dass manche | |
Eltern klammern und ihre Kinder nicht in einen entfernten Kindergarten | |
geben möchten. | |
Dann aber müsste erst recht größter Wert auf die Kinderbetreuung in den | |
Unterkünften gelegt werden. Sprich: ein ordentlicher Personalschlüssel, | |
passendes Spielmaterial, sorgsam gestaltete Räume, die ganztags für die | |
Kinder zugänglich sind. Und Ehrenamtliche, die sich anbieten, müssten | |
finanziell und administrativ unterstützt werden. | |
20 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
Flüchtlinge | |
Hamburg | |
Integration | |
Kinderbetreuung | |
Schwerpunkt Flucht | |
Gewalt in der Schule | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Flüchtlinge | |
Minderjährige Geflüchtete | |
Behandlung | |
Minderjährige Geflüchtete | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Integration ins Bildungssystem: Flüchtlingsschüler zu lange unter sich | |
Hamburg will zugewanderte Kinder in internationalen Vorbereitungsklassen | |
für die Schule fit machen. Doch besonders für ältere Kinder wird | |
Integration wird so eher verhindert. Wie es anders geht, macht Bremen vor. | |
Schulgeschädigte Familien: „Unsere Kinder fallen raus“ | |
Eine Eltern-Initiative schulgeschädigter Familien beklagt Mobbing und zu | |
große Lerngruppen. Schule müsse flexibler werden, fordert der Vorsitzende | |
Dirk Bleese | |
Pädagogin über Ausgrenzung in Kitas: „Es ist wichtig, nicht einzuknicken“ | |
In Kitas kommen Kinder unterschiedlichster Herkunft zusammen. Immer wieder | |
erleben schon Kleinkinder dabei auch Diskriminierung und Ausgrenzung. | |
Betreuung zweiter Klasse: Hamburg spart bei Flüchtlingskindern | |
In der Erstaufnahme Papenreye wurde eine „Kita“ eröffnet, doch die Zusage | |
fürs Personal fehlt. In reguläre Kitas kommen die wenigsten – obwohl viele | |
Anspruch hätten. | |
Ehrenamtliche statt Lehrer: „Die langweilen sich“ | |
In zehn Hamburger Großunterkünften haben Kinder noch immer keine Schule. | |
Kinderbetreuung übernehmen oft Ehrenamtliche. | |
Kranke Kinder in Hamburger Unterkünften: „Das pure Chaos“ | |
Mediziner kritisieren Versorgung und Ernährung von Flüchtlingen in | |
Hamburger Unterkünften. „Kollaps der Grundversorgung“ stehe bevor. | |
Alltag der Flüchtlingskinder: Aus dem Lager in die Kita | |
Nur jedes fünfte Hamburger Flüchtlingskind geht in eine Kindertagesstätte. | |
Eltern-Ausschuss fordert Willkommensgutschein, die Stadt zögert |