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# taz.de -- Ehrenamtliche statt Lehrer: „Die langweilen sich“
> In zehn Hamburger Großunterkünften haben Kinder noch immer keine Schule.
> Kinderbetreuung übernehmen oft Ehrenamtliche.
Bild: Langeweile statt Schule: Flüchtlingskinder in Hamburg
Hamburg taz | Hamburg sei bei der Flüchtlingsbeschulung vorbildlich, hatte
Schulsenator Ties Rabe (SPD) noch im Oktober verkündet. Der Unterricht
beginne schon in den Zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen (ZEA) und man
arbeite daran, flächendeckend Lerngruppen einzuführen. Eine von Rabe damals
verfügte Verwaltungsvorschrift besagt, dass die Kinder in der Erstaufnahme,
sowie fest steht, dass sie in Hamburg bleiben werden, der Schulpflicht
unterliegen. Doch wie seine Behörde nun auf taz-Nachfrage einräumt, gibt es
in mindestens zehn großen Unterkünften auch vier Monate nach deren
Eröffnung noch keine Lerngruppe.
Die ZEA Bargkoppelstieg in einem Gewerbekomplex in Meiendorf zum Beispiel
ist seit September mit über 1.000 Menschen belegt. Darunter sind auch
Kinder. Im Dezember waren es 190, wie Claudia Folkers von der Organisation
Meiendorf Hilft berichtet. Doch eine Lerngruppe gibt es nicht, nur die
Ehrenamtlichen kümmern sich.
Genauso verhält es sich in den früheren Max-Bahr-Hallen in Bergedorf und
Eidelstedt, in der ZEA Papenreye, die sich in einer Tennishalle befindet,
sowie in den Unterkünften Graf Baudissin Kaserne, Wiesendamm, Kurdamm,
Kieler Straße, Vogt-Köln-Straße und Flagentwiet. Ehrenamtliche Helfer
berichten von weiteren Notunterkünften, in denen die Kinder keine Schule
haben. Ob auch dort Lerngruppen fehlen, ließ sich bis Redaktionsschluss
nicht klären.
In Hamburg gibt es 33 Erstaufnahmen, in denen insgesamt über 18.000
Menschen leben. Man habe dort insgesamt 64 Lerngruppen mit 992 Schülern,
berichtet Behördensprecher Peter Albrecht. Laut Stand 15. Dezember gab es
1.536 schulpflichtige Kinder. Dass viele unversorgt sind, „ist so“. „Damit
sind auch wir unzufrieden.“
Gerade bei den Notunterkünften sei dies zunächst aufgrund der „unklaren
Registrierungssituation und hoher Fluktuation“ nicht möglich gewesen. Man
suche jetzt aber Lehrer und Räume und setze alles dran, dass in den
nächsten Monaten das Angebot „deutlich ausgeweitet“ werden könne.
Ganz ähnlich ist das Bild übrigens bei der Kinderbetreuung. Laut des Büros
des Flüchtlingskoordinators gibt es an 17 ZEAs täglich eine vierstündige
Betreuung für Kinder von drei bis sieben Jahren. Für die älteren Kinder,
die übrige Zeit und die übrigen ZEAs bleiben nur die Angebote der
Ehrenamtlichen, wie sie das Kinderprogramm Erstaufnahme des Vereins Baschu
seit Monaten an zehn Standorten organisiert. Die fehlende Schule sei ein
Problem, sagt Initiatorin Nadja Frenz. „Die Kinder langweilen sich und
wollen unbedingt lernen. Wir merken, wie durstig die sind.“ Die
Ehrenamtlichen wären bereit, den Deutschunterricht zu übernehmen. Es wäre
redlich, den GruppenleiterInnen einen 450-Euro-Job anzubieten, sagt Frenz.
Auch am Bargkoppelstieg sind es Ehrenamtliche, die sich um die Kinder
kümmern. Es gibt einen Deutschkurs für Kinder und Mütter, der vom Bund
bezahlt wird. Doch der ist nur für Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien mit
sicherer Bleibeperspektive, nicht für Menschen aus Afghanistan etwa. „Da
haben wir keinen Einfluss drauf“, sagt Susanne Schwendtke vom städtischen
Betreiber Fördern und Wohnen. Aber auch die Ehreamtlichen machten einen
Kurs. „Der steht für alle offen“.
27 Jan 2016
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Minderjährige Geflüchtete
Hamburg
Unterricht
Flüchtlinge
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Erstaufnahme
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Bildung
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