Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Engpass im Hamburger Schutzkonzept: Kein Platz für Kinder
> Zwei Kleinkinder mussten zuletzt beim Jugendnotdienst übernachten, weil
> die Kinderschutzhäuser voll waren. Behörde gibt zwar Entwarnung, aber das
> Problem bleibt
Bild: Bei Schutzhäusern ist der Bedarf größer als das Angebot.
Eine Jugendamtsmitarbeiterin hat in keinem der fünf Hamburger
Kinderschutzhäuser einen Platz für zwei Kleinkinder bekommen. Das berichtet
das Hamburger Abendblatt. Die beiden zwei und drei Jahre alten Geschwister
hätten in einer verdreckten Wohnung bei einer betrunkenen Mutter gelebt und
wurden in Obhut genommen. Sie mussten vergangene Woche zwei Nächte beim
Kinder- und Jugendnotdienst (KJND) übernachten, der auf Kinder ab zwölf
Jahre eingestellt ist, nicht aber auf Babys und Kleinkinder.
„Die Kinder mussten innerhalb von vier Tagen dreimal umziehen“, wird die
Sozialarbeiterin zitiert. Das sei unzumutbar. In anderen Fällen müssten
Kollegen die Kinder mit in ihr Büro nehmen, um von dort nach freien Plätzen
zu suchen. Die Platznot werde zum Maßstab des Handelns, tatsächlich habe
sie überlegt, ob es nicht besser sei, die Kinder bei der betrunkenen Mutter
zu lassen.
„Es ist richtig, dass das Geschwisterpaar am 26. 10. 2016 nicht mehr in
einem Kinderschutzhaus aufgenommen werden konnte“, sagt
Sozialbehördensprecher Marcel Schweitzer. Die beiden seien am 28. Oktober
in ein Kinderschutzhaus verlegt worden und am 2. November zu einem freien
Träger gekommen. Am Mittwoch habe es wieder zwei freie Plätze gegeben.
Ein Grund für den Engpass ist, dass Kinder wieder länger in den vom
Landesbetrieb Erziehung (LEB) betriebenen Schutzhäusern bleiben. Die sind
eigentlich nur für einen vorübergehenden Aufenthalt gedacht, bis geklärt
ist, ob ein Kind zurück zu den Eltern oder in eine Pflegefamilie oder
Einrichtung kommt. War die durchschnittliche Verweildauer der Kinder in
2015 gegenüber dem Vorjahr von 97 auf 83 Tage gesunken, so stieg sie dieses
Jahr auf einen hohen Wert von 113 Tagen – das sind fast vier Monate.
Eine Ursache sei in den langwierigen familiengerichtlichen Verfahren zu
sehen, sagt Schweitzer. Häufig müssten Gutachten in Auftrag gegeben werden,
bevor geklärt werden könne, ob die Kinder mit einer ambulanten Hilfe zur
Erziehung zu ihren Eltern zurück können oder nicht. Daher die „temporären
Engpässe“, darauf habe auch der LEB in einer Mail hingewiesen. Die
Sozialarbeiterin hätte auch nach einem Platz bei Pflegeeltern für
kurzfristige Einsätze suchen oder nach einer geeigneten Person im
familiären Umfeld fragen können.UEnd es sei Aufgabe des Jugendamtes,
alternative Unterbringungen für Kinder zu finden, die bereits länger in
Schutzhäusern leben.
Es scheint insgesamt wenig Wohnplätze zu geben. „Wir bekommen wöchentlich
Anfragen vom Jugendamt, ob wir ein Kind aufnehmen können“, berichtet etwa
Stefanie Tapella von der Benita-Quadflieg-Stiftung, die das Kinderhaus
Mignon für Kinder mit frühkindlichen Traumata betreibt. Grade sammelt die
Stiftung Spenden, um eine vierte Wohngruppe mit vier Plätzen zu eröffnen.
3 Nov 2016
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Kinderschutz
Jugendamt
Inobhutnahme
Kinder
Berlin
Betrug
Kindeswohl
Jugendhilfe
Ehe für alle
Jugendhilfe
## ARTIKEL ZUM THEMA
Zu wenig Pflegefamilien in Berlin: Als Alternative bleibt nur Heim
Wenn ein Kind in Obhut genommen wird, braucht es oft sofort eine
Pflegefamilie. Die gibt es aber selten, sagt Sozialpädagogin Angelika
Nitzsche.
Jugendnotdienst in Berlin: Viel Nacht, wenig Asyl
Ein Monat beim Jugendnotdienst in Berlin ist wie anderswo sechs, sagt ein
Sozialarbeiter. Viele von ihnen halten nur ein paar Jahre durch.
Betrug beim Jugendamt in Hamburg: Fälle nur erfunden
Ein leitender Mitarbeiter des Jugendamts soll für fiktive Hilfe 500.000
Euro abgezwackt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Michael Lezius über seinen Kinderschutz-Preis: „Ich will Mut belohnen“
Die Yagmur-Gedächtnis-Stiftung hat einen Preis für Zivilcourage ausgerufen.
Allein: Es fehlt noch an Bewerbungen.
Jugendhilfesystem wird untersucht: Expertise für die Kleinen
Bürgerschaft beschließt Enquetekommission zum Schutz von Kindern und deren
Rechten. Sechs Experten schon bekannt.
Hamburg will mehr schwule Pflege-Eltern: Regenbogen-Eltern gesucht
Die Familienbehörde Hamburg ermutigt schwul-lesbische Paare, sich als
Pflegeeltern zu bewerben. Die Böhmers sind seit drei Jahren dabei.
Enquete-Kommission zur Jugendhilfe wahrscheinlich: Gremium für Kinderrechte ge…
Nach Linken, SPD und Grünen verhandelt jetzt auch die FDP über ein
Experten-Gruppe zur Jugendhilfe. Die CDU zögert noch, bringt aber radikale
Idee ins Spiel.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.