# taz.de -- Ausbeutung in Diplomaten-Haushalt: 7 Tage à 15 Stunden | |
> Nur 20 Euro im Monat bekam Akosua Asabea für ihre Arbeit bei einer | |
> ghanaischen Diplomatin. Nun klagt sie gegen ihre alte Chefin, die sie | |
> seit 42 Jahren ausbeutet. | |
Bild: Auch für Diplomaten gelten eigentlich Gesetze. But who cares? | |
Akosua Asabea hat die Arme vor der Brust verschränkt. Mit leiser Stimme | |
spricht die Ghanaerin auf ihrer Muttersprache Twi in die Mikrofone vor ihr. | |
„Sieben Tage die Woche habe ich als Hausangestellte für eine Diplomatin | |
gearbeitet. Einen Lohn habe ich dafür nie bekommen“, übersetzt eine | |
Dolmetscherin. | |
Asabea, die eigentlich anders heißt, aber in der Öffentlichkeit geschützt | |
werden soll, sitzt in dem Konferenzraum des Vereins Ban Ying in | |
Berlin-Mitte. Sie hat sich entschlossen, an die Öffentlichkeit zu gehen. | |
Mit der Unterstützung des Berliner Frauenprojekts will sie ihren ehemaligen | |
Arbeitgeber nun auf vorenthaltenen Lohn verklagen – Insgesamt geht es um | |
rund 86.000 Euro. | |
Asabeas Geschichte sei kein Einzelfall, sagt Paula Riedemann von Ban Ying. | |
Die Organisation berät derzeit vier Angestellte aus Diplomatenhaushalten. | |
Unterbezahlung, Überstunden und unzumutbare Arbeitsbedingungen seien keine | |
Seltenheit. | |
Von Oktober 2012 bis Juni 2016 arbeitete Asabea in Deutschland für eine | |
ghanaische Diplomatin. Sie kochte, putzte, wusch die Wäsche, kümmerte sich | |
um die Kinder – Ihr Arbeitstag begann um 6:20 und endete gegen 22 Uhr, wenn | |
viel zu tun war auch erst um Mitternacht. Schlafen musste die 52-Jährige im | |
Kinderzimmer der Dahlemer Diplomatenwohnung. Seit sie zehn Jahre alt ist | |
arbeitete Asabea für die Familie – vor den vier Jahren in Deutschland 38 | |
Jahre in Ghana. | |
## Stundenlohn von 4 Cent | |
„Frau Asabea wurde jahrzehntelang ausgebeutet“, sagt Paula Riedemann. Dabei | |
sind in Deutschland die arbeitsrechtlichen Standards für Angestellte in | |
diplomatischen Haushalten eigentlich präzise festgelegt: Die | |
durchschnittliche Wochenarbeitszeit sollte 38,5 Stunden nicht | |
überschreiten. 950 Euro muss der monatliche Netto-Mindestlohn bei freier | |
Kost und Logis betragen, jede Überstunde gehört vergütet. | |
Doch obwohl Asabea einen Arbeitsvertrag unterzeichnet hatte, bekam für ihre | |
Sieben-Tage-Woche monatlich nur rund 20 Euro – ein Stundenlohn von etwa 4 | |
Cent. Der Rest des Lohns wurde zwar auf ein Konto eingezahlt. Aber die | |
52-jährige Angestellte erhielt nie eine EC-Karte. „Sie sagten mir, ich sei | |
zu dumm, einen Geldautomaten zu bedienen“, erklärt sie heute. Nur Asabeas | |
Chefin habe auf das Konto zugreifen können, sagt Riedemann von Ban Ying. | |
Sie habe sich den Lohn dann einfach selbst ausgezahlt. Das lasse sich in | |
den Kontoauszügen nachvollziehen. | |
Nun hat die Kreuzberger Rechtsanwältin Manuela Kamp Asebeas Klage | |
vorbereitet. Ob es zu einem Prozess vor dem Arbeitsgericht kommt, ist indes | |
noch ungewiss. Denn als Diplomatin genießt Asabeas ehemalige Chefin | |
Immunität. Zwar gibt es laut Kamp Hinweise darauf, dass der | |
Diplomatenstatus der Frau im September abgelaufen sei. Doch wartet die | |
Rechtsanwältin noch auf eine Bestätigung des Auswärtigen Amts. Wenn sich | |
der Verdacht bestätigt, muss die Klage zugestellt werden, solange die Frau | |
noch in Deutschland ist. Nur dann ist ein deutsches Gericht für den Fall | |
verantwortlich. | |
„Ich bin 52, habe Kinder und Enkelkinder. Ich kann nicht mehr leeren Händen | |
zurück nach Ghana gehen“, sagt Asabea. Ob ein Prozess eröffnet wird, soll | |
in den nächsten Wochen feststehen. | |
12 Oct 2016 | |
## AUTOREN | |
Robert Pausch | |
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