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# taz.de -- Neue Zensurwelle in der Türkei: „Auf Kriegsfuß mit der Pressefr…
> Türkische Behörden schließen zwölf Fernseh- und elf Radiosender.
> JournalistInnengewerkschaften fordern Konsequenzen von der
> Bundesregierung.
Bild: Die Presse- und Meinungsfreiheit gehört nicht zu den Herzensangelegenhei…
Berlin taz/dpa | Mit Empörung haben die beiden deutschen
JournalistInnengewerkschaften auf die Zwangsschließung mehrerer Fernseh-
und Radiosender in der Türkei reagiert. Sowohl der Deutsche
Journalisten-Verband (DJV) als auch die Deutsche Journalistinnen- und
Journalisten-Union in Ver.di (dju) forderten die Bundesregierung auf, sich
entschiedener als bisher in Ankara für die Pressefreiheit einzusetzen.
Am Donnerstag hatten die türkischen Behörden zwölf Fernseh- und elf
Radiosender wegen angeblicher Gefährdung der nationalen Sicherheit die
Sendeerlaubnis entzogen. Sie seien „wegen Beihilfe zum Terrorismus“
geschlossen worden, sagte ein Sprecher des Rundfunk-und Fernsehrates RTÜK
am Freitag.
Der RTÜK beruft sich bei den jüngsten Maßnahmen auf ein nach dem
Putschversuch von Mitte Juli erlassenes Notstandsdekret. Das Dekret besagt,
dass Medien und Verlage, die „die nationale Sicherheit gefährden“, ohne
Gerichtsbeschluss von der Regierung geschlossen werden können.
Betroffen sind überwiegend pro-kurdische Sender, darunter auch der
Kinderkanal „Zarok TV“, der unter anderem Zeichentrickserien wie „Die Bie…
Maja“ und „Die Schlümpfe“ ins Kurdische übersetzt und ausstrahlte. Auf …
Liste steht aber auch der linke regierungskritische Sender Hayatın Sesi,
der während der Gezi-Proteste im Sommer 2013 unter dem Namen Hayat TV
Bekanntheit erlangte. Mit dem umstrittenen Notstandsdekret waren bereits im
Juli drei Nachrichtenagenturen, 16 Fernsehsender, 23 Rundfunkstationen, 15
Magazine und 45 Zeitungen wegen angeblicher Gülen-Nähe geschlossen worden.
„Es wird immer klarer, dass Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan auf
Kriegsfuß mit der Pressefreiheit stehe“, sagte der DJV-Vorsitzende Frank
Überall, der noch Mitte Juli den jetzt verbotenen Fernsehsender Hayatın
Sesi in Istanbul besucht hatte. Erdoğan missbrauche seine besonderen
Befugnisse aufgrund der Notstandsgesetze nach dem Militärputsch, um
kritische Meinungen auszublenden. „Wir werden Zeugen einer Politik der
Unterdrückung von Grundrechten, um jegliche Kritik an der Regierung zum
Schweigen zu bringen“, sagte Überall der taz.
## Kritischer Journalismus wird zum Schweigen gebracht
„Einmal mehr schränkt Erdoğan die Presse- und Meinungsfreiheit in seinem
Land ein, die wesentliche Grundlage für eine freie Gesellschaft ist“, sagte
der dju-Vorsitzende Ulrich Janßen. Das Vorgehen des türkischen
Staatspräsidenten habe ganz offensichtlich das Ziel, kritischen
Journalismus zu beseitigen. „Jeder einzelne Übergriff soll nicht nur die
jeweils betroffenen Kolleginnen und Kollegen mundtot machen, sondern alle
kritischen Stimmen einschüchtern“, sagte Janßen.
Nachdem der Satelliten- und Kabelnetzbetreiber Türksat bereits am
Donnerstag die Ausstrahlung der betroffenen Stationen auf Anordnung von
RTÜK gestoppt hatte, sind inzwischen von mehreren auch deren Internetseiten
in der Türkei nicht mehr abrufbar. Noch am Donnerstag wurden zwei der
betroffenen zwölf TV-Sender ganz verboten. Die Reporterin Hülya Emec von
Van TV sagte der dpa am Freitag, der Firmenbesitz des Senders sei von den
Behörden beschlagnahmt worden. Alle 50 Angestellten von Van TV seien über
Nacht arbeitslos geworden.
„Die deutsche Bundesregierung und die Europäische Union müssen ihren Ton
gegenüber der Türkei spätestens jetzt verschärfen“, forderte DJV-Chef
Überall. „So sehr das Land als Partner in der internationalen Politik
gebraucht wird, darf man nicht vergessen, Grundrechte massiv einzufordern.“
Auch die dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß forderte klare Worte.
„Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie den unverzichtbaren Wert
der Pressefreiheit in der Türkei endlich offen anspricht und aus dem
offenbaren Demokratiedefizit Konsequenzen zieht“, sagte sie der taz.
Für diesen Samstag sind in mehreren deutschen Großstädten
Solidaritätsdemonstrationen gegen die Schließung der türkischen und
kurdischen Sender geplant. Die beiden JournalistInnengewerkschaften rufen
zur Teilnahme auf. „Wir Journalistinnen und Journalisten sind aufgerufen,
Flagge zu zeigen“, sagte Frank Überall, der selbst auf der Kölner
Kundgebung sprechen will.
30 Sep 2016
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Pressefreiheit in der Türkei
Verdi
Recep Tayyip Erdoğan
DJV
Schwerpunkt Türkei
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