# taz.de -- Neues Gesetz gegen Leiharbeit: Strengere Regeln, aber nicht wirksam | |
> Missbrauch von Leiharbeit soll künftig durch ein neues Gesetz vermieden | |
> werden. Die Opposition fürchtet, dass sich nicht viel ändern wird. | |
Bild: Hängen gelassen. Wie groß der Nutzen des neuen Zeitarbeitsgesetzes für… | |
BERLIN epd | Für Leiharbeit und Werkverträge gelten künftig strengere | |
Regeln. Mit den Stimmen von Union und SPD hat der Bundestag am Freitag in | |
Berlin das Gesetz verabschiedet, das die Ausnutzung von Leih- und | |
Werkvertragsarbeitern als billige Arbeitskräfte verhindern soll. Die | |
Opposition stimmte gegen das Gesetz. Sie befürchtet, dass sich die | |
Situation der Betroffenen kaum verändern wird. Auch der Wissenschaftliche | |
Dienst des Bundestages beurteilt die Regelung kritisch. Er sieht | |
Schlupflöcher für Arbeitgeber. | |
Künftig sollen Leiharbeiter nach neun Monaten in einem Unternehmen den | |
gleichen Lohn erhalten wie die Stammbelegschaft. Die Hälfte aller | |
Leiharbeiter sei aber weniger als drei Monate in einem Unternehmen tätig, | |
kritisierten Linke und Grüne. Ihnen helfe ein „Equal Pay“ nach neun Monaten | |
nicht. | |
Die Dauer des Einsatzes von Leiharbeitern wird mit dem Gesetz auf | |
anderthalb Jahre beschränkt. Danach muss die Firma sie übernehmen. Sie | |
dürfen außerdem nicht als Streikbrecher eingesetzt werden. Für tariflich | |
gebundene Arbeitgeber gibt es Öffnungsklauseln. Bei ihnen dürfen | |
Zeitarbeiter auch länger als 18 Monate im Einsatz sein, wenn dies tariflich | |
vereinbart ist. Auch vom „Equal Pay“ nach neun Monaten dürfen sie unter | |
bestimmten Bedingungen abweichen. | |
Über das Gesetz hatten SPD und Union lange verhandelt. Die federführende | |
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) freute sich über den | |
Bundestagsbeschluss. „Wir sorgen dafür, dass gute Arbeit auch fair bezahlt | |
wird“, sagte sie. Die Leiharbeit werde wieder auf ihre Kernfunktion | |
beschränkt. Eigentlich ist sie dazu da, Auftragsspitzen in Unternehmen | |
abzufedern. | |
## Gesetz könnte durch Rotation umgangen werden | |
Ob das von Nahles angestrebte Ziel erreicht wird, wird nicht nur von der | |
Opposition kritisch beurteilt. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags | |
kommt in einem Gutachten zu dem Schluss, dass die Kernpunkte durch | |
sogenannte Rotationsregelungen umgangen werden könnten. So könnte das | |
„Equal Pay“ durch die Abwechslung von zwei Leiharbeitern in zwei Betrieben | |
für jeweils sechs Monate ausgehebelt werden. „Insoweit wird die | |
betriebliche Praxis zeigen müssen, inwieweit die Regelungen des | |
Änderungsentwurfs Umgehungen des Equal Pay tatsächlich verhindern“, heißt | |
es in dem Gutachten, über das zuerst die Süddeutsche Zeitung | |
(Freitagsausgabe) berichtete und das auch dem Evangelischen Pressedienst | |
(epd) vorliegt. | |
Das gleiche gilt demzufolge für die maximale Entleihdauer von 18 Monaten. | |
Auch hier könnten Arbeiter rotieren. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Beate | |
Müller-Gemmeke forderte daher, die Frist an den Arbeitsplatz und nicht an | |
den Leiharbeiter zu knüpfen. | |
Mit dem Gesetz soll außerdem der Missbrauch von Werkverträgen zum | |
Lohndumping verhindert werden. Wenn angeblich selbstständige | |
Werkvertragsarbeiter wie normale Arbeitnehmer eingesetzt werden, liegt ein | |
Missbrauch vor. Bisher war es für die Vertragsfirmen möglich, dies | |
nachträglich zu Leiharbeit umzudeklarieren und dadurch Strafen zu entgehen. | |
Das geht künftig nicht mehr. | |
Betriebsräten werden mehr Informationsrechte über die | |
Werksvertragsverhältnisse im Betrieb eingeräumt. Die Gewerkschaften | |
bemängeln aber, dass Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auf Druck | |
der Arbeitgeber und der Union ihre Pläne für eine enge Definition von | |
Werkverträgen wieder abschwächen musste, was Sanktionen erschwert. | |
21 Oct 2016 | |
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