# taz.de -- Gegen Australiens restriktive Politik: Canberra schickt Flüchtling… | |
> Washington nimmt Asylsuchende aus den Internierungslagern in Nauru und | |
> Papua-Neuguinea auf. Doch Trump könnte dies torpedieren. | |
Bild: Angehörige der internierten Flüchtlinge sorgen sich um das Schicksal ih… | |
Canberra taz | Als eine „einmalige Regelung“ hat Australiens | |
Premierminister Malcolm Turnbull am Sonntag die Abmachung bezeichnet, | |
Flüchtlinge aus den berüchtigten Lagern im Pazifik in die USA zu schicken. | |
Wie viele der bis zu 1.300 Asylsuchenden in den Genuss der Niederlassung | |
kommen sollen, gab der Regierungschef jedoch nicht bekannt. Priorität werde | |
Familien, Frauen und Kindern gegeben. Einer Quelle zufolge sollen höchstens | |
400 Asylsuchende in den Genuss der Aufnahme kommen. | |
Flüchtlingshilfeorganisationen äußerten sich vorsichtig optimistisch. Der | |
Schritt könne das Ende der von Menschenrechtlern als „inhuman“ und | |
„grausam“ verurteilten Politik der Zwangsinternierung einläuten. Das | |
Abkommen mit Washington sei zwar nicht perfekt, sagte Elaine Pearson von | |
Human Rights Watch, aber „es ist ein wichtiger Schritt vorwärts“. | |
Von der australischen Marine abgefangene Bootsflüchtlinge sind zum Teil | |
schon seit Jahren im abgelegenen Pazifikstaat Nauru und auf der Insel Manus | |
in Papua-Neuguinea interniert. Bisher hatten die meist aus Afghanistan, | |
Iran und Irak stammenden Asylsuchenden nur die Wahl, in diesen beiden | |
Ländern zu bleiben, in ein aufnahmewilliges Drittland auszureisen, oder in | |
ihre Heimat zurückzukehren. | |
Obwohl über 90 Prozent der Internierten nach internationalem Recht als | |
Flüchtlinge anerkannt sind und somit Anspruch auf Schutz hätten, dürfen sie | |
laut australischer Regierung „zu keiner Zeit einen Fuß auf australischen | |
Boden setzen“. | |
## US-Einwanderungsbehörde sucht Flüchtlinge aus | |
Australiens Regierung will mit der harten Linie Nachahmer abschrecken. Vor | |
ein paar Wochen hatte das Oberste Gericht von Papua-Neuguinea das Lager auf | |
Manus als verfassungswidrig erklärt und die Schließung verordnet. Das | |
dürfte die Entscheidung zur Abschiebung in die USA forciert haben. | |
In den nächsten Tagen sollen Beamte der US-Immigrationsbehörden nach | |
Australien reisen und mit den Formalitäten für die Übersiedlung beginnen, | |
hieß es in Canberra. Politische Beobachter warnten jedoch, der künftige | |
US-Präsident Donald Trump könnte die von der gegenwärtigen Regierung | |
ausgearbeitete Einigung wieder rückgängig machen. | |
Im Wahlkampf hat Trump wiederholt einen Stopp oder eine starke Beschränkung | |
der Einwanderung von Muslimen gefordert. Bei den meisten Asylsuchenden | |
handelt es sich um Menschen islamischen Glaubens, die versuchen, mit Hilfe | |
von Schleppern nach Australien zu gelangen. | |
## Trumps Politik der Härte | |
Der Aufenthalt in den schlecht eingerichteten Lagern ist für die Insassen | |
gezeichnet von Hoffnungslosigkeit, Frustration, Depression und konstanter | |
Angst um die eigene Sicherheit. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty | |
International vergleicht die Behandlung der Schutzsuchenden durch | |
Australien mit Folter. | |
Selbstmordversuche und Selbstverstümmelungen sind gang und gäbe. Kinder | |
werden Opfer sexueller Übergriffe. 2014 wurde ein Asylsuchender von Wärtern | |
zu Tode geprügelt. Im Mai überschüttete sich eine Frau vor einer Gruppe von | |
UN-Inspektoren mit Brennstoff und zündete sich an. Lehrer und andere | |
Hilfspersonen, die mit Berichten über die Zustände an die Öffentlichkeit | |
gehen, drohen zwei Jahre Gefängnis. | |
Die „Politik der Härte“ ist mit einer strikten militärischen Kontrolle der | |
Grenzen des Kontinents verbunden. Wenn die Marine in australischen | |
Hoheitsgewässern ein Boot abfängt, zwingt sie es zur Umkehr. Ob die | |
Flüchtlinge in ihren oft kaum seetüchtigen und überfüllten Schiffen je | |
wieder in ihrem Ausgangshafen ankommen, ist nicht bekannt. „Es ist nicht | |
unsere Aufgabe, das zu kontrollieren“, so ein führendes Mitglied des | |
Grenzschutzes. | |
13 Nov 2016 | |
## AUTOREN | |
Urs Wälterlin | |
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