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# taz.de -- US-Sonderbeauftragter zur Kongo-Gewalt: „Am Rande des Abgrunds“
> Tom Perriello, US-Sonderbeauftragter für das Afrika der Großen Seen,
> fordert Druck auf die Regierung Kabila. Nur so könne es Wahlen statt
> Gewalt geben.
Bild: Dieses Büro der Regierungspartei in Kinshasa ging am 19. September in Fl…
taz: Herr Perriello, als Sie im September im Kongo waren, wurden Sie am
Flughafen Kinshasa bedrängt und verbal angegriffen. Kann man mit Kongos
Regierung noch diskutieren, wenn sie einen Diplomaten so behandelt?
Tom Perriello: Das war ein unglücklicher Vorfall, aber noch viel schlimmer
war das, was am nächsten Tag passierte, als Sicherheitskräfte Demonstranten
angriffen und Dutzende von Menschen starben, meist wurden sie hingerichtet.
Erst wenige Wochen zuvor, Ende Juli, waren eine Million Menschen auf der
Straße, um Oppositionsführer Etienne Tshisekedi zuzujubeln, und es gab
keine Gewalt, weil Regierung und Opposition sich verantwortungsvoll
verhielten. Wir hofften, dass das so bleiben würde. Aber dann gab es die
Tage der Gewalt im September. Wir standen am Rande des Abgrunds.
War das der Grund, warum die USA nicht nicht unbedingt benötigte
Mitarbeiter und Familienangehörige von Diplomaten aus Kinshasa abberief?
Wir, die UNO und die Länder der Region sind sehr besorgt über die Lage, es
gibt ein Gefühl der Dringlichkeit. Der Zeitpunkt ist gekommen, auf den
Kongo zu schauen. Es gibt zwei mögliche Auswege. Einer ist, dass es schlimm
endet, und man muss mit dem Risiko von Gewalt und Instabilität offen
umgehen. Der andere ist, dass es gut ausgeht und der Kongo die erste
friedliche Machtübergabe seiner Geschichte erlebt. Ich denke, der positive
Weg hat noch eine Chance. Aber die Chance verringert sich.
Die USA verhängen über Menschenrechtsverletzer im Kongo gezielte
Sanktionen: Einreiseverbot, Kontensperrung. Das scheint Ihre
Gesprächspartner in Kinshasa nicht zu beeindrucken …
Wir verhängen Sanktionen über die Hauptverantwortlichen für Gewalt und
Menschenrechtsverletzungen. Wir haben Hinweise, dass das dazu beitrug, dass
es bei der Rückkehr von Oppositionsführern aus dem Ausland keine Gewalt
gab. Wir halten das für sinnvoll. Wir hoffen, dass Europa individuellen
Druck ausübt – nicht auf das Volk insgesamt, sondern auf
Verantwortungsträger.
Welchen Druck schlagen die USA vor?
Der UN-Sicherheitsrat ist ganz klar: Die Präsidentschaftswahlen müssen
stattfinden. Die Frage ist, ob bei Kongos Präsident Kabila und der
Regierung der politische Wille dafür vorhanden ist. Alle sind sich einig,
dass Kabilas Amtszeit am 19. Dezember endet. Selbst wenn er dann weiter im
Amt bleibt, wie es das Verfassungsgericht erlaubt hat, wird ein Großteil
der Bevölkerung das nicht anerkennen. Deswegen müssen wir dringend bis
Dezember einen Kompromiss finden, der das Land auf den Weg des
Machtwechsels führt. Wenn es das bis Mitte Dezember nicht gibt, stehen wir
vor einer sehr ernsten Lage. Wir wollen die Krise verhindern, nicht auf sie
reagieren.
Wie soll das gehen?
Wir müssen die richtigen Anreize schaffen, damit jeder Beteiligte einen
Vorteil darin sieht, sich an den Geist der Verfassung zu halten. Einzelne
Strafmaßnahmen gegen Verantwortliche für Gewalt, Menschenrechtsverletzungen
und Aushöhlung demokratischer Institutionen spielen dabei eine Rolle.
Zugleich müssen wir einen echten inklusiven Dialog befördern, um die
Möglichkeiten für einen Kompromiss auszuloten, dem alle Seiten zustimmen
können.
Woher soll dafür das Vertrauen kommen? Es gibt ja gerade einen Dialog
darüber, wann Wahlen stattfinden sollen und was bis dahin geschieht. Aber
die wichtigsten Oppositionsparteien nehmen daran nicht teil, und Kabila hat
nicht durch Freilassung von Gefangenen Vertrauen gebildet.
Zunächst ließ die Regierung einige zivilgesellschaftliche Führer frei, und
das begrüßten wir. Dann verhaftete sie andere, erhob Anklage gegen
Oppositionsführer und gab den Medien keinen Freiraum. Letztendlich trägt
hier die Regierung die Verantwortung, denn sie hat die Macht, den Prozess
voranzubringen. Dies ist eine künstlich herbeigeführte Krise, nicht
irgendein unlösbares regionales oder ethnisches Problem. Wenn die Regierung
Wahlen abhalten würde, gäbe es keine Krise. Die Verfassung ist eindeutig
und es ist der klare Wille des kongolesischen Volks. Das einzige Problem
ist, dass die Regierung keine Wahlen organisiert und der Präsident nicht
sagt, was er anstrebt. Wenn der Präsident sich klar über seine Zukunft
äußern würde, könnte das die Spannungen sofort verringern. Es gibt immer
noch Zeit dafür.
13 Oct 2016
## AUTOREN
François Misser
## TAGS
Kongo
Joseph Kabila
Gewalt
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
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