# taz.de -- Verschiebung der Wahl im Kongo: Durchmarsch zum Verfassungsbruch | |
> Die Amtszeit von Joseph Kabila endet, doch er bleibt Präsident. Ein | |
> Verstoß gegen die Verfassung. Die Opposition plant weitere Proteste. | |
Bild: Kabila-Anhänger feiern ihren Präsidenten | |
Die Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo werden auf 2018 verschoben. | |
Bis dahin bleibt Präsident Joseph Kabila im Amt; ihm wird eine | |
Übergangsregierung an die Seite gestellt. Dies ist Berichten zufolge das | |
Ergebnis des „politischen Dialogs“ im Kongo, der seit dem 1. September in | |
der Hauptstadt Kinshasa läuft. Das Plenum des Dialogs nahm eine | |
entsprechende Abschlusserklärung am Montagabend ohne Abstimmung an. Am | |
späten Dienstag sollte sie auf einer Abschlusszeremonie unter Leitung des | |
Vermittlers Edem Kodjo, Sonderbeauftragter der Afrikanischen Union (AU), | |
offiziell unterzeichnet und verkündet werden. | |
Damit hat Kongos Präsident sein Ziel erreicht, länger an der Macht zu | |
bleiben als die Verfassung erlaubt. Der seit 2001 regierende Kabila wurde | |
erstmals 2006 vom Volk gewählt und darf laut Verfassung zweimal fünf Jahre | |
als gewählter Präsident amtieren. Seine Wiederwahl 2011 war von massiven | |
Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet. Versprochene Verbesserungen der | |
Wahlvorbereitung wurden allerdings so spät auf den Weg gebracht, dass die | |
nächsten Wahlen nicht rechtzeitig zum Ablauf von Kabilas zweiter gewählter | |
Amtszeit am 19. Dezember 2016 stattfinden können. So begann die | |
Neuregistrierung aller rund 45 Millionen erwachsenen Kongolesen erst vor | |
einem Vierteljahr; sie soll mindestens 15 Monate dauern. | |
Gegen Kabilas Verbleib im Amt hat sich ein breites Bündnis gebildet, in dem | |
sich der bekannteste Oppositionsführer Etienne Tshisekedi mit dem populären | |
Politiker und Sportmäzen Moise Katumbi zusammengetan hat. Dieses Bündnis, | |
genannt „Rassemblement“ (Sammlung), [1][boykottierte den von Präsident | |
Kabila im September einberufenen „nationalen Dialog“], der eine | |
Wahlverschiebung am Verhandlungstisch vereinbaren sollte. | |
Nur einige kleine Oppositionsparteien – an erster Stelle die „Union für die | |
kongolesische Nation“ (UNC) des ehemaligen Parlamentspräsidenten Vital | |
Kamerhe, der jetzt als möglicher neuer Premierminister gehandelt wird – | |
begaben sich an den Dialogtisch, während das Rassemblement zu Protesten | |
aufrief. Demonstrationen am 19. September – der späteste Termin, um Wahlen | |
vor dem 19. Dezember anzusetzen – wurden blutig niedergeschlagen; über 50 | |
Menschen starben. | |
## Ein „Monolog von Kabilisten“ | |
Das Rassemblement lehnt die Ergebnisse des „Dialogs“ als verfassungswidrig | |
ab und beharrt darauf, dass Kabila ab dem 20. Dezember nicht mehr Präsident | |
ist. Für den 19. Oktober ruft es trotz Demonstrationsverbots zu neuen | |
Protesten auf und für den 19. Dezember zum „Widerstand gegen den Putsch“. | |
Der „Dialog“ sei bloß ein „Monolog von Kabilisten“ gewesen, schimpfte … | |
Kongos größte Tageszeitung Le Potentielam Dienstag. Und die | |
EU-Außenminister forderten bereits am Montag, es müssten nun neue Gespräche | |
folgen. Ein „substanzieller, inklusiver, unabhängiger und transparenter | |
politischer Dialog“ müsse einberufen werden, der bis zum 19. Dezember | |
klarstellt, wie es weitergeht, und Wahlen möglichst noch 2017 ansetzt. | |
Sonst könnte es EU-Sanktionen geben, auch gegen Personen, die „Hindernisse | |
für eine gütliche, friedliche und den Wünschen des Volkes nach Wahl seiner | |
Vertreter verpflichtete Lösung der Krise“ darstellen. | |
Ähnliche Vorschläge hat die im Kongo sehr einflussreiche katholische Kirche | |
unterbreitet. Auf Edem Kodjos Dialog müsse ein richtiger Dialog mit allen | |
politischen Kräften folgen, der einen „Rettungsrahmen“ für das Land | |
aushandelt, damit Extremisten auf beiden Seiten nicht die Oberhand | |
gewinnen, sagte der taz vergangene Woche Marcel Utembi, Vorsitzender der | |
katholischen Bischofskonferenz des Kongo (Cenco). Kirchenvertreter warnen | |
vor einer sehr hohen Gewaltbereitschaft unter einer perspektivlosen Jugend, | |
die nichts mehr zu verlieren habe. | |
## Eine Einbindung der Opposition ist nicht vorgesehen | |
Aus Sicht des Staates aber ist jetzt alles geregelt. Unklar blieb am | |
Dienstag, ob die nun erzielte Einigung eine Kandidatur Kabilas zu einer | |
verfassungswidrigen dritten Amtszeit wirklich ausschließt – laut Berichten | |
steht im Text nur, dass die Verfassung „strikt eingehalten“ werden soll. | |
Einen Wahlkalender enthält die Einigung auch nicht: Es wird lediglich die | |
Wahlkommission aufgefordert, bis zum 30. Oktober 2017 Wahlen innerhalb von | |
sechs Monaten anzusetzen. | |
Alle weiteren Details soll ein paritätisch besetzter Arbeitskreis klären, | |
der in einem Monat zusammentritt, wenn die neue Regierung steht. | |
Theoretisch könnte das ein Forum werden, um doch noch die Opposition | |
einzubeziehen. Vorgesehen ist das aber bislang nicht. | |
18 Oct 2016 | |
## LINKS | |
[1] /Archiv-Suche/!5337543 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## TAGS | |
Joseph Kabila | |
Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Parlamentswahl | |
Kongo | |
Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Kongo | |
Kongo | |
Kongo | |
Kongo | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Budget von Kongos Regierung: Kein Geld für die Wahl | |
Der Regierungshaushalt Kongos beträgt sechs Milliarden Dollar, die Wahl | |
soll 1,8 Milliarden kosten. Nun erklärt der Finanzminister, das sei zu | |
teuer. | |
Sanktionen gegen Kongo: Strafen, wo es die Elite trifft | |
EU und USA mobilisieren für das nahende Ende von Präsident Kabilas | |
Amtszeit: Reiseverbote und Kontensperrungen für Regimeträger. | |
Schwere Kämpfe im Kongo: Blutiger Aufstand in der Kasai-Region | |
Zwei Wochen vor dem Ende der Amtszeit von Präsident Kabila haben | |
Milizionäre Tshikapa angegriffen. Die Region gilt als Oppositionshochburg. | |
Politische Krise im Kongo: Oppositionspolitiker wird Premier | |
Präsident Kabila ernennt Samy Badibanga, den Fraktionsführer der | |
Opposition, zum Regierungschef. Dessen eigene Partei ist dagegen. | |
Politische Krise im Kongo: US-Kongress für Sanktionen | |
Der Kongress hat für ein Gesetz zum Kongo gestimmt. Es sieht Sanktionen | |
gegen Präsident Kabila vor, der nach dem Ende seiner Amtszeit im Amt | |
bleibt. | |
Kongos Präsident Kabila unter Druck: Verhärtete Fronten in Kinshasa | |
Kongos Regierung tritt ab, aber Präsident Kabila hält sich kurz vor Ende | |
seiner Amtszeit alle Optionen offen. Der UN-Sicherheitsrat ist ratlos. | |
US-Sonderbeauftragter zur Kongo-Gewalt: „Am Rande des Abgrunds“ | |
Tom Perriello, US-Sonderbeauftragter für das Afrika der Großen Seen, | |
fordert Druck auf die Regierung Kabila. Nur so könne es Wahlen statt Gewalt | |
geben. | |
Wegen Repression im Kongo: Generäle im Visier der USA | |
Die US-Regierung hat Finanzsanktionen gegen zwei Vertraute von Präsident | |
Kabila verhängt. Es folgt scharfe Kritik aus Kinshasa. | |
Proteste im Kongo: Blut fließt in Kinshasas Straßen | |
Die Gewalt nach der Niederschlagung von Protesten gegen die | |
Wahlverschiebung nimmt kein Ende. Der politische Dialog ist vertagt. | |
Kommentar Krise im Kongo: In Richtung Bürgerkrieg | |
Die internationale Politik ist mit vielen Problemen beschäftigt. Für den | |
Kongo ist keine Zeit. Am Ende werden sich wieder alle wundern. |