| # taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Berlin: Koalition gegen Kameras | |
| > Rot-Rot-Grün erteilt Videoüberwachung eine Absage. V-Mann-Wesen soll | |
| > eingeschränkt werden – und ein Modellprojekt für Cannabisabgabe wird | |
| > angestrebt. | |
| Bild: Videoüberwachung am Alexanderplatz wird es nicht geben. | |
| Angeschrien haben sollen sich die Unterhändler der künftigen rot-rot-grünen | |
| Regierung bei den Koalitionsverhandlungen zum Thema innere Sicherheit. | |
| Türen sollen geknallt, Sitzungen unterbrochen worden sein. Davon war am | |
| Mittwoch nichts mehr zu spüren, als die Vertreter der drei Parteien, | |
| wenngleich mit großer Verspätung, vor die Presse traten. | |
| Der Verfassungsschutz bleibt, auf öffentlichen Plätzen wird es keine | |
| Videoüberwachung geben, und das Land Berlin will ein wissenschaftlich | |
| begleitetes Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an | |
| Erwachsene starten. Bis zum Schluss hatte in diesen Punkten Uneinigkeit | |
| bestanden. | |
| Beim Verfassungsschutz, den Grüne und Linke laut Wahlprogramm abschaffen | |
| wollten, hat sich die SPD durchgesetzt. Aber das V-Mann-Wesen soll | |
| eingeschränkt werden – das verbuchen Grüne und Linke als Erfolg. Sowohl die | |
| Polizei als auch der Verfassungsschutz sollen nur noch in begründeten | |
| Einzelfällen V-Leute einsetzen können, sagte SPD-Innenexperte Frank | |
| Zimmermann. Der Einsatz soll nicht mehr von den jeweiligen Fachabteilungen | |
| genehmigt werden, sondern vom Polizeipräsident oder vom Staatssekretär für | |
| Inneres. | |
| Eine Videoüberwachung am Alexanderplatz wird es nicht geben. Dafür soll | |
| dort eine Polizeiwache aufgemacht werden: eine Kombiwache in Zusammenarbeit | |
| mit Bundespolizei und Ordnungsamt. Die Präsenz der Polizei in den | |
| Wohnkiezen soll erhöht werden. Dazu sollen die rund 1.000 derzeit offenen | |
| Stellen „zügig“ besetzt werden. 600 Polizisten will man zusätzlich | |
| ausbilden. Damit werde Berlin in fünf Jahren rund 1.600 mehr Polizisten „an | |
| Bord“ haben, so Zimmermann. | |
| Zum Komplex direkte Demokratie stellte Niklas Schrader (Linke) die | |
| geplanten Veränderungen vor. Um die Quoren zu ändern, habe Rot-Rot-Grün | |
| keine verfassungsändernde Mehrheit. Aber die Termine von Volksentscheiden | |
| und Wahlen sollen künftig möglichst auf ein Datum gelegt werden. Der Senat | |
| dürfe künftig auch keine Bürgerentscheide im laufenden Verfahren aushebeln | |
| und von der Bezirksebene auf die Landesebene ziehen. „Wenn, dann muss er | |
| das vorher oder hinterher tun“, so Schrader. | |
| Im Vorfeld der Wahl hatten sich Grüne und Linke für einen unabhängigen | |
| Polizeibeauftragten starkgemacht. Der wird nun kommen: Einen | |
| Landesbeauftragten für Bürger und Polizei, so wie es ihn bereits in | |
| Rheinland-Pfalz gebe, sagte Grünen-Abgeordneter Benedikt Lux. Auch ein | |
| Modellprojekt für Bodycams bei der Polizei werde eingeführt: Die Beamten | |
| führen im Dienst eine auf der Schulter befestigte Kamera mit sich. Lux war | |
| es vorbehalten, ein Projekt zu verkünden, über das sich Linke und Grüne mit | |
| der SPD offenbar richtig gefetzt hatten. Das Land Berlin will nach dem | |
| Vorbild von Friedrichshain-Kreuzberg ein wissenschaftlich begleitetes | |
| Modellprojekt zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene starten. | |
| Der Bezirk war mit dem Antrag auf Einrichtung von Coffeeshops 2015 beim | |
| Bundesgesundheitsamt gescheitert. „Wenn ein Land das macht, hat das aber | |
| einen anderen Stellenwert“, so Lux. | |
| SPD-Politiker Zimmermann wies zudem darauf hin, dass eine Apothekenlösung | |
| für Schmerzpatienten angestrebt sei. Für die Schmerzpatienten, die schon | |
| jetzt legal Cannabis beziehen, soll die Zahl der Apothekenabgabestellen | |
| erweitert werden. | |
| Die von der CDU eingeführte Nulltoleranzzone im Görlitzer Park in Kreuzberg | |
| wird abgeschafft. „Aber niemand soll sich der Illusion hingeben, dass wir | |
| Kriminalität tolerieren“, dieser Hinweis war Zimmermann dann doch wichtig. | |
| 9 Nov 2016 | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
| ## TAGS | |
| Modellprojekt | |
| Bodycams | |
| Videoüberwachung | |
| Schwerpunkt Überwachung | |
| Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
| Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin | |
| Koalitionsverhandlungen | |
| Cannabis | |
| Mitte | |
| Schwerpunkt Landtagswahlen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Bundestag zu Videoüberwachung: Mehr Kameras an öffentlichen Plätzen | |
| In einer Marathonsitzung beschloss der Bundestag in der Nacht zum Freitag | |
| die Ausweitung der Überwachung. Außerdem wird der Einsatz von Bodycams | |
| ermöglicht. | |
| Koalitionsverhandlungen in Berlin: Rot-Rot-Grün lässt die Mäuse springen | |
| SPD, Linke und Grüne haben sich auf haushaltspolitische Leitlinien | |
| geeinigt. Allein 2018 werden zwei Milliarden investiert. | |
| Die Grünen und die Linkspartei: Vertrauliches Date beim Italiener | |
| Die vier Fraktionvorsitzenden der Parteien treffen sich erstmals im kleinen | |
| Kreis. Es geht um die „politische Lage“ und die Chance für Rot-Rot-Grün. | |
| Koalitionsverhandlungen in Berlin: R2G definiert Warten neu | |
| Die Wartezeit für einen Bürgeramtstermin soll höchstens 14 Tage betragen, | |
| verspricht die künftige Koalition. Zwei Staatssekretäre sollen sich um die | |
| Verwaltung kümmern. | |
| Cannabispolitik in Berlin: „Wenn nicht jetzt – wann dann?“ | |
| Die künftige rot-rot-grüne Landesregierung ist eine Traumkonstellation für | |
| eine Liberalisierung von Cannabis, meint Georg Wurth vom Hanfverband. | |
| Porträt Stephan von Dassel: Der andere grüne Bürgermeister | |
| Mitte wird künftig als zweiter Bezirk – neben Friedrichshain-Kreuzberg – | |
| grün regiert: „Laissez faire ist nicht meins“, sagt Stephan von Dassel. | |
| Aus der zeozwei: Nicht viel mehr als Öko-Eis | |
| Berlin gilt als hippe Hauptstadt der Kreativen. Warum hat es dort bei der | |
| Wahl Politik für eine sozialökologisch moderne Stadt so schwer? |