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# taz.de -- Pläne Platanen am Deich in Bremen: Idyllenmalerei des Müßiggangs
> Die Platanen werden gefällt und die Neustadt bekommt eine Promenade, die
> sich zum Wasser öffnet: Die Pläne für den Deich links der Weser sind
> vorgestellt worden
Bild: Achtung, könnte schöner sein als die Wirklichkeit: Plan für den Weserd…
Bremen taz | In einem Punkt sind sich Bremens Politiker einig: 52 der 80
Kilometer Bremer Deiche müssen erhöht und verstärkt werden. Bald ist der
1,8 Kilometer lange Bereich zwischen der Eisenbahnbrücke der Strecke
Bremen–Oldenburg und dem Rote-Kreuz-Krankenhaus dran. Entstehen soll ein
komplett neues Ufer-Design, dass die Weser für Auto-, Rad- und Fußverkehr
kompatibel und erlebbar macht.
13 Landschaftsarchitektur-Büros reichten Uferpark-Vorschläge ein, eine Jury
tagte – und verkündete am Donnerstag, dass es keinen Sieger gebe. Nur zwei
Zweitplatzierte. Ihre Pläne wurden mit Fragen und Änderungswünschen an die
Büros zurückgeschickt. Der endgültige Gewinner bekomme erst 2017 das
Preisgeld in Höhe von 110.000 Euro, hieß es auf der Pressekonferenz des
Bausenators Joachim Lohse (Grüne).
2021 sei mit dem Baubeginn des 22-Millionen-Euro-Projektes zu rechnen. Da
jedoch beide Entwürfe recht ähnlich sind, ist bereits deutlich, worauf es
hinausläuft: Thomas Knode von der Baubehörde bestätigt, dass ein Plan acht
der 131 derzeit das Ufer säumenden Platanen am Leben lassen will, der
andere gar keine. Lohses Sprecher Jens Tittmann sagte, diese Bäume „auf
Biegen und Brechen“ zu erhalten, entspreche nicht einer weitsichtigen
Stadtplanung. Die Neugestaltung des linken Weserufers sei ein Projekt für
mehrere Generationen und daher nicht kurzfristig an die Platanen
anzupassen. Sondern umgekehrt.
Laut Knode sind einige Exemplare ohnehin mit dem Massaria-Pilz befallen und
hätten nur noch 20 Jahre. Zudem seien die Baumaßnahmen ohne massive
Beschädigung der Wurzeln und Baumkronen kaum möglich. Da sei es sinnvoll,
sie gleich zu fällen.
Das von der Bürgerinitiative „Platanen am Deich“ vorgeschlagene
Drainage-System mit gut wasser- und luftdurchlässigen Materialien zum
Erhalt der Bäume, hält Knode für nicht praktikabel: Es würde verstopfen und
der Wurzelbereich abfaulen. Aber mit Sicherheit würden neue Bäume
gepflanzt, hieß es. In dem einen Entwurf sind es Mehlbeeren, im anderen
sollen es Zürgel- oder Schnurbäume sein.
Beide zweiten Sieger des Wettbewerbes planen eine Terrassenlösung.
Vorgelagert am Wasser sollen Aufenthaltsflächen entstehen mit Sitz-, Liege-
und Begegnungsorten sowie begrünten, stufigen Plateaus, die sich zum Wasser
öffnen. Sogar eine schwimmende Badeanstalt ist in Planskizzen
eingezeichnet, die aussehen wie Idyllenmalerei des Müßigganges: Überall
tolles Wetter, Sonnenbader, Liebespaare, Straßenmusikanten – Bocciakugeln
liegen in Parkloggien herum, ein Angler präsentiert seinen Fang. Dahinter
erheben sich 4,50 hohe Wände: der neue Deich, ein massives Bauwerk statt
der bisherigen Erdböschung.
Rainer Suckau, Geschäftsführer des Deichverbandes links der Weser, erklärt,
der Erhöhungsbedarf der Deiche sei tatsächlich gering, betrage in der
Neustadt nur zehn bis 30 Zentimeter. Aber die Standsicherheit der
derzeitigen Wälle sei bei Sturmfluten nicht mehr gewährleistet, da ihre
Baugründe bis zu 400 Jahre alt seien. Daher müssten Spundwände gebaut
werden.
Ob sie als kantige Mauerlinie oder in geschwungener Form den Weserlauf
begleiten, darin unterscheiden sich die Entwürfe. Bei beiden sind jedoch
Promenaden mit Bäumen vorgesehen, von denen sich Balkone beugen: Ausgucke
auf die Weser und die Skyline der Altstadt. Schön! Da waren sich alle
einig.
28 Oct 2016
## AUTOREN
Jens Fischer
## TAGS
Bremen
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Umwelt
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Kühne und Nagel
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