| # taz.de -- Verlag gegen Adblocker: Die „SZ“ macht den Blockblock | |
| > Auf sueddeutsche.de kann man jetzt keine Werbung mehr ausblenden. Ein | |
| > Wagnis – denn das könnte NutzerInnen abschrecken. | |
| Bild: Geh weg? So meint es die „SZ“ dann auch wieder nicht | |
| Der Gedanke ist verständlich: In Ruhe online Nachrichten lesen, ohne dass | |
| dieser penetrante Schwäbisch-Hall-Fuchs mit Bausparangeboten wedelt. Warum | |
| gibt es den nach all den Jahren überhaupt noch? | |
| Wer keine Lust auf Werbung im Netz hat, lädt sich einen Adblocker herunter. | |
| Das geht schnell, und schon ist Ruhe. Außer bei sueddeutsche.de, wo das | |
| jetzt nicht mehr ganz so einfach ist. [1][Das Onlineangebot der] | |
| Süddeutschen Zeitung, der zweit-auflagenstärksten Tageszeitung in | |
| Deutschland, blockiert seit Dienstag nämlich all jene, die Werbung | |
| blockieren. Wer mit einem Adblocker auf sueddeutsche.de geht, muss, um | |
| weiterlesen zu können, eine von drei Möglichkeiten wählen: | |
| Erstens: ein Abo abschließen. Also bezahlen. Zwischen knapp zwei Euro für | |
| den Tagespass und gut 30 Euro für einen Monat all inclusive. Zweitens: den | |
| Adblocker für sueddeutsche.de deaktivieren. Geht leicht, aber dann kommt | |
| eben wieder der fürchterliche Bausparfuchs. | |
| Und die dritte und eleganteste Variante: einen kostenlosen Account anlegen. | |
| Dann kann man weiter blocken und zahlt nichts – außer seine Daten. | |
| Die Aufgabe, Onlineangebote wirtschaftlich zu gestalten, stellt Verlage vor | |
| ein Paradox: Einerseits steigern kostenlose Inhalte die Reichweite. Texte | |
| ohne Bezahlschranke können von allen gelesen und geteilt werden, werden | |
| eher zu Clickmonstern, was wiederum die Zugriffe auf die Seite insgesamt | |
| erhöht. | |
| ## Die liebe Reichweite | |
| Andererseits lassen sich so die Kosten für gute journalistische Arbeit | |
| nicht wieder einspielen – die Wirtschaftlichkeit von Onlineangeboten hängt | |
| so meist immer noch von den Aboverkäufen der Print-Schwestern ab. | |
| Werbung ist daher für Verlage der Mittelweg, um ohne Zugangsbarriere | |
| trotzdem Einnahmen zu generieren. Allerdings zahlen Anzeigenkunden nur für | |
| Werbung, die tatsächlich von NutzerInnen gesehen wird. Das wird zum | |
| Problem, wenn ein Viertel der InternetnutzerInnen Adblocker verwendet – wie | |
| eine Studie der Universität Hamburg im Juni gezeigt hat. Knallhart gegen | |
| Werbeverweigerer geht bisher trotzdem nur Bild.de vor. Wer dort mit | |
| Adblocker surft, sieht rein gar nichts. Andere Verlage versuchen es mit | |
| softerer Politik: stern.de startete im Juni eine Kampagne, bei der | |
| humoristisch zum Entblocken aufgerufen wurde – wer weiterblockte, hatte | |
| indes keine Konsequenzen zu befürchten. | |
| Schließlich geht es beim Adblocken auch wieder um Reichweite: Ein Viertel | |
| der LeserInnen will man nicht vor den Kopf stoßen. Und die Bereitschaft, | |
| für Inhalte im Netz zu bezahlen steigt zwar, aber langsam – und außerdem | |
| vor allem bei umfangreichen, unterhaltsamen Stücken. Zum journalistischen | |
| Tagesgeschäft gehören jedoch auch vergleichsweise trockene, nachrichtliche | |
| Inhalte. Die machen nicht unbedingt Spaß – kosten die AutorInnen aber Zeit | |
| und die Verlage Geld. | |
| Reichweiteneinbußen fürchtet SZ-Digital-Geschäftsführer Johannes Vogel | |
| indes nicht: „Die Brutto-Reichweiten gehen vermutlich runter. Entscheidend | |
| sind aber die Netto-Reichweiten, welche mit jedem Nutzer, der den Blocker | |
| für uns deaktiviert, steigen.“ Heißt: Weniger Leute klicken | |
| sueddeutsche.de, aber diejenigen, die weiter klicken, klicken mehr Werbung. | |
| Nun wird sich zeigen müssen, ob die neue Politik NutzerInnen abschreckt | |
| oder sie sich auf den Deal einlassen: Entweder zahlen – oder | |
| Bausparfuchsterror. In jedem Fall ist löblich, dass sueddeutsche.de sich | |
| als Erster zum Spielverderber macht. Langfristig wird die Branche nämlich | |
| ohnehin überlegen müssen, wie sie mit steigender Online-Nutzung und | |
| sinkenden Printabonnements umgeht. | |
| 26 Oct 2016 | |
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| [1] http://www.sueddeutsche.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Peter Weissenburger | |
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