# taz.de -- Kommentar Ceta und TTIP: Das Misstrauen ist berechtigt | |
> Die EU-Kommission gibt zu, dass die Verträge kein nennenswertes Wachstum | |
> erzeugen. Es geht nur um den Lobbyismus der Konzerne. | |
Bild: Der Kampf lohnt sich, Misstrauen ist angebracht | |
Die Wallonen sind nicht allein mit ihrer Angst, wenn es um das | |
Freihandelsabkommen Ceta geht. Auch in anderen EU-Staaten fürchten viele | |
Menschen, dass die Standards sinken und die transatlantischen Konzerne zu | |
mächtig werden. | |
Dieses Misstrauen ist berechtigt, denn eine sehr simple Frage konnte nie | |
schlüssig beantwortet werden: Wozu benötigt man eigentlich ein | |
Freihandelsabkommen, wenn der Handel längst floriert und die Zölle niedrig | |
sind? Selbst die EU-Kommission hat längst zugegeben, dass ihre geplanten | |
Verträge mit Kanada und den USA kein nennenswertes Wachstum erzeugen | |
würden. Dies wirft sofort eine weitere Frage auf: Wenn es nicht um den | |
Handel geht, worum dann? Die Kritiker liegen genau richtig, wenn sie | |
vermuten, dass die Verträge nur den Lobbyismus der Konzerne erleichtern | |
sollen. | |
Dieser Lobbyismus ist so tief in den geplanten Abkommen verankert, dass | |
diese immer gefährlich bleiben – selbst wenn es noch zu vielen | |
„Zugeständnissen“ kommen sollte. Denn das zentrale Problem sind die | |
Vertragsziele selbst: Die Freihandelsabkommen sollen die „nichttarifären | |
Handelshemmnisse“ abbauen – also alles, was nicht den Zoll betrifft. | |
Dieser technokratische Begriff klingt harmlos und gähnend langweilig. Doch | |
hat er eine enorme politische Reichweite: Als nichttarifäres Handelshemmnis | |
gelten alle Gesetze, die den Austausch von Gütern behindern. Dieses | |
Gummi-Wort ist beliebig dehnbar und eine ideale Waffe, um die | |
Konzerninteressen durchzusetzen. Denn auch sinnvolle Gesetze beim | |
Umweltschutz oder in der Arbeitsmarktpolitik können plötzlich als | |
„nichttarifäres Handelshemmnis“ tituliert werden. | |
Die EU-Kommission wimmelt dieses Argument gern mit dem Hinweis ab, man habe | |
doch diverse „Zusatzerklärungen“ abgeschlossen, die allesamt versichern | |
würden, dass die Standards nicht angetastet würden. Aber das Wort | |
„Zusatzerklärung“ sagt schon alles: Umwelt- und Sozialstandards sind | |
nachrangig, nur ein „Zusatz“. Zum eigentlichen Ziel – und zum Selbstzweck… | |
wird der Handel. | |
Die geplanten Freihandelsabkommen sind gefährlich, weil sie die Beweislast | |
umkehren: Die Umwelt- oder Sozialpolitik muss belegen, dass sie den Handel | |
nicht stört. Ist der Handel aber erst einmal als Priorität gesetzt, ist der | |
Lobbyismus für die Großkonzerne einfach. | |
26 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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