# taz.de -- Minenkatastrophe hat ein Nachspiel: Mordanklage gegen Manager | |
> 19 Menschen starben, als in Brasilien die Mauer eines Klärschlammbeckens | |
> brach. Die Staatsanwaltschaft sagt: kein Unfall, sondern Folge von | |
> Profitgier. | |
Bild: Auch über den Spielplatz der kommunalen Schule Bento Rodridues floss gif… | |
RIO DE JANEIRO taz | Schlechte Nachrichten für das Bergbaugeschäft in | |
Brasilien. Die Staatsanwaltschaft drängt darauf, die Verantwortlichen für | |
den verheerenden Dammbruch in einer Eisenmine vor knapp einem Jahr auch | |
persönlich zur Rechenschaft zu ziehen. Sie klagt 21 Angestellte des | |
Minenbetreibers Samarco an – der Vorwurf: Mord. Ihnen drohen bei einer | |
Verurteilung über 30 Jahre Haft. | |
Die Anklageschrift spricht eine deutliche Sprache: Die Manager hätten | |
gewusst, dass ein Bruch des Klärschlammbeckens möglich sei. Der Mordvorwurf | |
stützt sich auf die Annahme, dass die Manager aus Profitinteresse handelten | |
und den Anwohnern keine Chance zur Flucht ließen. | |
Es gab keinerlei Sicherheitsvorkehrungen oder Warnsysteme für die | |
Bevölkerung, als am 5. November 2015 Millionen Kubikmeter giftiger Schlamm | |
aus der Anlage im Herzen des Bundesstaats Minas Gerais talabwärts stürzten. | |
19 Menschen kamen ums Leben. Mehrere Dörfer würden von der meterhohen | |
Lawine fast vollständig begraben. Der Fluss Rio Doce verwandelte sich bis | |
hin zum 300 Kilometer entfernten Atlantik in ein rot-lehmiges Schlammband. | |
Nachforschungen der brasilienweiten Bewegung für Staudammopfer (Movimento | |
dos Atingidos por Barragens, kurz MAB) ergaben, dass Samarco kurz vor dem | |
Unglück die Produktion erheblich erhöht hatte, ohne für ausreichend | |
Auffangbecken für den Klärschlamm zu sorgen. Zudem waren offenbar bei | |
Überprüfungen Risse in mehreren Dämmen der Staubecken festgestellt worden, | |
ohne dass es Konsequenzen gegeben hätte. MAB wies die Behauptung zurück, es | |
habe sich um einen Unfall gehandelt, und bezeichnete den Vorfall als | |
Verbrechen gegen Menschen und Umwelt. | |
## Schwere Körperverletzung und Umweltverbrechen | |
Die Anklage, die zusätzlich die Punkte schwere Körperverletzung und | |
Umweltverbrechen umfasst, richtet sich auch gegen die australische Firma | |
BHP Billiton und den brasilianischen Minenkonzern Vale, denen Samarco | |
jeweils zur Hälfte gehört. Unter den angeklagten Managern befinden sich | |
Ausländer aus Großbritannien, Frankreich, Australien, Südafrika und den | |
USA. | |
Allerdings kommt es in Brasilien häufiger vor, dass spektakuläre Anklagen | |
und hohe Strafforderungen im Lauf der Instanzen an Brisanz verlieren. | |
Manchmal können Prozesse so lange hingezogen werden, dass es überhaupt | |
nicht zu einer Urteilsverkündung kommt. | |
Mit der Regierung hatte sich Samarco im März auf die Zahlung von | |
umgerechnet gut fünf Milliarden Euro für die Behebung der ökologischen und | |
sozialen Schäden geeinigt. Opfergruppen beklagen jedoch, dass die Hilfe nur | |
spärlich fließt und dass sie bis heute keinerlei Rechtssicherheit über ihre | |
Ansprüche haben. | |
21 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Andreas Behn | |
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