# taz.de -- Spundwände statt Bäume: Basta mit Platanen | |
> Auf drei Kilometern Länge muss der Neustädter Deich erhöht werden. Die | |
> Stadtplaner wollen über alles reden – nur nicht über die Bäume. | |
Bild: Hier müssen Spundwände hin, sagen die Stadtplaner, und die Bäume, die … | |
Bremen taz | Der drohende Anstieg des Meeresspiegels und das Risiko von | |
erhöhten Wasserständen bei Sturmfluten hat für Bremens Stadtplaner etwas | |
durchaus Gutes: Wenn man vermeiden will, dass Teile der Stadt „links der | |
Weser“ Land unter melden müssen, muss man den gesamten Deichabschnitt vom | |
Buntentorsdeich bis zur Eisenbahnbrücke Bremen-Oldenburg, also bis zur | |
Mündung der „kleinen Weser“, erhöhen: Drei Kilometer Innenstadt-Deich | |
können neu gestaltet werden. War die Rede von der „Stadt am Fluss“ vor 30 | |
Jahren vor allem eine grüne Parole für das rechte Weserufer, so kommt nun | |
das linke „kleine“ Weserufer dran. Rund 20 Millionen Euro des Bundes sollen | |
da bis zum Jahre 2022 verbaut werden. | |
Wieso, könnte man fragen, müssen denn überhaupt die Deiche oberhalb des | |
kleinen Weser-Wehres erhöht werden – wenn doch eine Erhöhung dieses Wehres | |
– es geht um maximal 50 Zentimeter – die Kleine Weser schützen würde? Ganz | |
einfach: Im Falle einer Sturmflut wird das Wehr nicht hochgezogen, sondern | |
im Gegenteil, es wird aufgemacht, damit die Wassermassen einströmen können. | |
Der Werdersee und die Kleingartengebiete sind Überflutungsgebiete auch für | |
Sturmfluten, die weseraufwärts drücken. Das ist die Folge davon, dass | |
andere, stadtfernere Überflutungsgebiete nicht geplant und nicht gebaut | |
wurden. Die jetzt in der Diskussion befindliche Weservertiefung erhöht den | |
Risiko-Hochwasserspiegel nochmals um fünf Zentimeter. Auch dafür werden | |
keine neuen Überschwemmungsgebiete gebaut. | |
Wenn es nach dem Deichverband geht, der die technischen Anforderungen | |
plant, dann wird das gesamte Neustädter Ufer der Kleinen Weser mit einer | |
bis zu 4,70 Meter hohen Spundwand neu gesichert. Das ist am wenigsten | |
kostenaufwändig und die spätere Pflege ist preiswert – nicht einmal der | |
Rasen auf den Deichflächen muss dann noch gemäht werden, und die | |
Platanen-Reihe, die auf den gesamten drei Kilometern dicht steht, kommt | |
weg. | |
Das bedeutet, dass das historische Stadtbild, das von einer weitgehend | |
grünen Uferböschung und den Platanen geprägt ist, verschwinden soll. Diese | |
Radikal-Lösung schafft Platz für städtebauliche Gestaltungen oben auf dem | |
Deich – ein Radschnellweg soll dort entstehen, besser getrennt von den | |
Fußwegen, und die Anwohner wollen ihre Parkplätze erhalten haben. Am | |
vergangenen Donnerstag gab es das Angebot an die AnwohnerInnen, in einer | |
„Konzept-Werkstatt“ darüber zu reden, ob Bänke aufgestellt werden sollen, | |
an welchen Stellen es gastronomische Angebote erlaubt werden könnten, wie | |
man die Graffitis an der Mauer vermeiden kann und ob der Radschnellweg | |
besser unten am Wasser verlaufen sollte, wo der Deichverband einen breite, | |
mit Baufahrzeugen befahrbaren Unterhaltungsweg plant, oder oben, wo sie | |
derzeit mit den Fußgängern dieselbe Fläche teilen müssen. | |
Über die Platanen, so stellte Stadtplaner Axel König klar, müsse man nicht | |
mehr diskutieren, die kommen weg – sie stellten eine Gefährdung des Deiches | |
dar, wenn sie mit ihrem Wurzelwerk bei einer Windböe umstürzen, und viele | |
wären aufgrund der Deichbauarbeiten sowieso nicht zu halten. Platanen | |
dürften heute sowieso nicht mehr auf Deichen angepflanzt werden. | |
Der Vertreter der Linken, Wolfgang Meyer, warf ein, dass die | |
Machbarkeitsstudie nur feststellt, dass der Versuch, die Bäume zu retten, | |
die Baumaßnahmen erschwert und daher teurer wäre, aber das Argument nahm in | |
der sehr pädagogisch geführten „Konzept-Werkstatt“ niemand auf. Auch die | |
Kritik an der 4,70 Meter hohen Spundwand spielte keine große Rolle mehr – | |
kann man sie nicht zumindest in Terrassen bauen, fragte einer Teilnehmer, | |
damit sie von oben wie von unten freundlicher aussieht. Nicht beteiligt an | |
den Gesprächen sind übrigens auch die neuen Herren von Becks. Wenn die | |
Platanen dort fallen, dann wird die ganze Hässlichkeit ihrer Firmengebäude | |
„Am Deich“ richtig deutlich. | |
Die Stadtplaner wollen nun die Argumente und Vorschläge der Anwohner den | |
Kreativbüros übermitteln, die bis zum Herbst in einem städtebaulichen | |
Wettbewerb ihre Ideen für die Gestaltung entwickeln sollen. | |
28 Feb 2016 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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