| # taz.de -- Verantwortung von Unternehmen: Menschenrechte? Och nööö! | |
| > Das Bundesfinanzministerium verwässert den Aktionsplan für Wirtschaft und | |
| > Menschenrechte. Dagegen regt sich Protest aus der SPD. | |
| Bild: Deutsche Firmen sollen für ihre Lieferkette Verantwortung übernehmen | |
| BERLIN taz | Stahl für deutsche Autos kommt aus Südamerika oder Indien, | |
| Aluminium aus Afrika. Menschen im Umkreis der Minen und Fabriken berichten | |
| immer wieder, dass Abwässer und Abgase die Umwelt und ihre Gesundheit | |
| gefährden. Künftig jedoch sollen deutsche Firmen besser dafür sorgen, dass | |
| die ausländischen Lieferanten solche Schäden vermeiden. So steht es im | |
| Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte, den Frank Walter | |
| Steinmeiers (SPD) Außenministerium federführend erarbeitet hat. Den | |
| allerdings will das CDU-geführte Finanzministerium (BMF) abschwächen. | |
| Der Plan geht zurück auf den G7-Gipfel der westlichen Industrieländer im | |
| bayerischen Elmau 2015. Damals war sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit | |
| den anderen Staats- und Regierungschefs einig, dass die „Privatwirtschaft | |
| ihrer Sorgfaltspflicht auf dem Gebiet der Menschenrechte nachkommen“ solle. | |
| „Wir werden Maßnahmen zur Förderung besserer Arbeitsbedingungen ergreifen�… | |
| hieß es in der Abschlusserklärung. Unter anderem geht es darum, dass | |
| Beschäftigte in den ausländischen Zulieferfirmen deutscher Konzerne | |
| ausreichende Löhne erhalten. | |
| ## SPDler überrascht von „massiven Streichungen“ | |
| An diese Absicht erinnern nun fünf SPD-Bundestagsabgeordnete die Kanzlerin | |
| in einem Brief, darunter Eva Högl und Hubertus Heil. Sie befürchten, dass | |
| die Mitarbeiter von Finanzminister Wolfgang Schäuble den Aktionsplan zu | |
| sehr verwässern. „Völlig überrascht wurden wir von den grundsätzlichen | |
| Einwänden und massiven Streichungen durch das Bundesministerium der | |
| Finanzen“, heißt es in dem Schreiben. | |
| Bärbel Kofler (SPD), die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, | |
| forderte das Schäuble-Ministerium am Donnerstag auf, die „Blockade“ zu | |
| beenden. „Wir brauchen diesen Aktionsplan, um die sozialen und ökologischen | |
| Bedingungen in den Produktionsländern zu verbessern“, sagte Kofler dem | |
| Evangelischen Pressedienst. | |
| Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen wie Brot für die Welt, | |
| Misereor, Germanwatch und Amnesty International kritisierten das BMF bei | |
| einer öffentlichen Aktion ebenfalls. Auch zwei CDU-Abgeordnete, Frank | |
| Heinrich und Bernd Fabritius, äußerten sich kritisch. Am Freitag wollen die | |
| Staatssekretäre der beteiligten Ministerien erneut beraten. Weil die | |
| Ressortabstimmung noch laufe, gab das BMF keine Stellungnahme ab. | |
| Schäubles Beamte verlangen unter anderem, dass die öffentliche | |
| Berichterstattung der Unternehmen über die Zustände in ihren | |
| Zulieferfabriken nicht als Sorgfaltspflicht definiert wird. Die Firmen | |
| könnten es sich dann selbst aussuchen, ob sie berichten oder nicht. Aus der | |
| „Pflicht“ zur Vorsorge will das BMF eine rechtlich schwächere | |
| „Verantwortung“ der Unternehmen machen. Die vom Außenministerium | |
| vorgeschlagene regelmäßige Überprüfung der Firmen soll ausfallen. | |
| ## Menschenrechte als bürokratische Belastungen | |
| Außerdem hat das BMF das Ziel entfernt, dass mindestens 50 Prozent der | |
| deutschen Firmen über 500 Beschäftigten den Plan bis 2020 umsetzen sollen. | |
| Den hiesigen Unternehmen sollten keine unnötigen bürokratischen Belastungen | |
| auferlegt werden, schreibt das BMF zur Begründung. | |
| Auf die Änderungen hätten „die Wirtschaftsverbände“ hingewirkt, vermuten | |
| die Entwicklungsorganisationen. Schon der ursprüngliche Entwurf des | |
| Außenministeriums ging ihnen nicht weit genug. Mit einer [1][Petition], die | |
| jeder unterschreiben kann, fordern sie gesetzliche Regeln, um die Firmen | |
| auf den Pfad der Tugend zu führen. | |
| 6 Oct 2016 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.openpetition.de/petition/online/menschenrechte-vor-profit | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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